Enzo T. (36) aus Boswil AG kam während Vergewaltigungs-Verfahren frei – und wurde rückfällig
Edel-Koch soll drei weitere Frauen angegangen haben

Enzo T. (36) soll im Oktober 2017 daheim in Boswil AG eine Prostituierte vergewaltigt haben. Er wurde in U-Haft gesteckt, kam aber nach drei Monaten frei. Jetzt zeigen Blick-Recherchen: Der Koch soll noch während des Verfahrens weitere Sexualdelikte begangen haben.
Publiziert: 14.05.2022 um 00:06 Uhr
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Aktualisiert: 17.05.2022 um 12:38 Uhr
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Enzo T. (36) ist unter anderem wegen mehrfacher Vergewaltigung angeklagt.
Foto: zVg
Ralph Donghi

Ab dem 17. Mai 2022 muss sich der gebürtige Brasilianer Enzo T.* (36) vor dem Bezirksgericht in Muri AG verantworten. Der bekannte Koch hatte am 27. Oktober 2017 in Boswil AG für ein grosses Polizeiaufgebot gesorgt. Der Grund: Er soll daheim im Reihenhaus eine Prostituierte gegen ihren Willen zum Sex gezwungen haben. Offenbar soll auch eine Waffe im Spiel gewesen sein. Und: Seine Freundin soll ihn damals erwischt haben. Als Nachbarn das Geschrei hörten, riefen sie die Polizei. Enzo T. haute ab – wurde später aber verhaftet.

Brisant war: Der wegen Drogendelikten vorbestrafte Enzo T. wurde noch während des laufenden Verfahrens freigelassen – «weil keine Kollusionsgefahr mehr besteht», wie die Aargauer Staatsanwaltschaft im Februar 2018 bestätigte. Zudem sagte sie: «Der Beschuldigte bestreitet die Vorwürfe.»

Enzo T. soll in Freiheit rückfällig geworden sein

Jetzt zeigen weitere Blick-Recherchen: Die Freilassung von Enzo T. soll später Folgen gehabt haben. Denn: Er soll noch während des laufenden Verfahrens drei weitere Frauen angegangen haben. Daraufhin wurde er erneut verhaftet – deshalb ist der Prozess eine Haftsache.

Warum hat die Aargauer Staatsanwaltschaft nach den ersten drei Monaten Untersuchungshaft für Enzo T. nicht eine Verlängerung der U-Haft beim Zwangsmassnahmengericht beantragt? «Das im Sexgewerbe arbeitende und nicht in der Schweiz beheimatete Opfer hatte das Land nach der Verhaftung bereits wieder verlassen», sagt Adrian Schuler von der Staatsanwaltschaft zu Blick. Und weil zu diesem Zeitpunkt «keine Haftgründe» im Raum gestanden hätten, sei der Beschuldigte nach drei Monaten aus der U-Haft entlassen worden. «Insbesondere gab es keine Hinweise auf eine Wiederholungsgefahr betreffend Sexualdelikte», so Schuler weiter.

Seit Oktober 2019 im Gefängnis

«Es trifft zu, dass gegen den Beschuldigten während des laufenden Strafverfahrens erneut Vorbehalte insbesondere betreffend Sexualdelikte mit weiteren Opfern erhoben wurden.» Die mutmasslichen Taten hätten sich «allerdings rund eineinhalb Jahre nach der Haftentlassung» zugetragen. «Seit Oktober 2019 befindet sich der Beschuldigte im Gefängnis», sagt Schuler.

Zu den mutmasslichen drei weiteren Opfern von Enzo T. sagt Schuler nichts. Nur, dass sie nicht im Sexgewerbe tätig waren. Laut Blick-Informationen sollen die drei weiteren Opfer Frauen sein, zu denen Enzo T. seines Erachtens eine Beziehung gepflegt haben will.

Riesige Liste von Anklagepunkten

Was sich damals im Reihenhaus in Boswil genau abgespielt hat und was Enzo T. mit weiteren Frauen angestellt haben soll, soll vor Gericht auskommen. Die Liste der Vorwürfe ist riesig. Nebst mehrfacher Vergewaltigung ist Enzo T. auch noch angeklagt wegen mehrfacher, teilweise versuchter sexueller Nötigung, mehrfacher Freiheitsberaubung, Gefährdung des Lebens, mehrfacher versuchter einfacher Körperverletzung, sexueller Belästigung, Drohung, Nötigung, Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, Diebstahl, Beschimpfung, mehrfacher Tätlichkeiten, mehrfacher Widerhandlung gegen das Waffengesetz, mehrfacher Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz und Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz.

Die Staatsanwaltschaft will vor Gericht eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren für Enzo T. fordern. Zudem soll bei ihm eine stationäre Massnahme angeordnet werden. Und: Er soll eine unbedingte Geldstrafe von 4800 Franken und eine Busse von 3000 Franken bezahlen müssen.

Für Enzo T. gilt die Unschuldsvermutung.

* Name geändert

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