Die Schweiz braucht Salz: Es macht unsere Spaghetti geniessbar, unsere Strassen auch im Winter sicher befahrbar und ermöglicht uns Dinge wie Medikamente, Waschmittel und Glas. Der einzige Salzproduzent im Land – die Schweizer Salinen AG – fördert bereits seit 450 Jahren Salz. Aktuell bis zu 650'000 Tonnen pro Jahr. Doch die Salzvorräte der aktuellen Abbaugebiete gehen bald zur Neige. Um den Salz-Konsum in Zukunft zu sichern, braucht es neue Abbaugebiete.
Aktuell liebäugeln die Schweizer Salinen AG, das Solfeld Bäumlihof im aargauischen Möhlin zu erweitern. Dort wird seit 2008 Salz abgebaut. Die vorherige Etappe wurde erst vergangenes Jahr gebaut. Nun soll in einer sechsten und letzten Etappe frühestens ab Sommer 2025 Salz abgebaut werden. Und das in der Nähe eines Wohngebietes.
Schwierige Startposition
Wie schwierig ein solches Vorhaben sein kann, wissen die Salinen aus Erfahrung: 2018 planten sie ein Abbaugebiet im Naherholungsgebiet Rütihard bei Muttenz BL. Ihre Begründung: Ohne den Abbau drohe Salzmangel. Doch die Salinen scheiterten am Widerstand der Bevölkerung. Ähnliches droht ihnen jetzt in Möhlin.
Aus Angst durch den Salz-Abbau schlimmstenfalls ihr Zuhause zu verlieren, will sich auch hier die Bewohner gegen die Pläne der Salinen wehren. So etwa Danielle Depierre (69). Sie wohnt nur 100 Meter vom geplanten Abbaugebiet entfernt. Zu Blick sagt sie: «Alles hier könnte zerstört werden.»
Möglicher Erdeinsturz
Ihre grösste Angst: ein Super-GAU wie 1986. Damals entstand durch den Salz-Abbau ein riesiges Loch zwischen Möhlin und Rheinfelden AG. Über 7'000 Quadratmeter stürzten ein, nachdem eine unterirdische Höhle – eine sogenannte Kaverne – einbrach. «Was sollen wir machen, wenn dasselbe hier bei uns passiert? Wir wären eventuell in Lebensgefahr!», entfährt es ihr. Sie ist sich sicher: «Die Landmasse senkt sich zwangsläufig ab. Selbst wenn es um nur wenige Millimeter im Jahr ginge, würde dies nach einigen Jahren zu Rissen in den Fassaden der angrenzenden Häuser führen.»
Deshalb will Depierre Widerstand leisten. Ihr Vorbild: die IG «Rettet die Rütihard», welche die Salinen dazu brachte, vom Salz-Abbau in der zuvor erwähnten Naturoase bei Muttenz ganz abzusehen. Die IG konnte anhand von Gutachten nachweisen, dass der dortige Untergrund nicht für den Abbau geeignet ist. Zu gross ist die Gefahr, dass sich die Kavernen unregelmässig ausbreiten und zu einem Risiko für Mensch und Natur werden.
Bereits beim Projekt in Muttenz BL im Jahr 2018 gaben die Schweizer Salinen an, dass ohne den Abbau auf der Rütihard ein Salzmangel drohe. Weiter beteuerten sie, dass sie Salz ausschliesslich für den Eigenbedarf der Schweiz abbauen. Ausserdem wurde betont, dass Schweizer Salz der ökologischste Weg der Salzgewinnung sei.
Doch die IG Rütihard kritisierte, dass die Salinen von Salzknappheit sprachen und beteuerten, dass das Salz nur für den Schweizer Eigenbedarf abgebaut wird, gleichzeitig aber Salz in andere Länder exportiert. Eine simple Grafik aus der Statistik der Eidgenössischen Zollverwaltung 2019 bewies, dass in den Jahren vor der geplanten Erschliessung der Rütihard zwischen 12 und 18 Prozent des Schweizer Salzes exportiert wurde. Der Wert ist mittlerweile extrem gesunken – überraschenderweise gingen in dieser Zeit auch die Importe deutlich zurück.
Auch die Behauptung, Schweizer Salz sei der ökologischste Weg der Salzgewinnung, wurde von der IG Rütihard mit Fakten infrage gestellt. So war damals der Import aus Meeressalinen in Frankreich, Marokko oder Italien – trotz langen Transportwegen – noch ökologischer als die energieintensive Gewinnung im Inland. Diese Kennzahl hat sich mittlerweile verändert, da die Salinen ihren Strom immer mehr aus sauberer Schweizer Wasserkraft beziehen.
Bereits beim Projekt in Muttenz BL im Jahr 2018 gaben die Schweizer Salinen an, dass ohne den Abbau auf der Rütihard ein Salzmangel drohe. Weiter beteuerten sie, dass sie Salz ausschliesslich für den Eigenbedarf der Schweiz abbauen. Ausserdem wurde betont, dass Schweizer Salz der ökologischste Weg der Salzgewinnung sei.
