Selten haben 20 Seiten Papier die Schweiz so geschockt. 20 Seiten voller Brutalität. 20 Seiten, die Einblick in die Abgründe eines pädophilen, perfiden Mörders verschaffen.
Die Anklageschrift zum Vierfachmord von Rupperswil AG. Sie enthüllt neue Fakten. Und sie wirft neue Fragen auf.
Wenn sich Thomas N. (34) ab heute Dienstag in Schafisheim AG vor Gericht verantworten muss, wissen alle, wie penibel er seine Horror-Tat an der Familie Schauer und Simona F. geplant hatte. Wie er sich als Schulpsychologe ausgab. Wie er Carla Schauer (†48) vorlügte, dass es ihm nur ums Geld gehe. Wie er Davin (†13) sexuell missbrauchte. Wie er vier Menschen brutal ermordete.
Doch Fragen bleiben. Thomas N. hatte nach der Tat neue Opfer ausgekundschaftet.
Wusste die Polizei von dem Vorhaben?
17 Stunden vor seiner Verhaftung stand er vor der Tür einer Familie im Kanton Solothurn und wollte auch sie auslöschen, verschob das Vorhaben in letzter Minute.
Nach der Verhaftung von N. verkündeten die Behörden: Man habe ihn seit 72 Stunden im Visier gehabt. Warum liess die Polizei ihn um potenzielle Opfer herumschleichen? Hat sie ihn observiert? Hätte sie eingreifen können?
Oder entging die Schweiz nur durch Zufall einer weiteren Tragödie?
Thomas N. war ganz kurz davor, erneut zuzuschlagen. Und das, obwohl er schon auf dem Radar der Ermittler war! Die Anklageschrift offenbart: Nur einen Tag vor seiner Verhaftung im Starbucks in Aarau am 12. Mai 2016 steht N. mit einem Rucksack voller Tatwerkzeug vor dem Haus einer Familie aus dem Kanton Solothurn. Nimmt sogar schon Kontakt mit seinen vermeintlichen neuen Opfern auf. Und entscheidet sich im letzten Moment, doch wieder heimzufahren.
Warum liess man Thomas N. gewähren?
An der Pressekonferenz, kurz nach der Verhaftung von Thomas N., verkünden die Behörden: Man habe die Festnahme von Thomas N. 72 Stunden vorbereitet. Jetzt, da klar ist, wie nah der Rupperswil-Killer wenige Stunden vor seiner Verhaftung wieder davor war zu morden, stellen sich Fragen: Warum liess man Thomas N. mit einer Pistole bewaffnet im Wohnquartier weiterer potenzieller Opfer herumschleichen? Hatte man ihn während seiner Fahrt nach Solothurn observiert und hätte im Notfall eingreifen können? Warum liess man zu, dass er zwei Familien anruft? Oder hatte man Thomas N. nicht im Blick, während die Vorbereitungen seiner Verhaftung liefen?
Bei der Staatsanwaltschaft heisst es dazu gestern auf Anfrage von BLICK lediglich: «Kein Kommentar.»
Nachdem Thomas N. kurz vor Weihnachten 2015 Familie Schauer massakriert, lebt er weiter als wäre nichts gewesen. Und: Er plant eine weitere grausame Tat. Thomas N. sucht im Internet nach 11- bis 15-jährigen Knaben, die Davin Schauer ähnlich sehen – und wird im Kanton Solothurn fündig. Er packt seinen Rucksack, den er bereits in Rupperswil dabei hatte, mit Seilen, Kabelbindern, Fackelöl, Sexspielzeug – und einer Pistole.
«Di 07.40 alle zuhause, wach»
Er druckt Bilder der Solothurner Familie aus, recherchiert ihre Familiensituation und den Schulplan des Sohnes. Und schreibt in sein Notizbuch: «Di 07.40 alle zuhause, wach».
Wie schon bei der Familie Schauer präpariert der Killer Briefpapier mit der Adresse einer Schule in der Region, will sich wieder als Schulpsychologe ausgeben. Auch die Öffnungszeiten der Banken in der Region klärt N. ab.
