«Die Kinder sollten nicht im Vogeldreck spielen müssen»
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Anwohnerin Luigina Bringold:«Die Kinder sollten nicht im Vogeldreck spielen müssen»

Mehlschwalben auf Spielplatz sorgen für Ärger in Reinach BL
«Vögel verdrecken die Rutschbahn – und ich soll es putzen!»

Ein Haus mit Nistplätzen für Mehlschwalben sorgt in Reinach BL für Ärger. Denn es steht mitten auf einem Spielplatz. Jetzt sind die ersten zwei Brutpaare eingezogen – und Anwohner beschweren sich über den Vogelkot.
Publiziert: 25.07.2022 um 13:45 Uhr
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Anwohnerin Luigina Bringold ist kein Fan davon, dass das Schwalbenhaus mitten im Quartier und dann noch auf einem Spielplatz aufgestellt wurde.
Foto: Céline Trachsel
Céline Trachsel

Einen kleinen Shitstorm musste sich Luigina Bringold (64) auf Facebook gefallen lassen, weil sie sich über Vogeldreck auf einem Spielplatz in Reinach BL aufregte und Bilder davon postete. «Man sagte mir, ich solle es selber putzen – aber das ist doch nicht meine Aufgabe!», schimpft die Frau. Ihr sei es ohnehin egal, was die Leute über sie denken. «Aber das mit diesem Vogelhaus ist einfach unverständlich!», bleibt sie bei ihrer Meinung.

In der Baselbieter Gemeinde sind sowohl ein Vogelhaus mit Nistplätzen für 48 Mehlschwalbenpaare wie auch die Hinterlassenschaften der Tiere zu einem Dorfknatsch geworden, der seit März die Gemüter erregt. Denn: Der Verein für Natur- und Vogelschutz Reinach hat das Vogelhaus in Abstimmung mit der Gemeinde mitten auf einem öffentlichen Spielplatz errichtet. Direkt daneben stehen eine Rutschbahn und ein kleiner Picknicktisch.

Der Vogelverein liess verlauten, dass es ohnehin noch Jahre gehen könnte, bis die ersten Mehlschwalben einziehen. Doch nun sind bereits zwei Nester belegt.

«Doch nicht über den Köpfen der Kinder!»

«Wie wir gesagt haben – die Vögel machen auf die Rutschbahn, und ich soll es putzen?», nervt sich Luigina Bringold. «Da sollen doch die Vogelfreunde kommen und es tun.» Sie selber habe absolut nichts gegen die Schwalben, im Gegenteil, denn das Quartier gilt seit den 60er-Jahren Jahren als beliebtes Einzugsgebiet der Vögel. «Die Tiere haben ihre Berechtigung – aber doch nicht über den Köpfen der spielenden Kinder», meint Bringold.

Mit dieser Meinung ist sie im Quartier nicht die Einzige. «Der Standort ist schlecht gewählt», meint Nachbarin Irene Rizzo (52). «Wir hatten selber Schwalben, und ich mag sie gerne, aber sie machen halt Dreck. Aber hier auf dem Spielplatz ist das problematisch, hier sollten sich Kinder austoben und wohlfühlen können.» Auch der Betonklotz am Fusse des Vogelhauses scheint ihr etwas gefährlich mit den scharfen Kanten. «Wenn sie das wenigstens etwas abgerundet hätten», moniert Rizzo.

Umgesiedelt wird nicht mehr

Kein Verständnis für diese Kritik hat Christine Hulliger (66), die dem Verein für Natur- und Vogelschutz Reinach als normales Mitglied angehört. «Ich komme alle paar Tage und schaue, was in den Nestern so geht», erklärt sie. «Und wenn ich da bin, putze ich selbstverständlich auch gleich den Kot weg.» Über die zwei belegten Nester freut sie sich sehr. «Es ist doch toll, wenn die Kinder den Schwalben zusehen können. Und die schimpfenden alten Leute im Quartier, die gibts überall.»

Die zuständige Gemeinderätin aus Reinach, Doris Vögeli (GLP), freut sich ebenso über den Mehlschwalbennachwuchs. «Schwalben sind ortstreu, die kann man nicht einfach umsiedeln. Und dass die ersten Nester so schnell belegt wurden, zeigt auf, dass es offenbar einen Mangel an Nistplätzen hat.» Das Vogelhaus sei nach einem ordentlichen Verfahren mit einem normalen Baugesuch, gegen das keiner der Anrainer Einsprache eingelegt hatte, gebaut worden. Abgerissen oder umplatziert werde es nicht mehr.

Brutzeit der Mehlschwalben dauert nur einen Monat

«Die Mitarbeiter des Werkhofs reinigen sowieso periodisch, circa einmal pro Woche», sagt Vögeli. «Nebst dem Littering und allem anderen, was es zu putzen gibt, macht der Vogeldreck keinen Zusatzaufwand.» Und: Der Vogeldreck der Mehlschwalben sei nicht gesundheitsschädigend, beruhigt Vögeli die Benutzer des Spielplatzes. «Und der Vogelschutz hat eine Putzequipe auf die Beine gestellt, die praktisch täglich vorbeischaut.»

Vögeli betont, dass die Mehlschwalben eine bedrohte Art seien. «Ich glaube, es wäre schlimmer, wenn sie dereinst weg wären, als dass wir hier ein wenig Vogelkot haben», meint die Politikerin. Zudem argumentiert sie, dass die Brutzeit einen Monat dauere, nur so lange belegen die Tiere die Nester. «Da muss man schon ein wenig die Relationen sehen», meint Vögeli.

Alissia (11) aus Basel und ihr kleiner Bruder spielen trotz des Dorfknatsches um das Vogelhaus gerne auf dem kleinen Spielplatz an der Leymenstrasse, wenn sie bei ihrer Grossmutter in Reinach zu Besuch sind. «Dass es mitten auf dem Spielplatz steht, ist vielleicht schon nicht so ideal», meint die Schülerin. Trotzdem fragt sie sich: «Wieso sollte man etwas gegen ein Vogelhaus haben?»

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