Es sind happige Vorwürfe gegen die Direktorin einer Berner Credit-Suisse-Filiale: Rita K.* (60) hat sich von einer todkranken Kundin über 100'000 Franken schenken lassen. Zudem liess sie sich Handwerkerrechnungen in Höhe von rund 19'000 Franken bezahlen.
Die Kundin, Anita G.* (†73), eine vermögende Langenthalerin, ist zum Zeitpunkt der Schenkungen unter starken Medikamenten – und praktisch blind. Im Juni ist die Bankkundin an Krebs gestorben.
Es gibt berechtigte Zweifel an der Schenkung
Aufgeflogen sind die heiklen Transaktionen nur dank ihres Neffen, den Anita G. als Alleinerben in ihrem Testament eingesetzt hatte. «Zum Zeitpunkt, als meine Tante angeblich die Schenkung über 100'000 Franken gemacht hat, war sie unter starken Opioiden – litt zeitweise unter Verwirrtheit und war teilweise kaum mehr ansprechbar», sagt er. Es gebe darum berechtigte Zweifel, ob die verstorbene Tante das Geld tatsächlich im vollen Bewusstsein der Credit-Suisse-Direktorin geschenkt habe.
Der Arzt, der seine Tante in den Tod begleitet hat, meldete die merkwürdigen Schenkungen im September der Whistleblower-Stelle der Credit Suisse. Diese reagierte jedoch nicht auf Anfragen des Neffen. Auch als BLICK bei der Credit Suisse nachfragt, ob die Annahme so hoher Schenkungen nicht gegen die bankinternen Vorschriften verstosse, zeigt sich die Grossbank wortkarg.
Bis gestern. Da räumt die Credit Suisse plötzlich Fehler ein. «Die bisherigen Abklärungen haben ergeben, dass die Mitarbeiterin gegen bestehende Compliance-Vorschriften verstossen hat», sagt Mediensprecher Dominique Gerster zu BLICK. Man betont, dass die Credit Suisse sehr wohl über «klare Weisungen verfüge, die Zuwendungen an Mitarbeiter sowie Interessenkonflikte regeln».
Grossbank hat Massnahmen ergriffen
Das Eingeständnis dürfte dem Neffen helfen, das Geld zurückzubekommen. Er prüft rechtliche Schritte gegen Rita K. und bereitet zusammen mit seinem Anwalt eine Beschwerde beim Bankenombudsmann vor.
Auch die Credit Suisse schreibt, dass in Sachen Rita K. bereits Massnahmen wegen ihres Verstosses gegen die Compliance-Vorschriften ergriffen wurden. Dabei will der Sprecher aber explizit nicht bestätigen, ob die Frau weiter bei der Grossbank angestellt ist.
* Namen geändert