Am 11. Mai 2016 fährt Thomas N. mit dem Auto seiner Mutter in den Kanton Solothurn. Mit gefälschten Briefen der Schule, Visitenkarten, in denen er sich als Schulpsychologe ausgibt – und dem Rucksack mit dem Tatwerkzeug.
Er geht durchs Quartier, in dem die Familie wohnt, kontaktiert sie telefonisch, legt aber wieder auf. «Der Beschuldigte hatte vor, das Gleiche zu tun wie mit Familie Schauer», folgert der Staatsanwalt.
Thomas N. hatte elf Buben im Visier
Erst am nächsten Tag schlagen die Polizisten zu – und bewahrten so wohl im letzten Moment eine Solothurner Familie davor, vom Rupperswil-Killer ausgelöscht zu werden.
Dabei war nicht nur die Solothurner Familie im Visier des Killers. Im Notizbuch von Thomas N. fanden die Ermittler Namen und Fotos von elf Knaben im Alter von 11 bis 15 Jahren. Der Rupperswil-Killer hatte zwischenzeitlich eine Familie aus dem Kanton Bern im Auge – entschied sich dann aber für die Solothurner Familie.
Was es für eine Familie heisst, ins Visier einer der schlimmsten Killer der Schweizer Kriminalgeschichte zu gelangen, können auch Experten nur erahnen.
«Schockerlebnisse klingen ab»
Gerichtspsychiater Thomas Knecht geht davon aus, dass die betroffenen Familien zwar erleichtert – aber nachhaltig erschüttert gewesen sein dürften: «Die Weltsicht wird komplett umgestülpt, das Sicherheitsgefühl geht verloren. Das äussert sich in Schlaflosigkeit und Depression.» Diese Gefühle können sich über längere Zeit halten – aber überwunden werden: «Glücklicherweise klingen dramatische Schockerlebnisse normalerweise ab, wenn das Leben wieder in normale Bahnen geleitet wird und keine zusätzlichen traumatischen Erlebnisse dazukommen.»
Zwei der betroffenen Familien treten im Prozess als Zivilkläger auf. Über ihren Anwalt lassen sie aber ausrichten, dass man sich zum Fall nicht öffentlich äussern wolle.
BLICK berichtet über den Rupperswil-Prozess hier im Liveticker.
Die Feuerwehrmänner sind die Ersten, die das Grauen zu Gesicht bekommen. Vier verkohlte Leichen. Es handelt sich um Carla Schauer (†48), Sohn Davin (†13), Sohn Dion (†19) und seine Freundin Simona (†21). Es ist der 21. Dezember 2015, ein Montag. Der Tag geht in die Schweizer Kriminalgeschichte ein. Der Mörder ist Thomas Nick (heute 35). Schweizer, Junggeselle, unscheinbar. Er wohnte 500 Meter vom Tatort entfernt. Mit einer List schlich er sich ins Haus. Während er die übrigen Familienmitglieder gefangen hält und bedroht, liess er Carla Schauer Bargeld besorgen. Dabei plante er die Tötung aller Anwesenden von Anfang an. Den jüngeren Sohn missbraucht er. Alle waren gefesselt und geknebelt worden, bevor er ihnen die Kehle durchschnitt. Die Leichen übergoss er mit Brandbeschleuniger und steckte sie in Brand. Rund ein halbes Jahr nach dem Verbrechen wird Nick in einem Café verhaftet. Er legt ein Geständnis ab. Wie man ihm auf die Schliche kam, sagt die Polizei nicht. Technische Mittel spielten eine Rolle, die Fahnder werteten Daten von 30000 Handynutzern aus. – Nick hatte wohl weitere Taten geplant.
