Häftling unnötig geschlagen
Wärter von Brian K. vor Gericht in Lenzburg verurteilt

Ein Wärter der JVA Lenzburg wurde am Dienstag vor Gericht verurteilt, weil er den berühmt-berüchtigten Insassen Brian K. unnötig geschlagen habe. Auch der Problemhäftling Nummer 1 war bei der Verurteilung anwesend, wurde aber nach einiger Zeit aus dem Saal geworfen.
Publiziert: 14.07.2021 um 16:00 Uhr
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Aktualisiert: 14.07.2021 um 17:16 Uhr
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Straftäter Brian K. hatte nach einem Vorfall 2019 einen Wärter angezeigt.
Foto: Screenshot Rundschau SRF

Erneut stand der wohl bekannteste Häftling der Schweiz, Brian K.* (25), vor Gericht. Dieses Mal jedoch als Kläger.

Er zeigte einen seiner Wärter wegen Amtsmissbrauchs und einfacher Körperverletzung an, schreibt die «Aargauer Zeitung». Der Vollzugsbeamte der Justizvollzugsanstalt (JVA) Lenzburg soll ihn unnötig geschlagen haben.

Am Boden nachgetreten

Der Fall spielte sich 2019 ab. Brian K., der immer wieder ausrastet, seine Zelle demoliert und auf das Personal losgeht, sitzt in der JVA Pöschwies in Regensdorf in Einzelhaft. Die Behörden versuchen, ihn in Lenzburg unterzubringen. Sein Verhalten lässt jedoch zu wünschen übrig und so wird er nach kurzer Zeit wieder in den Kanton Zürich verlegt. Dabei kommt es zur Eskalation, die nun vor dem Gericht verhandelt wurde.

Sechs Männer holen Brian K. aus seiner Zelle. Er wehrt sich. Die Beamten werden bedroht, bespuckt und angegriffen. Um den Dauer-Delinquenten zu bändigen, drücken sie ihn zu Boden und stellen ihn mit einem Taser ruhig. Damit jedoch nicht genug. Einer der Wärter soll auf den bereits am Boden liegenden Häftling weiter eingetreten und eingeschlagen haben. Die Aufnahmen einer Videoüberwachungskamera zeigen das Geschehen.

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Faustschläge nicht kommen sehen

Brians Anwalt warf dem Aufseher vor, seinen Mandanten geschlagen zu haben, obwohl dieser gefesselt und mit einem Sack auf dem Kopf am Boden lag. Brian habe so die Faustschläge nicht einmal kommen sehen. «Jemand, der sich so wenig unter Kontrolle hat, hat im Strafvollzugssystem nichts verloren», so der Verteidiger.

Auch Brian selbst erzählte seine Sicht der Dinge vor Gericht. Die Wärter hätten sich mächtig gefühlt. Es sei traurig, dass solche Leute im Gefängnis arbeiten würden. Er persönlich hätte nie auf einen Hilflosen eingeschlagen, zitiert ihn die «Aargauer Zeitung». Auch sei er ständig von den Wärtern provoziert und rassistisch beleidigt worden. Und am Vorabend der Verlegung hätte der Beschuldigte ihm gedroht: Morgen würde es eine Abreibung geben.

Der Beschuldigte selbst verweigerte die Aussage. Sein Verteidiger forderte einen Freispruch. Nicht nur sei die Anklage nicht korrekt verfasst worden, auch habe es keine Schläge auf einen hilflosen Mann gegeben. Der Inhaftierte habe die Wärter angegriffen, diese hätten sich lediglich verteidigt. Der Angeklagte sei im Nahkampf ausgebildet. Hätte er dem nur leicht verletzten Brian richtigen Schaden hinzufügen wollen, hätte er das auch getan.

Während dieser Ausführungen machte sich Brian im Gerichtssaal mehrfach bemerkbar. Er beschimpfte den Verteidiger als Lügner und stand immer wieder auf – bis ihn dir Richterin rauswarf. Drei Polizisten brachten ihn aus dem Saal.

Bedingte Geldstrafe und Busse

Die Richterin machte ihr Urteil von den Videoaufnahmen abhängig. Weder die anderen Vollzugsbeamten noch der Nahkampf-Ausbildner des Angeklagten wurden befragt.

Sie befand den Wärter des Amtsmissbrauchs schuldig, sprach ihn aber der einfachen Körperverletzung wegen frei. Der Mann wurde zu einer bedingten Geldstrafe von 18'900 Franken und einer Busse von 4700 Franken verurteilt. Die Verteidigung will das noch nicht rechtskräftige Urteil anfechten.

Brian K. ist der Schweizer Problemhäftling Nummer 1. Ihm werden über zwei Dutzend Delikte, die sich meist in der Strafanstalt Pöschwies zugetragen hatten, vorgeworfen. Der schwerste Vorfall betraf den Angriff auf einen Aufseher, der von Brian brutal verprügelt worden ist. In diesem Fall klagte der Staatsanwalt erfolgreich wegen versuchter schwerer Körperverletzung.

Im Übrigen geht es um weitere einfache Körperverletzungen, Sachbeschädigungen (Zellenverwüstungen), Drohungen, Beschimpfungen, Gewalt und Drohung gegen Beamte.

Der Intensivtäter wurde erst letzten Monat am Zürcher Obergericht zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 4 Monaten verurteilt. Der 25-Jährige war angeklagt, weil er im Gefängnis Mithäftlinge und Mitarbeiter angegriffen und teilweise verletzt hatte. (man)

*Name bekannt

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