«Trainer werden im Umgang mit Eltern geschult»
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Übermotivierte Eltern im Sport:«Trainer werden im Umgang mit Eltern geschult»

Aargauer Chefredaktor beschimpft Junioren-Trainer – dann werden sie entlassen
«Du verdammter Ausländer-Sack, das ist dein Ende!»

Ein Streit bei den Junioren des FC Wohlen eskaliert. Der einflussreiche Chefredaktor einer Lokalzeitung beschimpft zwei Junioren-Trainer, jetzt soll die Polizei involviert werden. Alles nur wegen der Frage, in welches Team der Chefredaktoren-Sohn eingeteilt werden soll.
Publiziert: 14.09.2023 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2023 um 14:40 Uhr
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Immer wieder knallt es auf und neben Schweizer Fussballplätzen.
Foto: Joseph Khakshouri

Kampfzone Amateur-Fussball! Immer wieder knallt es auf und neben Schweizer Fussballplätzen – und das manchmal schon bei den Junioren. Dort sind es auch die Eltern der jungen Sportler, die ihre Emotionen nicht im Griff haben. Eine heftige Entgleisung hat sich beim Nachwuchs des FC Wohlen AG ereignet. In einem Team, in dem 13- und 14-Jährige kicken. Der Grund ist die Frage, ob einer der Junioren zur besseren Hälfte seiner Mannschaft gehört oder nicht. Es kommt zur Total-Eskalation zwischen dem Vater des Juniors und Klub-Vertretern: rassistische Beleidigungen, zwei suspendierte Trainer, angebliche Bedrohungen an der Haustür. Und jetzt soll sogar die Polizei involviert werden.

Stein des Anstosses: Weil im Junioren-Team mittlerweile 29 Jungs kicken, teilten die beiden Amateur-Trainer* die Mannschaft auf. Zwar sollen alle weiterhin gemeinsam trainieren, an den Spielen soll aber nur eine Auswahl der Besten antreten.

In dieser Selektion nicht dabei: der Sohn von Daniel Marti, dem Chefredaktor des «Wohler Anzeigers», der enge Verbindungen zum FC Wohlen pflegt.

«Du verdammter Ausländer-Sack»

Sein Blatt erreicht mit den Partnerblättern über 60'000 Leser. Einerseits bietet Marti dem Klub mit seiner Zeitung seit Jahren eine prominente Plattform und haut für den FC Wohlen auch selber in die Tasten. Andererseits war er selber lange im Verein engagiert, einmal als Sportchef in der 1. Mannschaft, dann als Mitgründer und Redaktionsleiter des Klub-Magazins. Zudem war er am Buch zum 100-Jahr-Jubiläum des Klubs 2021 beteiligt und gehörte der Donatoren-Vereinigung an. Chefredaktor Marti ist eine starke Figur in der Region, bestens vernetzt, sein Wort hat Gewicht.

«Sie kompensieren etwas aus ihrer Vergangenheit»
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Dieser Mann also ruft nach der Einteilung seines Sohnes stocksauer die Trainer an, zuerst den Co-Trainer, dann den Haupttrainer. Der Haupttrainer sagt gegenüber Blick: «Ich habe vom Co-Trainer schon gehört, dass es eskaliert ist, und habe das Telefonat darum aufgezeichnet.» Am Anfang erfolgt die Aufnahme heimlich. Im Verlauf des etwas mehr als zwei Minuten langen Gesprächs informiert der Trainer den Chefredaktor dann, dass er dieses aufnehme. Ab diesem Zeitpunkt zitiert Blick aus dem Telefonat.

Marti wirft mit Beleidigungen um sich. «Du Lausbub! Was fällt dir überhaupt ein, du verdammter Ausländer-Sack», sagt er zum Trainer mit kosovarischen Wurzeln. Der Chefredaktor droht, für die Entlassung der Amateur-Trainer zu sorgen: «Das ist dein Ende bei diesem Verein!»

Die Drohung wird am 17. August Realität. Nur drei Tage nach dem Telefonat. In einem Elternbrief informieren die Verantwortlichen des FC Wohlen, dass die beiden Trainer «per sofort» suspendiert seien. Begründung: Sie hätten die Philosophie des Klubs nicht umgesetzt.