Die Feuerwehrmänner sind die Ersten, die das Grauen zu Gesicht bekommen. Vier verkohlte Leichen. Es handelt sich um Carla Schauer (†48), Sohn Davin (†13), Sohn Dion (†19) und seine Freundin Simona (†21). Es ist der 21. Dezember 2015, ein Montag. Der Tag geht in die Schweizer Kriminalgeschichte ein. Der Mörder ist Thomas Nick (heute 35). Schweizer, Junggeselle, unscheinbar. Er wohnte 500 Meter vom Tatort entfernt. Mit einer List schlich er sich ins Haus. Während er die übrigen Familienmitglieder gefangen hält und bedroht, liess er Carla Schauer Bargeld besorgen. Dabei plante er die Tötung aller Anwesenden von Anfang an. Den jüngeren Sohn missbraucht er. Alle waren gefesselt und geknebelt worden, bevor er ihnen die Kehle durchschnitt. Die Leichen übergoss er mit Brandbeschleuniger und steckte sie in Brand. Rund ein halbes Jahr nach dem Verbrechen wird Nick in einem Café verhaftet. Er legt ein Geständnis ab. Wie man ihm auf die Schliche kam, sagt die Polizei nicht. Technische Mittel spielten eine Rolle, die Fahnder werteten Daten von 30000 Handynutzern aus. – Nick hatte wohl weitere Taten geplant.
Das ist im Fall bekannt:
- Zu Hause bei Thomas N. wurde ein Rucksack mit Fesselutensilien und einer Pistole gefunden.
- Er hatte bereits die nächste Tat geplant. Der pure Zufall soll weitere Morde verhindert haben.
- Auf elektronischen Geräten entdeckten die Ermittler umfangreiches kinderpornografisches Material.
- Das Küchenmesser, mit dem er die Morde begangen hat, soll er nach den Taten in einem öffentlichen Abfalleimer in Aarau entsorgt haben – eingewickelt in Geschenkpapier. Es wurde bis heute nicht gefunden.
- Die Anklage gegen Thomas N. umfasst zahlreiche Vergehen: mehrfacher Mord, mehrfache räuberische Erpressung, mehrfache Freiheitsberaubung, mehrfache Geiselnahme, mehrfache sexuelle Handlungen mit einem Kind, mehrfache sexuelle Nötigung, Brandstiftung, mehrfache Pornografie, mehrfache Urkundenfälschung – und mehrfache strafbare Vorbereitungshandlungen.
Das ist noch unklar:
- Wie kamen die Ermittler Thomas N. auf die Schliche?
- Wurden im Tathaus Haare der beiden Huskies von Thomas N. gefunden?
- Warum ging N. am Tatmorgen erst ins Haus, nachdem der Lebenspartner von Carla Schauer das Haus verlassen hatte und zur Arbeit ging?
- Weshalb hatte er ausgerechnet Familie Schauer bzw. Sohn Davin ins Visier genommen? Welche Rolle spielt der Fussballverein?
- Hat er im Gefängnis einen Suizidversuch hinter sich, wie lebt er hinter Gittern?
- Bereut der Killer seine Taten?
Das ist im Fall bekannt:
- Zu Hause bei Thomas N. wurde ein Rucksack mit Fesselutensilien und einer Pistole gefunden.
- Er hatte bereits die nächste Tat geplant. Der pure Zufall soll weitere Morde verhindert haben.
- Auf elektronischen Geräten entdeckten die Ermittler umfangreiches kinderpornografisches Material.
- Das Küchenmesser, mit dem er die Morde begangen hat, soll er nach den Taten in einem öffentlichen Abfalleimer in Aarau entsorgt haben – eingewickelt in Geschenkpapier. Es wurde bis heute nicht gefunden.
- Die Anklage gegen Thomas N. umfasst zahlreiche Vergehen: mehrfacher Mord, mehrfache räuberische Erpressung, mehrfache Freiheitsberaubung, mehrfache Geiselnahme, mehrfache sexuelle Handlungen mit einem Kind, mehrfache sexuelle Nötigung, Brandstiftung, mehrfache Pornografie, mehrfache Urkundenfälschung – und mehrfache strafbare Vorbereitungshandlungen.
Das ist noch unklar:
- Wie kamen die Ermittler Thomas N. auf die Schliche?
- Wurden im Tathaus Haare der beiden Huskies von Thomas N. gefunden?
