Marie-Killer gewinnt vor Bundesgericht – er ist nicht der erste
Immer wieder Fehler bei der lebenslangen Verwahrung

Das Bundesgericht hat in vier prominenten Fällen die lebenslange Verwahrung aufgehoben. BLICK fasst diese Fälle zusammen.
Publiziert: 07.03.2018 um 20:18 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 19:20 Uhr
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Doris Vetsch (links) und ihre Schwester Anita Chaaban lancierten die Verwahrungs-Initiative.
Foto: KEY

Au-pair-Mörder Daniel H. 

Verbrechen: Der arbeitslose Koch Daniel H.* lockte im März 2009 das Au-pair Lucie Trezzini (†16) in seine Wohnung nach Rieden bei Baden AG – dort zertrümmerte er ihr den Schädel und schlitzte ihre Kehle durch.

Urteil: Das Aargauer Obergericht im Oktober 2012 verschärft das bisherige Urteil gegen Daniel H.: Er wird lebenslänglich verwahrt! Er wehrt sich und zieht das Urteil ans Bundesgericht.

Rekurs: Die Richter in Lausanne heben im Dezember 2013 die lebenslange Verwahrung auf. Sie argumentieren mit einem Detail: Nur wer auf Lebzeit nicht therapierbar sei, könne lebenslänglich verwahrt werden. Die Psychiater beurteilten nur, ob Daniel H. in den nächsten 20 Jahren therapierbar sei.

Ivorer Dirnenmörder S. 

Verbrechen: Die Bieler Dirne Keisse (†45) wurde im Oktober 2010 mit durchgeschnittener Kehle in ihrem Salon aufgefunden. Der Mörder: der damals 32-jährige Ivorer S.*.

Urteil: Das Berner Obergericht bestätigt im September 2013 den erstinstanzlichen Richterspruch, der Ivorer kassiert eine lebenslange Verwahrung. 

Rekurs: Im Juni 2014 entschied das Bundesgericht, dass die Bedingungen für eine lebenslange Verwahrung nicht gegeben seien. Sie stützten sich auf die Experten: Sie bezeichneten S. als «sehr gefährlichen Psychopaten», sagten aber nicht, dass er lebenslänglich untherapierbar sei. 

Serien-Vergewaltiger Markus Wenger

Verbrechen: Er verging sich ab 1983 an mindestens drei Dutzend Frauen, zuletzt 2011 und 2012 – jahrelange Therapien blieben ohne Erfolg. Er gilt deshalb als einer der gefährlichsten Triebtäter der Schweiz.

Urteil: Dafür verurteilte ihn das Basler Strafgericht im Juli 2013 und später das Basler Appellationsgericht zu viereinhalb Jahren Knast. Zudem verhängte es über Wenger eine lebenslange Verwahrung. Auch Wenger legte Rekurs ein.

Rekurs: Das Bundesgericht hebt im November 2015 die lebenslange Verwahrung auf, bei Wenger jedoch mit einer anderen Begründung: Der unverbesserliche Sexualverbrecher habe die sexuelle Integrität seiner letzten beiden Opfer nicht «besonders schwer» beeinträchtigt.

Marie-Mörder Claude Dubois

Verbrechen: Die 19-jährige Pfarrerstochter Marie wird in Payerne VD im Mai 2013 in ein Auto gezerrt und entführt. In einem Wald wird sie erwürgt und getötet. Der Täter: Claude Dubois. Er hatte 1998 bereits seine Ex-Freundin vergewaltigt und danach erschossen.

Urteil: Das Kantonsgericht Waadt bestätigt im September 2016 das Urteil eines Bezirksgerichts: Dubois kassiert die lebenslängliche Höchststrafe. Er muss ins Gefängnis und bleibt verwahrt. 

Rekurs: Auch Dubois legt Rekurs ein. Und gewann gestern vor dem Bundesgericht, weil nur ein Experte den Mörder als «dauerhaft untherapierbar» einstufte. Das Gesetz verlangte jedoch zwei unabhängige Sachverständige.

Sadist Mike A. – der einzige lebenslang Verwahrte

Verbrechen: Der Huren-Killer Mike A.* tötet im August 2008 in Märstetten TG die thailändische Prostituierte Ladarat «Linda» Chitpong (†30). Zuvor wurde sie in über 15 Ortschaften gesucht – gefunden wurde ihre Leiche in einem Koffer gepackt in einem Wald. Ihr Körper war stark verwest.

Urteil: Für seine Gräueltat kassiert er vom Bezirksgericht Weinfelden 20 Jahre Haft mit anschliessender lebenslanger Verwahrung. Mike A. und sein Anwalt wehren sich, gehen in Berufung. Doch dann die Überraschung: Zwei Tage vor dem Prozess am Obergericht ziehen die sie den Rekurs zurück. Er ist jetzt der erste und einzige lebenslang Verwahrte seit der Annahme der Verwahrungsinitiative. 

* Namen der Redaktion bekannt

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