«Die Leute wollten ein lokales Bier»
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Ä-Bier aus dem Zugerland:«Die Leute wollten ein lokales Bier»

Lokaler, regionaler, raffinierter
Bierboom – Trotz Corona

Die Bier-Branche hat schwierige Monate hinter sich. Hoffnung auf Besserung ist nun aber in Sicht. Drei Hobbybrauer aus dem Zugerland zeigen, wie es geht.
Publiziert: 06.06.2021 um 17:12 Uhr
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Aktualisiert: 06.06.2021 um 17:13 Uhr
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Bierbrauen liegt im Trend: Das haben sich auch die drei Hobbybrauer Bani Bannwart, Alex und Patrick Betschart gedacht. Seit fünf Jahren brauen sie in Unterägeri ZG ihr eigenes Bier.
Foto: Siggi Bucher
Valentin Rubin

Als Nation der Biertrinker ist die Schweiz nicht gerade bekannt. Da sind uns Deutsche oder Iren weit voraus. Und doch: In der Eidgenossenschaft ist ein wahrer Bier-Boom ausgebrochen, Corona hin oder her. Nirgendwo gibt es mehr Brauereien pro Kopf. Die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) zählt mehr als 1200 Betriebe. Weltmeisterlich!

Dabei tat sich im hiesigen Biermarkt lange wenig. Erst vor 20 Jahren begann er zu schäumen. «Das hat viele Gründe», sagt Christoph Lienert vom Schweizer Brauerei-Verband (SBV). 1991 fiel das Bierkartell, der Markt öffnete sich. «Inspiriert von Mikrobrauereien in den USA, haben Bierliebhaber in der Schweiz gemerkt, dass Bier mehr als ein Durstlöscher sein kann.» Und dass es nicht viel braucht, es zu brauen.

Seit fünf Jahren brauen Alex und Patrick Betschart und ihr Kollege Bani Bannwart in Unterägeri ZG ihr eigenes Bier. «Wir sind eigentlich Informatiker und Lehrer», sagt Alex. «Aber weil wir ein konkurrenzfähiges Bier aus der Region wollten, machten wir uns selbst ans Brauen.» Ursprünglich war es nur eine lustige Idee. «Wir brauten in unserer Garage in einer kleinen 100-Liter-Pfanne. Und hatten keine Ahnung, was dabei rauskommt», meint Patrick.

Vom Hobby zu 3000 Flaschen im Monat

Das Bier war anfangs nur für den Eigengebrauch gedacht. Da die drei in der Region aber einen grossen Bekanntenkreis haben, sprach sich ihr Projekt herum. Und bald war klar: Sie haben das Brauen im Blut. Ihr Bier kam gut an. Weil der Geschmack überzeugte. «Aber auch, weil es unsere Kollegen toll fanden, ein lokales Bier zu haben», so Bani Bannwart.

Aus der 100-Liter-Pfanne und dem 20-Liter-Fässchen für die Gärung sind nun, fünf Jahre später, eine 500-Liter-Pfanne und zwei 1400-Liter-Gärtanks geworden. Vor drei Jahren zogen die Hobbybrauer aus der kleinen Garage in einen grossen Industriekeller in Unterägeri. Jährlich brauen sie dort 12'000 Liter von ihrem «Ä-Bier», 3000 Flaschen im Monat. Mit eigenem Etikett und Logo. Damit gelten sie noch als Kleinbrauerei.

Auch wenn sich in den letzten Jahren viele junge Brauer ans Werk machten, wird der Markt noch von den grossen Playern beherrscht. Christoph Lienert vom Brauerei-Verband räumt aber ein: «Wir sehen einen Trend hin zu Spezialitätenbieren und – wie in anderen Bereichen auch – eine Tendenz zum Regionalen und Lokalen. Seit 2013 nehmen die Importe ab, was die Inlandproduktion vorangetrieben hat.» Wo früher nur Feldschlösschen oder Haldengut im Angebot war, findet man heute auch mal Distelbräu, Güegi-Quell oder eben Ä-Bier aus dem Ägerital.

Der Schritt von einer Kleinbrauerei zum professionellen Betrieb hat es in sich. «Viele Klein-brauereien hören wieder auf», sagt Verbands-Vizedirektor Lienert. «Die letzten Monate waren für viele Brauereien zudem sehr schwierig.» Wegen geschlossener Gastrobetriebe fehlte ein wichtiger Absatzmarkt. Viele der kleinen Brauereien leben nebst Rampenverkauf – wenns gut kommt – von einer Handvoll lokaler Restaurants, die ihr Bier ins Angebot nehmen.

Privat wird mehr getrunken

Das Ä-Bier ist eine Ausnahme. Die drei Brauer nehmen den Direktverkauf äusserst ernst. «Die Beizenschliessungen haben uns zum Glück nicht so geschadet wie anderen», sagt Bani Bannwart. Kommt hinzu, dass der private Bierkonsum in der Schweiz 2020 um acht Prozent zunahm.

Geholfen habe auch, dass die Käserei und die Metzgerei aus dem Dorf ihr Bier ins Sortiment genommen haben. «Ausserdem sind wir auf Getränkehändler zugegangen, sodass wir unser Bier konstant unter die Leute brachten.»

Als geradezu lebensrettend hat sich das breite Netzwerk des Trios erwiesen – besonders in der Pandemie. Ob als sichere Kunden in unsicheren Zeiten oder als Helfer in der Administration: Die Freunde der drei geben ihnen eine Perspektive. Zudem beteiligen sich viele finanziell an der Brauerei. «Einige sogar mit mehreren Tausend Franken!», so Patrick Betschart.

Private Investoren sind entscheidend. Denn Bierbrauen kostet. Allein die Brauanlage fürs Ä-Bier kostete mehr als 100'000 Franken: für Gärtanks, Braukessel, Abfüllmaschine, Räumlichkeiten und mehr. Insgesamt geht die Rechnung aber auf: Über den Winter konnten die Brauer ihre Anlage sogar um- und ausbauen.

Noch ist Brauen für sie vor allem ein Hobby. Alex Betschart meint aber: «Wir wollen expandieren, damit wir künftig mehr als nur eine Biersorte anbieten. So können wir vielleicht bald etwas an unserem Bier verdienen.»

Die Branche hofft jedenfalls auf einen guten Sommer. Die vollständige Wiedereröffnung der Beizen stimmt sie zuversichtlich.

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