Doch die IG Rütihard kritisierte, dass die Salinen von Salzknappheit sprachen und beteuerten, dass das Salz nur für den Schweizer Eigenbedarf abgebaut wird, gleichzeitig aber Salz in andere Länder exportiert. Eine simple Grafik aus der Statistik der Eidgenössischen Zollverwaltung 2019 bewies, dass in den Jahren vor der geplanten Erschliessung der Rütihard zwischen 12 und 18 Prozent des Schweizer Salzes exportiert wurde. Der Wert ist mittlerweile extrem gesunken – überraschenderweise gingen in dieser Zeit auch die Importe deutlich zurück.
Auch die Behauptung, Schweizer Salz sei der ökologischste Weg der Salzgewinnung, wurde von der IG Rütihard mit Fakten infrage gestellt. So war damals der Import aus Meeressalinen in Frankreich, Marokko oder Italien – trotz langen Transportwegen – noch ökologischer als die energieintensive Gewinnung im Inland. Diese Kennzahl hat sich mittlerweile verändert, da die Salinen ihren Strom immer mehr aus sauberer Schweizer Wasserkraft beziehen.
Aufkommender Widerstand
Depierre hofft in Möhlin auf ein ähnliches Ergebnis. Eigentlich habe sie sich nie exponieren wollen, so die ehemalige Heilpädagogin: «Es scheint aber, als wäre es jetzt Zeit für Zivilcourage.»
Mittlerweile wird auch in Möhlin eine IG gegründet. Die Politik hat sich ebenfalls eingeschaltet: Eine «unheilige Allianz» aus Vertretern von Grünen, FDP und SVP hat das Thema mit einer Interpellation aufs politische Parkett gebracht.
Mögliche Folgen
Geo-Wissenschaftler Peter Huggenberger weiss um die Risiken beim Salz-Abbau: «Nicht die Bohrungen sind problematisch, sondern die Laugungen, also die Saline-Aktivitäten in den Salzkammern. Folgen können Boden-Senkungen sein, aber auch die Interaktion der Kavernen mit Grundwasser kann zu Verunreinigungen führen oder zu unkontrollierten Lösungen in den gelaugten Kavernen. Dadurch sind Kavernen-Einstürze nicht auszuschliessen.» Der Experte betont, dass mögliche Folgen stark von den lokalen geologischen Strukturen abhängig sind.
Der emeritierte Professor spricht sich dafür aus, dass die Salinen ihre bisherigen Erfahrungen in diesem Gebiet sowie zukünftige Messungen samt deren Interpretation mit der Bevölkerung teilen. «Die Salinen haben in dieser Region jahrelange Erfahrung. Würden sie diese mit der Bevölkerung teilen, könnten sie den Anwohnern die Sorgen wohl etwas nehmen und zur Entschärfung der Situation führen», sagt Huggenberger. «Es bringt nichts, wenn die Salinen nur abwinken und alles für gut erklären.»
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Chance und Risiko
Blick hat bei den der Schweizer Salinen AG nachgefragt. Die beiden Gebiete in Möhlin und auf der Rütihard bei Muttenz seien nicht wirklich vergleichbar, sagt das Unternehmen. «Auf der Rütihard hatten es die Schweizer Salinen mit einem noch unerschlossenen Solfeld in anspruchsvoller geologischer Lage zu tun, das auf lokalen Widerstand stiess.» Bei Bäumlihof 6 gehe es nicht darum, ein komplett neues Abbaugebiet zu erschliessen. Bäumlihof 6 sei bereits die sechste und letzte Etappe des Salzabbaus im Gebiet Bäumlihof, der dort bereits seit 2008 im Gange ist. «Die Schweizer Salinen sind mit der lokalen Geologie bestens vertraut. In der bisherigen 15-jährigen Abbauphase im Bäumlihof gab es keine Probleme bei der Erschliessung oder beim Abbau des Salzes.»
Die Firma betont: «Die Schweizer Salinen nehmen Anliegen und Ängste der Anwohnerinnen und Anwohner sehr ernst.» Die Kavernen von Bäumlihof 6 seien mit genügend Abstand zur Autobahn und den Wohnhäusern geplant worden. Die Schweizer Salinen sagen, sie können «Schäden an Häusern praktisch ausschliessen». Und: «Sollten entgegen aller Erwartungen und Erfahrungen Schäden entstehen, kommen die Schweizer Salinen für deren Behebung vollumfänglich auf, wie es im Konzessionsvertrag mit dem Kanton Aargau festgelegt ist.» Zusätzlich werde den Anwohnern vor Aufnahme der Bauarbeiten angeboten, Rissprotokolle zu erstellen.
Für Depierre kein Trost: «Als Besitzer müssten wir zuerst beweisen, dass die Schäden mit dem Salz-Abbau zu tun haben.» Das könne Jahre dauern und wäre mit juristischen Kämpfen und somit mit einem grossen finanziellen Aufwand verbunden, so Depierre. Sie befürchtet, dass die Salinen die aktuellen Abbaupläne still und leise durch die Hintertür bewerkstelligen wollen.
Die Salinen haben den Ernst der Lage erkannt und laden am 18. Oktober bereits zu einer zweiten Informationsveranstaltung für die Bevölkerung.