«Wir wurden ungerecht behandelt»

Für die geschassten Trainer ist klar: Chefredaktor Marti hat seine Beziehungen zum FC Wohlen spielen lassen. Zu Blick sagt einer der beiden Trainer: «Wir haben uns ehrenamtlich für diesen Klub eingesetzt. Jetzt wurden wir ungerecht behandelt, weil wir den Sohn der falschen Person nicht ins Kader nahmen.»

Auf dem Elternbrief mit dem Suspendierungsentscheid steht unter anderem auch der Name von Ciriaco Sforza im Namen des Verwaltungsrates des FC Wohlen. Eine unangenehme Sache für den ehemaligen Nati-Star: Er kennt Marti bestens. Sforza wurde schliesslich als 16-Jähriger bei Wohlen entdeckt. Die beiden sind langjährige Weggefährten.

Gegenüber Blick bestreitet Sforza, bei der Trainerentscheidung direkt involviert gewesen zu sein. Er betont aber: «Bei uns hat Rassismus keinen Platz.» Die Eskalation sei ein Konflikt zwischen Privatpersonen. Und die suspendierten Trainer hätten an einer Sitzung selbst gesagt, so nicht mehr weitermachen zu wollen. Ansonsten verweist Sforza an die Presseverantwortlichen des Klubs.

Dort heisst es, die Aufteilung des Teams durch die Trainer sei ohne Absprache erfolgt: «Das entspricht nicht den Vorgaben des FC Wohlen.»

Alle haben verloren

Die beiden Trainer widersprechen, die Aufteilung sei sehr wohl abgesprochen gewesen und legen ein Mail vor, das ihre Aussage stützt: Am 15. Juli schrieb ein Mitglied der Sportkommission des FC Wohlen an die Trainer. «Ich bitte euch, den Spielern eine Erklärung abzugeben, warum es momentan nicht reicht für euer Kader, und dass ihr ihnen mitteilt, wo sie sich noch verbessern müssen.» Die Klubverantwortlichen sagen zu diesem Mail: «Auch wir haben nicht perfekt reagiert.»

Gelöst ist der Konflikt damit nicht, im Gegenteil: Die beiden Trainer müssen sich neue Klubs suchen. Und wollen wegen der Beschimpfungen am Telefon Anzeige gegen Marti erstatten.

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«Meine Wortwahl war natürlich nicht korrekt, dies ist aus den Emotionen heraus passiert.»
Chefredaktor Daniel Marti
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Marti will ebenfalls zur Polizei gehen, weil er eine «akute Gefahr» für seine Familie sieht: «Mittlerweile wurde meine Familie zu Hause dreimal bedroht. Direkt vor unserer Haustür!», schreibt er Blick. Darum habe er eine juristische Beratung hinzugezogen: «Ein Gespräch bei der Polizei wird zeigen, ob Anzeigen erfolgen werden.» Wer genau hinter diesen Bedrohungen stecken soll, bleibt offen.

Eindeutig ist, was auf der Aufnahme des Telefonats zu hören ist. Marti schreibt dazu, die Aufnahme sei illegal entstanden. Und: Mit der Suspendierung der Trainer habe er nichts zu tun. Allerdings hätten die Trainer seinen Sohn schon vorher regelrecht gemobbt. Die Trainer selber bestreiten Mobbing, und auch der Klub hat keine Kenntnis davon.

Marti gibt zu: «Meine Wortwahl war natürlich nicht korrekt, dies ist aus den Emotionen heraus passiert. Dafür bitte ich um Entschuldigung.»

Übrigens: Bei den Wohlen-Junioren wird unterdessen nicht mehr nach Leistung selektiert. Die Kinder sollen abwechslungsweise an die Matches. Martis Sohn hat den Klub aber mittlerweile verlassen. Und der FC Wohlen hat zwei Trainer weniger. Im Streit um die Junioren gehen nur Verlierer vom Platz.

*Namen der Redaktion bekannt 

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