Kopfschüttelnd und mit einem ungläubigen Lächeln auf den Lippen sitzt das Ehepaar Marie-Therese (69) und Paul Burkhardt (70) am Esstisch in Härkingen SO, als es die sonderbare Geschichte der Weissen Frau aus dem Belchentunnel auf der Autobahn A 2 erzählt. «Wir haben uns abends im Bett noch oft gefragt, was damals passiert ist und ob das wirklich stimmen kann», meint der pensionierte Wirt nachdenklich. «Aber irgendwie haben wir die Geschichte geglaubt.»
Das Paar führte 45 Jahre lang das Restaurant zur Spanischen, seit 2016 ist der Betrieb nun zu. Das Ereignis, das die beiden jedoch bis heute nicht kaltlässt, passierte kurz nach einem grösseren Umbau der Beiz im Herbst 1983. Die Rentner erinnern sich aber noch so lebendig an den kuriosen Montagabend, als wäre es gestern gewesen.
Die Weisse Frau machte Autostopp
«Zwei junge Frauen sind zwischen sieben und acht Uhr schlotternd hereingekommen und haben nach dem Chef gefragt, sie müssten unbedingt etwas erzählen», berichtet Paul Burkhardt. Seine Frau ergänzt: «Sie waren wirklich sehr aufgelöst. Beide haben geweint, und ich habe ihnen dann zuerst mal einen Tee angeboten, damit sie sich etwas beruhigen.»
Dann hätten die Frauen von dem Erlebnis erzählt, das sie derart aus der Bahn geworfen hatte. «Sie waren unterwegs aus dem Baselbiet an die Herbstmesse in Solothurn. Auf dem Pannenstreifen kurz vor dem Belchentunnel sei dann eine ganz in Weiss gekleidete, ältere Frau gestanden, die Autostopp gemacht hätte», so Marie-Therese Burkhardt. «Noch nie zuvor hätten die jungen Frauen so etwas getan, meinten sie. Aber in diesem Moment hätten sie einfach angehalten. Warum, das konnten sie sich nachher selbst nicht mehr erklären.»
Und plötzlich war sie verschwunden
Ihr Mann ergänzt: «Die eine Frau sei dann ausgestiegen und habe dieser Dame auf dem Pannenstreifen die Hintertür geöffnet, sodass diese einsteigen konnte.» Im Auto hätten dann die drei noch kurz miteinander geplaudert, erinnert sich der Rentner an die Schilderungen: «Die Fahrerin sowie ihre Beifahrerin haben sich erkundigt, ob alles in Ordnung sei und die Dame habe geantwortet, es sei alles bestens.» Wohin sie wolle, habe sie nicht gesagt.
Doch plötzlich habe Ruhe geherrscht auf dem Rücksitz – und die zerbrechliche Gestalt in Weiss sei verschwunden gewesen. «Die Frauen haben ganz entgeistert erzählt, dass sie nie angehalten hätten und diese Dame aber nach dem Belchentunnel einfach nicht mehr hinten im Auto gesessen habe», so die pensionierte Beizerin. «Das wollten sie der Polizei melden und haben die von unserer Telefonzelle aus angerufen. Auf dem Posten haben die zuerst nur gelacht, aber dann ist eine Patrouille vorbeigekommen.»
Polizei suchte das Auto ab
Der pensionierte Beizer zeigt auf den Parkplatz und erklärt: «Dort hatten die Frauen parkiert. Mit einer Taschenlampe haben wir dann zusammen mit der Polizei das ganze Fahrzeug abgesucht und geschaut, ob wir irgendwo etwas finden.»
Lachend fasst er sich an den Kopf: «Keine Ahnung, was wir eigentlich gesucht haben. Aber diese jungen Studentinnen wirkten so glaubhaft und verzweifelt, dass wir ihnen in diesem Moment einfach irgendwie helfen wollten.»
Frühere Sichtungen des Belchengeistes
Vor und nach diesem Montag seien die Frauen nie mehr in Härkingen eingekehrt. Doch ihre Geschichte habe sich im Dorf wie ein Lauffeuer verbreitet, weiss Paul Burkhardt noch ganz genau: «Und da hiess es auch, dass schon früher Gerüchte um Sichtungen von diesem Belchengeist kursiert hätten.»
Jedes Mal, wenn das Ehepaar nun vom Baselbiet her durch den sagenumwobenen Tunnel fahre, würden die Erinnerungen an das Jahr 1983 und die schlotternden Frauen wieder wach: «Diesen Abend werden wir nie mehr vergessen!»