Halloween kommt in Amerika beinahe an Weihnachten heran. «Happy Halloween», sagt die Dame mit dem schmucken Kaffeestand vor meinem Büro diese Tage. In meinem Wohnhaus verteilte die Vermieterin am Wochenende Süssigkeiten. Und mein Mitbewohner hat einen Kürbis vor unsere Tür gestellt.
Das Fest der Geister ist hier die Party des Jahres. Ich habe mir dieses Jahr freigenommen, um die Stimmung hautnah miterleben zu können. An Halloween kommt man in Kalifornien mit Freunden zusammen, macht ein Barbecue, spielt, lacht, trinkt. Und irgendwann gehts dann in eine der zahlreich geschmückten Bars oder Nachtclubs, um Halloween gebührend zu feiern.
Es spukt!
Dass der Brauch gar nicht aus den USA stammt, tut der Party keinen Abbruch. Die Amerikaner haben einen ganz besondern Zugang zu Geistergeschichten und Orten, an denen es spuken soll. Eigentlich zu allem, was «haunted» (übersetzt: verfolgt) ist. Dafür gibt es eigene Reiseführer, Fernsehsendungen und Filme. Daher ist es wenig überraschend, dass Spukhäuser und verwunschene Plätze zu Halloween besonders gern besucht werden.
Zahlreiche amerikanische Städte bieten zu Halloween Veranstaltungen und Führungen an, doch einen speziellen Platz nimmt das Städtchen Salem, das im Bundesstaat Massachusetts liegt, ein. In dieser für Neuengland typischen Kleinstadt nördlich von Boston fanden im 17. Jahrhundert grausame und mysteriöse Hexenprozesse statt. Salem hat sich seit den 1970ern ganz diesem Teil seiner Geschichte verschrieben: Es gibt gleich mehrere Hexenmuseen, ein Piratenmuseum, ein Wachsfigurenmuseum, mehrere Live-Shows, etliche Geisterführungen, eine Messe für Wahrsager und ein eigenes Festival, die Haunted Happenings. Man will damit darauf aufmerksam machen, dass auch heute oft moderne «Hexenjagden» gegen Minderheiten stattfinden.
US-Präsident Donald Trump und seine Frau Melania haben im Garten des Weissen Hauses anlässlich des bevorstehenden Halloween-Festes an Kinder zahlreiche Süssigkeiten verteilt. Viele der jungen Besucher kamen in aufwendigen Verkleidungen.
US-Präsident Donald Trump und seine Frau Melania haben im Garten des Weissen Hauses anlässlich des bevorstehenden Halloween-Festes an Kinder zahlreiche Süssigkeiten verteilt. Viele der jungen Besucher kamen in aufwendigen Verkleidungen.
Warum kein Halloween in der Schweiz?
Zurück zum Halloween-Fest in meiner Heimatstadt San Diego. Obwohl ich nicht arbeite, werde ich trotzdem ins Büro gehen. Hier ist es nämlich gang und gäbe, dass man am 31. Oktober verkleidet zur Arbeit erscheint. Gut möglich also, dass ich im BLICK-Büro auf Madonna, Joker oder Spiderman treffen werde.
In der Schweiz werden Sie am heutigen Donnerstag wohl kaum etwas von diesem Brauch mitkriegen. Natürlich gibts auch in Zürich, Basel oder Bern Halloween-Partys. Gefühlt immer mehr sogar. Doch in der Schweiz verkleiden sich höchstens einzelne Kinder, um an Süssigkeiten zu gelangen. Warum nicht auch die Erwachsenen mitmachen, hat mir ein Freund aus Zürich so erklärt: «Was denken denn die Leute von mir, wenn ich verkleidet durch die Stadt laufe. Die meinen doch, ich habe einen ab.»
Ob es an der Stadtzürcher Arroganz oder ganz einfach an der Schweizer Mentalität liegt, weiss ich nicht. Dabei habe ich als Aargauer auch schon gesehen, dass es ja eigentlich geht. An der Fastnacht. Dann verkleidet sich der Bauarbeiter, der Lehrer, der Banker.
Also warum auch nicht an Halloween? Es ist zwar keine Schweizer Tradition, aber hey: Eine Party mehr kann uns Schweizern auch nicht schaden. In diesem Sinne: Verkleidet euch, und Happy Halloween!