Aargauer Justiz kippt Parlamentsentscheid
Junger Italiener darf trotz «frisierter» Mofas eingebürgert werden

Wieder hat das Aargauer Verwaltungsgericht einen Einbürgerungsentscheid gekippt. Die Legislative wollte einem jungen Italiener zunächst den Schweizer Pass verweigern. Doch der Entscheid sei «willkürlich», urteilte das Gericht.
Publiziert: 14.12.2022 um 18:18 Uhr
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Das Einbürgerungsverfahren ist von Kanton zu Kanton unterschiedlich.
Foto: Pius Koller

Es ist nicht das erste Mal, dass das Aargauer Verwaltungsgericht einen Entscheid der kantonalen Einbürgerungskommission kippt. Erst kürzlich hat das Obergericht einen jungen Ausländer gegen den Willen des Kantonsparlaments eingebürgert. Der junge Mann (18) hatte mehrfach kleinere Ladendiebstähle im Gesamtwert von zirka 120 Franken begangen.

Jetzt lehnte die Kommission Berichten von SRF zufolge das Einbürgerungsgesuch eines jungen Italieners (15) ab, da er zwei Einträge im Register der Jugendanwaltschaft hatte. Die Polizei hatte ihn beide Male mit einem «frisierten» Mofa erwischt, bei dem der Auspuff «nicht typenkonform» war.

Doch das Verwaltungsgericht stimmte dem Entscheid nicht zu: Er sei «willkürlich», heisst es im Urteil. Zwar müssen Antragsstellende unter anderem auch die «öffentliche Sicherheit und Ordnung beachten». Doch erfüllten zwei Vergehen im Teenager-Alter nicht die Voraussetzungen für eine Einbürgerungsverweigerung. Dafür müsse das Gesetz «erheblich oder wiederholt» missachtet werden. Zudem sei es unhaltbar, für eine Einbürgerung eine «in jeder Hinsicht weisse Weste» zu verlangen. Die Kommission muss das Gesuch nun erneut prüfen.

Aargauer Stimmvolk verschärfte Einbürgerungsanforderungen des Bundes

2018 legte der Bund Minimalstandards für ein Einbürgerungsverfahren fest. Antragsstellende müssen beispielsweise zehn Jahre in der Schweiz leben, eine Niederlassungsbewilligung haben und sprachliche Anforderungen erfüllen. Die Kantone können die Regelungen jedoch verschärfen. So entschied das Aargauer Stimmvolk zum Beispiel, dass Menschen, die in den letzten zehn Jahren Sozialhilfe erhalten hatten, nicht eingebürgert werden dürfen. Der Bund hatte die Minimalanforderung bei drei Jahren angesetzt.

Im Aargau und im Wallis entscheidet zudem die Legislative über die Erteilung des Kantonsbürgerrechts. In anderen Kantonen ist die Exekutive üblich. Neben dem Entscheid auf kantonaler Ebene sind für eine Einbürgerung die Zustimmungen der Gemeinde und des Staatssekretariats für Migration (SEM) auf Bundesebene erforderlich. (hei)

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