Plötzlich hiess es bei Hausfrau Marianne K.* (52) aus Büren an der Aare BE «Land unter!» in ihrer Waschküche. Ein verstopfter Siphon lässt am Montagabend das Abwasser der Waschmaschine raussprudeln – K. braucht sofort einen Sanitär.
Im Ort hat aber nach 17 Uhr niemand mehr Zeit dafür. «Da stiess ich auf Google auf die Firma ‹kanalreinigung-24.ch›, die mir versprach, innert zwei Stunden bei mir zu sein», sagt Marianne K. zu BLICK.
Doch die vermeintlichen Retter entpuppen sich als Halsabschneider. «Gekommen waren zwei Deutsche, die nun sagten, sie seien von der Firma ‹handwerkerservice24›. Dann baten sie mich, zuallererst zu unterschreiben, dass ihr Einsatz wegen des Notfalls jetzt 100 Prozent mehr kosten würde als beim Normaltarif» so K.
Sie habe das unterschrieben, weil die Waschküche unter Wasser und sie unter Stress stand. Schade: Hätte Marianne K. bereits zu diesem Zeitpunkt zur Sicherheit nach «handwerkerservice24» gegoogelt, hätte sie gemerkt, dass etwas nicht stimmen kann: Google empfiehlt für diesen Begriff nämlich nur Porno-Seiten.
«Mich hat es fast aus den Socken gehauen»
Die beiden Handwerker machten sich bei K. ans Werk. Sie leeren und entkalken den Siphon beim Abfluss der Waschmaschine und haben damit das Problem auch schon gelöst. Dauer des Einsatzes: «Keine Stunde», sagt K. Die Rechnung dafür könnte gesalzener aber nicht sein. «Die wollten von mir über 1000 Franken. Mich hat es fast aus den Socken gehauen, als sie mir die Rechnung präsentierten», so K.
Für die Arbeit wollten die beiden Männer 290 Franken. Da der Einsatz aber nach 17 Uhr stattgefunden hatte, machen sie einen 100-Prozent-Zuschlag. Dazu kommen völlig überrissene Preise fürs Verwenden der eigenen Werkzeuge. 150 Franken wollten die beiden Handwerker für die Hochdruckpumpe, 55 Franken für den Wassersauger, 150 Franken zusätzlich für die Siphon-Reinigung. Am Ende soll Marianne K. 1176 Franken zahlen.
Arbeit kostet im Normalfall keine 200 Franken
«Mir war sofort klar, dass diese Preise fernab von Gut und Böse sind. Ich hatte schon mehrere Fälle von verstopften Siphons in unserem Haus, weil wir hier in Büren an der Aare sehr viel Kalk im Wasser haben», sagt K. Das letzte Mal zahlte sie dafür 200 Franken bei einem lokalen Sanitär.
«Da ich aber vor dem Einsatz bereits unterschrieben habe, bestanden die beiden Handwerker hartnäckig auf ihrer Rechnung», so die 52-Jährige. Und nicht nur das: Auch musste sie diese sofort Bar bezahlen. «Sie hätten mich sogar zum Bankomaten begleitet, wenn ich das Geld nicht zu Hause gehabt hätte», sagt sie. Das Auftreten der beiden Handwerker wirkte sogar leicht einschüchternd auf sie, wie K. BLICK erzählt.
«Ein leidiges Thema»
Damit ist sie Opfer einer Masche geworden, die in der Schweiz verbreitet zu sein scheint. Das sagt Christian Brogli, Sprecher des Sanitär-Branchenverbandes Suissetec. «Ein leidiges Thema, weil solche Anbieter aus dem Internet den Ruf der Branche beschädigen», sagt er. Sie würden nicht selten am Rande der Legalität arbeiten. «Oft tauchen halbstarke Typen im Duo auf, die den Kunden einschüchtern und unter Druck setzen» weiss Brogli, dem fast monatlich solche Fälle berichtet werden.
Man könne sich aber vor solcher Abzockerei schützen, sagt er weiter. «Das Erste, das man bei einem Notfall machen muss, ist, den Hauptwasserhahn zudrehen. Dann sprudelt auch kein Wasser mehr», sagt er. Und dann habe man auch Zeit, einen seriösen Handwerker zu suchen. «Am besten nimmt man Handwerker aus der Region. Jemanden, den man kennt», so Brogli weiter. Er empfiehlt Hauseigentümern, aber auch Mietern, sich eine Handwerker-Liste für Notfälle anzulegen. «Dann muss man auch nicht Google nutzen, wo einem häufig zuerst jene Anbieter angezeigt werden, die genau auf diese Art der Abzocke spezialisiert sind», so Brogli.
Marianne K. aus Büren an der Aare hat das gelernt, wie sie zu BLICK sagt. «Es ist mir unglaublich peinlich, auf diese Handwerker hereingefallen zu sein. Aber das passiert mir nicht nochmal!»
Die Handwerkerfirma wollte, von BLICK mit den Vorwürfen konfrontiert, keinen Kommentar abgeben. (fr)
*Name geändert