Am Montagmorgen war Tanja Muff (12) aus Obermumpf AG noch frohen Mutes. Der erste Schultag nach den Weihnachtsferien stand an. Doch statt ihrer geliebten Klassenlehrerin, die schwanger ist, unterrichtet neu eine Stellvertreterin in der 6. Klasse.
«Sie war zuerst sehr nett, hat sich vorgestellt, und ich fasste schnell Vertrauen», sagt das Mädchen zu BLICK. Doch bereits in den ersten Unterrichtsstunden am Montagvormittag wendete sich das Blatt.
Mädchen musste vor allen auf einen Stuhl steigen
Die 12-Jährige sollte eine Rechenaufgabe lösen, die die Stellvertreterin an die Wandtafel geschrieben hat. «Ich sagte die richtige Lösung, aber zu leise. Ein paar Buben hatten gerade Lärm gemacht», so Tanja. Deshalb wird die 12-Jährige aufgefordert, auf den Stuhl zu stehen und die Lösung lauter zu sagen. Dabei rutschten der Lehrerin wüste Worte über die Lippen.
«Sie nannte mich ‹Hurenmädchen›», sagt Tanja zu BLICK. «Sie sagte auf Hochdeutsch: ‹Könnt ihr Hurenmädchen denn nicht lauter sprechen?›» Die Schülerin ist perplex – ihr kommen gar keine Worte mehr über die Lippen.
Auch Tanjas Mutter, die Kenianerin Purity Mutala (39), ist entrüstet. «Zuerst habe ich andere Mütter gefragt, ob das wirklich stimme. Doch mehrere Mädchen aus der Klasse haben übereinstimmend dasselbe erzählt. Ich konnte fast nicht schlafen, war einfach nur traurig.» Noch nie habe sie so eine Beschimpfung erlebt, erst recht nicht gegenüber ihrer Tochter. «So was habe ich noch nicht einmal in Afrika gehört», sagt die Mama.
Vorfall brachte 12-Jährige zum Weinen
«Ich habe danach geweint. Es hat mich traurig gemacht», ergänzt die Schülerin. Auch dass sie auf den Stuhl steigen musste, sei befremdlich gewesen. «Man fühlt sich halt so ausgestellt», sagt Tanja.
Gegenüber BLICK beschreiben auch andere Kinder und Eltern den Vorfall. Zudem schimpfte die Lehrerin bereits am ersten Unterrichtstag im Klassenzimmer wüst herum – auch das Fluchwort «gopferdami» sei gefallen.
Schule hat umgehend reagiert
Alex Müller (50), Schulpflegepräsident des Primarschulverbands Fischingertal, bestätigt, dass es in der 6. Klasse einen Vorfall gegeben hat. «Aber was genau passiert ist, müssen wir zuerst genauer prüfen. Es handelt sich um eine Lehrerin, die frisch angefangen hat als Aushilfe.»
Der Vorfall sei der Schulleitung, dem Schulsozialdienst und der Schulpflege am Montag gemeldet worden. Müller: «Selbstverständlich nehmen wir solche Vorfälle sehr ernst und haben sofort reagiert.»
Am Dienstagmorgen überwachten dann bereits der Schulsozialdienst und die Schulleitung den Unterricht der besagten Lehrerin. Opfer Tanja dazu: «Sie hat sich zwar entschuldigt. Ganz allgemein, nicht bei mir persönlich. Aber ich denke, die Entschuldigung war nicht ehrlich gemeint, sondern die Lehrerin hat das nur gesagt, weil ihr Unterricht besucht wurde.»
Lehrerin wird engmaschig begleitet
Müller bestätigt den Schulbesuch. «Jetzt werden wir die Lehrperson in den nächsten Tagen sehr eng begleiten. Ein Unterrichtsbesuch, wie er bereits heute durch die Schulleitung durchgeführt wurde, ist hierfür ein erster Schritt und in einem solchen Fall ein gängiges Instrument.»
Doch ohne genau zu wissen, was passiert ist, werde der Lehrerin nicht fristlos gekündigt. «Das wäre nicht angebracht, wenn man der Sache noch nicht genügend auf den Grund gegangen ist», so der Schulpflegepräsident.
Ob der Vorfall mit dem Stuhl passiert sei oder nicht, kann er weder bestätigen noch dementieren. Aber, hält er fest: «Grundsätzlich entsprechen solche Methoden sicher nicht unserer Vorstellung von einem modernen Schulunterricht.»