- Warum ging N. am Tatmorgen erst ins Haus, nachdem der Lebenspartner von Carla Schauer das Haus verlassen hatte und zur Arbeit ging?
- Weshalb hatte er ausgerechnet Familie Schauer bzw. Sohn Davin ins Visier genommen? Welche Rolle spielt der Fussballverein?
- Hat er im Gefängnis einen Suizidversuch hinter sich, wie lebt er hinter Gittern?
- Bereut der Killer seine Taten?
- 21. Dezember 2015: Der Vierfachmord von Rupperswil AG erschüttert die Schweiz.
- 24. Dezember 2015: Die Polizei fahndet nach dem Vierfachmörder – unter anderem mit Flugblättern.
- Januar 2016: Für die vier Opfer finden die Trauerfeiern statt.
- 18. Februar 2016: Die Behörden setzen an einer Medienkonferenz eine Belohnung von 100'000 Franken für den entscheidenden Hinweis aus.
- April 2016: Der Fall wird als Beitrag für ZDF-Sendung «Aktenzeichen XY...ungelöst» geplant.
- 12. Mai 2016: Thomas N.* wird im Starbucks in Aarau verhaftet.
- 13. Mai 2016: Die Behörden informieren mit einer Pressekonferenz über die Verhaftung.
- 16. Mai 2016: Es wird bekannt, dass Renate Senn die Pflichtverteidigerin von Thomas N. wird.
- Später: Thomas N. sitzt in der Justizvollzugsanstalt Lenzburg AG in Haft und wird für mehrere 10'000 Franken pro Monat rund um die Uhr überwacht – wegen Suizidgefahr!
- Februar 2017: Thomas N. wird versetzt. Er kommt in die Justizvollzugsanstalt Pöschwies nach Regensdorf ZH.
- 11. Mai 2017: Die Gutachten der beiden unabhängigen Gutachter liegen vor. Diese braucht es, damit das Gericht eine allfällige lebenslange Verwahrung anordnen könnte.
- 7. September 2017: Die Aargauer Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen den Vierfach-Killer.
- 13. März 2018: Der Prozess gegen Thomas N. beginnt. Er ist für vier Tage anberaumt.
- 16. März 2018: Das Urteil gegen Thomas N. soll verkündet werden.
*Name der Redaktion bekannt
- 21. Dezember 2015: Der Vierfachmord von Rupperswil AG erschüttert die Schweiz.
- 24. Dezember 2015: Die Polizei fahndet nach dem Vierfachmörder – unter anderem mit Flugblättern.
- Januar 2016: Für die vier Opfer finden die Trauerfeiern statt.
- 18. Februar 2016: Die Behörden setzen an einer Medienkonferenz eine Belohnung von 100'000 Franken für den entscheidenden Hinweis aus.
- April 2016: Der Fall wird als Beitrag für ZDF-Sendung «Aktenzeichen XY...ungelöst» geplant.
- 12. Mai 2016: Thomas N.* wird im Starbucks in Aarau verhaftet.
- 13. Mai 2016: Die Behörden informieren mit einer Pressekonferenz über die Verhaftung.
- 16. Mai 2016: Es wird bekannt, dass Renate Senn die Pflichtverteidigerin von Thomas N. wird.
- Später: Thomas N. sitzt in der Justizvollzugsanstalt Lenzburg AG in Haft und wird für mehrere 10'000 Franken pro Monat rund um die Uhr überwacht – wegen Suizidgefahr!
- Februar 2017: Thomas N. wird versetzt. Er kommt in die Justizvollzugsanstalt Pöschwies nach Regensdorf ZH.
- 11. Mai 2017: Die Gutachten der beiden unabhängigen Gutachter liegen vor. Diese braucht es, damit das Gericht eine allfällige lebenslange Verwahrung anordnen könnte.
- 7. September 2017: Die Aargauer Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen den Vierfach-Killer.
- 13. März 2018: Der Prozess gegen Thomas N. beginnt. Er ist für vier Tage anberaumt.
- 16. März 2018: Das Urteil gegen Thomas N. soll verkündet werden.
*Name der Redaktion bekannt