Kritik an Casino-Lizenzvergabe
Wie sauber ist der Milliarden-Poker?

Wer für die nächsten 20 Jahre ein Casino betreiben darf, entscheidet sich Ende Herbst. Bewerber kritisieren die mangelnde Transparenz des Verfahrens.
Publiziert: 24.09.2023 um 18:34 Uhr
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Aktualisiert: 24.09.2023 um 18:39 Uhr
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Ende Herbst wird bekannt, welche 23 Casino-Standorte eine Konzession bekommen für die nächsten 20 Jahre.
Foto: Getty Images
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Peter AeschlimannRedaktor

Mehr als eine Million Franken hat die Ace-Swiss-Gruppe schon auf den Tisch gelegt: «All in», heisst ein solcher Einsatz in der Pokersprache. Das Unternehmen, das in Mendrisio TI seit 20 Jahren eine Spielbank führt, will nach St. Gallen expandieren. 

Doch dort wird bereits gezockt – an Tischen und Automaten, die der Konkurrent Swiss Casinos unweit der Olma-Messen aufgestellt hat. Ende Herbst entscheidet sich, wer den Zuschlag für die nächsten 20 Jahre bekommt. In der Branche brodelt es.

Das hat mit dem Vergabeprozess zu tun. «Die genauen Kriterien zur Beurteilung eines Gesuchs und der Vergabe der Konzessionen sind nach unserem Kenntnisstand nicht bekannt», sagt Dominik Racic (42), Mitglied der Geschäftsleitung der Ace-Swiss-Gruppe, die in der St. Galler Shopping Arena ab 2025 ein neues Casino Admiral betreiben will.

Es handelt sich um eine Angelegenheit von grossem öffentlichem Interesse: Seit 2003 zahlten die Casinos knapp acht Milliarden Franken in öffentliche Kassen. Im letzten Jahr betrug die Spielbankenabgabe rund 400 Millionen Franken, 350 Millionen davon flossen in die AHV.

Die Eidgenössische Spielbankenkommission prüfte in den vergangenen Wochen 28 Gesuche. Aufgrund der ESBK-Empfehlung wird Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider (59) entscheiden, welche 23 Standorte eine Konzession bekommen, zwei mehr als bisher. Nicht nur in St. Gallen tobt der Wettbewerb darum. Auch in Basel, Lausanne VD und im Wallis kämpfen Betreiber um eine Bewilligung.

Das Wallis will eine zweite Spielbank

Das Prozedere sei eine «Blackbox», so der Walliser Staatsrat Christophe Darbellay (52). Der Mitte-Politiker, Ex-Präsident des Schweizer Casino Verbandes, will eine zweite Konzession für seinen Kanton, wo sich der Rouletteteller bisher nur in Crans-Montana dreht.

Zwar listet die Spielbankenkommission viele Kriterien zur Beurteilung eines Gesuchs auf. Entscheidend sind etwa die Wahl des Standorts und der Lokalität, das Spielangebot, die finanzielle Lage des Betreibers oder Massnahmen zum Schutz vor Spielsucht und exzessivem Spiel.

Das Problem: Wie stark die einzelnen Punkte ins Gewicht fallen, ist den Bewerbern nicht bekannt. Anders als etwa bei öffentlichen Ausschreibungen des Bundes ist die Gewichtung hier nicht eindeutig definiert.

Um Licht in dieses Dunkel zu bringen, wollte der Waadtländer GLP-Nationalrat François Pointet (54) mit einem parlamentarischen Vorstoss von der Regierung wissen, wie die Kriterien bei der Neuvergabe der Spielbankenkonzessionen gewichtet werden. 

Seit zwei Wochen liegt nun eine Antwort vor. Darin heisst es: «Die Themenbereiche Sozialschutz und wirtschaftliche Überlebensfähigkeit sind am höchsten gewichtet.» Weitere Ausführungen seien für den Entscheid des Bundesrats vorgesehen.

François Pointet genügt das nicht, vollständige Transparenz herrsche so kaum. Er sagt: «Dass die Regeln während des Prozederes noch angepasst werden können, finde ich sehr heikel.»

Man könne eine Vergabe von Spielbankenkonzessionen nicht mit einer öffentlichen Ausschreibung vergleichen, wehrt sich das ESBK-Sekretariat, denn sie unterliege nicht dem öffentlichen Beschaffungsrecht: «Der Bundesrat ist in diesem Fall Anbieter eines Sonderrechts für eine wirtschaftliche Tätigkeit und nicht Nachfrager für eine Leistung.»

Die Branche macht sich Gedanken

Es geht also um viel Geld. Und um noch mehr Verantwortung. Die Risiken, die mit dem Casinospiel einhergehen, verlangen eine sorgfältige Auswahl der Konzessionärinnen. Swiss-Casinos-CEO Marc Baumann sagt: «Für uns war das ganze Verfahren stets transparent und offen.» Natürlich sei die Erarbeitung der Konzessionsgesuche für alle Casinos in der Schweiz eine sehr aufwendige Arbeit. «Sie ist aber nötig und lohnend, denn sie zwingt uns dazu, uns Gedanken über unser Geschäft für die nächsten zwanzig Jahre zu machen.»

Rien ne va plus: Die Einsätze sind gemacht, doch wer den Zuschlag bekommt, ist völlig offen. Dominik Racic von der Ace-Swiss-Gruppe hofft auf ein faires und transparentes Verfahren. Das Projekt für ein Casino Admiral in St. Gallen sei bestens geeignet, die Vorgaben des Bundesrats für eine Konzession nachhaltig zu erfüllen.

Ace Swiss rechnet konservativ mit jährlichen 16,7 Millionen Franken zugunsten der AHV. Das wären 1,8 Millionen mehr als Swiss Casinos beisteuern würde. Das neue Casino böte mehr Tische, mehr Automaten und rund 50 Vollzeitstellen zusätzlich. Racic: «Wir sind überzeugt, dass der Standort Shopping Arena bestens geeignet ist, das Marktpotenzial abzuschöpfen.»
Ob das für den Jackpot reicht, wird sich in wenigen Wochen weisen.

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