Emilie T. (31) mischte Ecstasy in Gute-Nacht-Schoppen von behinderter Tochter Sophie (†3)
«Ich habe das nur für sie gemacht»

Eltern im Aargau haben ihre schwerstbehinderte Tochter getötet. Jetzt erklären sie, warum sie es getan haben – und warum sie es wieder tun würden.
Publiziert: 05.10.2023 um 09:57 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2023 um 12:59 Uhr
Emilie T. ist geständig: Gemeinsam mit ihrem Mann Urs D. hat sie im Mai 2020 ihre gemeinsame Tochter Sophie T. getötet.
Foto: zVg

«Wir haben unsere Tochter erlöst», sagen die geständigen Eltern der getöteten Sophie T.* (†3) aus Hägglingen AG. In der Nacht auf den 7. Mai 2020 mischten Emilie T.* (31) und Urs D.* (33) ihrer behinderten Tochter Ecstasy in den Gute-Nacht-Schoppen. Als die Droge wirkte, erstickten sie ihr Kind mit einem Tuch. Gegenüber der «Aargauer Zeitung» erzählen die Eltern, warum sie es getan haben – und auch wieder tun würden.

«Sie hat unter ihrem eigenen Leben gelitten», sagt die Mutter. «Es wäre ihr nie besser gegangen. Sie hätte nie ein schönes Leben führen können.» Sophie litt an einer schweren Cerebralparese, einer Schädigung am Hirn, und musste rund um die Uhr betreut werden. Das Mädchen hatte Krämpfe und Schmerzen, konnte nicht selbst schlucken, gehen oder sprechen. Damit hätte sie den Rest ihres Lebens zu kämpfen gehabt – denn die Erkrankung ist unheilbar. Man könne nur versuchen, die Lebensqualität des Kindes zu verbessern, sagt ein Kinderarzt gegenüber der «AZ».

Zwei Versuche vor dem Mord

Wie die Staatsanwaltschaft mitteilt, wäre Sophie «mit hoher Wahrscheinlichkeit zeitlebens auf intensive Pflege und Rundumbetreuung angewiesen» gewesen. Doch nach Angaben der Eltern hätten sie ihre Tochter nicht getötet, weil es ihnen zu anstrengend war. Vielmehr konnten sie es nicht mehr ertragen, ihr Kind leiden zu sehen. «Es hat wehgetan, dass man keinen Einfluss auf ihre Gesundheit nehmen konnte, dass man nichts machen konnte, um ihr zu helfen.»  

So beschlossen Mutter und Vater gemeinsam, ihre Tochter zu «erlösen», sollte es nicht besser werden. Urs D. besorgte das Medikament, nachdem er recherchiert hatte, «was das Humanste und Schmerzloseste wäre». Vor der Tat hatten die Eltern das Fläschchen schon zweimal zubereitet, ohne es zu verabreichen. «Ich konnte es nicht. Das ist ja mein kleines Mädchen. Das ist ja nichts, was man einfach macht», sagt Emilie T. weiter. Beide Vorfälle werden von der Staatsanwaltschaft als Mordversuche gewertet.

«Ich habe das nur für sie gemacht»

Dann war es so weit: Am Abend des 6. Mais 2020 gab die Mutter der kleinen Sophie den präparierten Schoppen. Laut dem Vater war es kein besonderer Tag. «Wir haben einfach einen Schlussstrich gezogen, dass sie nicht mehr leidet.» Drei Monate später, am 10. August 2020, nimmt die Polizei die Eltern fest. Einen Tag später gesteht Emilie T.: «Ich habe das nicht für mich gemacht. Ich habe das nur für sie gemacht.» Am 14. August ist auch Urs D. geständig: «Wir wollten nur unserem Mädchen helfen, das so gelitten hat.»

Die Verteidigung wird auf Totschlag plädieren – dabei handeln Täter nicht skrupellos, sondern unter grosser seelischer Belastung oder in einer entschuldbaren heftigen Gemütsbewegung. Die Staatsanwaltschaft geht jedoch von einer besonderen Skrupellosigkeit aus. Wann es zum Prozess kommt, ist noch unklar. (gs)

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