Sechs Frauen haben gegen einen Reporter des Online-Magazins «Republik» anonyme Vorwürfe wegen sexueller Belästigung erhoben. Dies belegen zahlreiche Chatprotokolle, Screenshots und Nachrichten, die von Radio SRF über Monate gesammelt wurden. Im am Donnerstag in der vergangenen Woche erschienenen Podcast «SRF Medientalk» kamen die Inhalte des gesammelten Materials ans Licht. Für den betroffenen Journalisten gilt die Unschuldsvermutung.
Am Freitag veröffentlichte das Magazin online eine Stellungnahme von Geschäftsführung und Chefredaktion «im Namen der Republik». «Die Vorwürfe werden anonym erhoben, die Republik kennt die Identität der Betroffenen nicht», heisst es darin. Und: «Wir sind erschüttert.»
Brisante «See only»-Klausel
Die Republik müsse ein Ort sein, an dem alle Arbeitnehmenden sicher sind und sich entfalten können – ohne dass es zu unkollegialem Verhalten, Machtmissbrauch oder Diskriminierungen komme. «Und schon gar nicht zu sexueller Belästigung», heisst es weiter. Man stehe an der Seite der Frauen, die zu Opfern von Belästigungen und Übergriffen wurden und akzeptiere solche Angriffe nicht. Diese Angriffe würden «in frontalem Widerspruch zu den Werten, die die Republik verteidigt» stehen.
Die Führungsetage der Republik gibt ganz offen zu: «Wir haben versagt.» Es gebe vieles, was man noch nicht wisse. Auch das Beweismaterial, das dem SRF vorliegt, ist noch nicht in den Händen der «Republik»-Führungskräfte. Es folgt eine Entschuldigung an die mutmasslichen Opfer und an die Verlegerinnen. Die Person, gegen die die Vorwürfe erhoben wurden, sei für ihr Verhalten verantwortlich. «Wir alle müssen uns deshalb die Frage stellen, wie es möglich ist, dass solche Vorwürfe nun im Raum stehen, und warum es nicht verhindert wurde.»
Nun wolle man aufarbeiten, was geschehen ist. Eine Untersuchung, die von externen Spezialisten geführt wird, wird eingeleitet. Brisant: Die «Republik» erfuhr bereits am 5. Juli von den Vorwürfen, stellte die beschuldigte Person aber erst am 22. August frei. Hintergrund ist eine «See only»-Klausel, die fordert, dass die der Republik übermittelten Informationen nur einem sehr begrenzten Kreis von Personen und nicht dem Beschuldigten zugänglich gemacht werden. So wollte man den Schutz der Anklägerinnen gewährleisten.
Schon heute gebe es Indizien dafür, dass in der Sache Fehler gemacht wurden. Und zwar schon bei der Einstellung des beschuldigten Mitarbeiters. «Vieles ist falsch gelaufen bei der Republik», heisst es weiter in dem Statement. Schon damals soll sich eine Mitarbeiterin gemeldet haben, die von Vorwürfen der sexuellen Belästigung wusste. Es habe Gespräche gegeben, die letztlich zu dem Schluss geführt hätten, dass die Vorwürfe nicht belegt seien und einer Einstellung deshalb nichts im Wege stehe.
«Wir haben zu ihm aufgeschaut»
«Wir werden die Ergebnisse der Untersuchung, sobald sie vorliegen, transparent kommunizieren und die nötigen Konsequenzen ziehen», versprechen die «Republik»-Chefs abschliessend. «Wir müssen gründlich aufarbeiten, was gewesen ist, und dann die Konsequenzen ziehen. Eine fundamentale Veränderung unserer Betriebskultur wird nötig sein. Wir werden uns mit aller Kraft darum bemühen.»
Bei dem beschuldigten Mann soll es sich um einen renommierten Investigativ-Journalisten handeln. Er habe mehrere Branchen-Preise gewonnen und war hoch angesehen, heisst es im SRF-Podcast. Vor seiner Zeit bei der «Republik» arbeitete er unter anderem beim SonntagsBlick und der «Wochenzeitung (WOZ)». Der Reporter sei von jungen Journalisten sehr bewundert worden. «Wir haben zu ihm aufgeschaut», erklärt eine betroffene Frau.
«Er meinte, wir sollen zusammen koksen, und dann Sex haben – zum Herunterkommen»
Dieses Nacheifern scheint der Betroffene ausgenutzt zu haben. Angeblich hätte er öfters mit jungen Frauen geflirtet und sie nach der Arbeit auf einen Drink eingeladen. Meistens wurden Frauen zwischen 20 und 25 Jahren unter seine Fittiche genommen, heisst es in der Recherche. Die jungen Frauen wurden mit Komplimenten überhäuft: «Er sagte, ich sei sexy», hiess es zum Beispiel. Oft wurden auch anzügliche Anspielungen gemacht. «Er meinte, wir sollen zusammen koksen, und dann Sex haben – zum Herunterkommen», lautet eine weitere Aussage einer Betroffenen.
Andere ehemalige Mitarbeiterinnen berichten von Nachrichten mit expliziten Sexszenen. Diese finden sich in den Chatprotokollen, die SRF vorliegen. Die Schilderungen sollen sich ähneln. Gegen den Journalisten wurde nie Anzeige erstattet – offenbar aus Angst, wie es im Podcast heisst. Später soll es gar zu einem schweren sexuellen Übergriff gekommen sein. Diesen Vorwurf streitet der betroffene Journalist vehement ab.
«Republik» prüft interne Untersuchung
Gegenüber «Radio SRF» nimmt die «Republik» Stellung zum Fall: Die Republik sei Ende Juni von der Fachstelle für Gleichstellung der Stadt Zürich kontaktiert worden. An diese externe Fachstelle können sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Fällen von sexueller Belästigung wenden. Aus verschiedenen arbeitsrechtlichen Gründen und wegen der «See Only»-Klausel habe man den Journalisten nicht mit den Vorwürfen konfrontieren können. Allerdings erklärte die «Republik» in ihrer Medienmitteilung nicht, was genau unter dieser Klausel zu verstehen ist. Mit der Anfrage von «SRF» hätte sich die Ausgangslage jedoch geändert. Die Verantwortlichen der «Republik» hätten das Gespräch mit dem betroffenen Journalisten gesucht. Es werden nun nächste Schritte, wie eine interne Untersuchung, geprüft. Während der Dauer dieser Prüfung wurde der Journalist freigestellt.
In einem am Donnerstag verschickten Newsletter der «Republik» heisst es: «Wir werden den Fall so schnell, so sorgfältig wie möglich angehen – und dann die Konsequenzen ziehen. Wir bedauern die Situation schwer, es ist eine schlimme Situation für alle.» Die Republik räumt ein: «Als Start-up haben wir dem Thema wohl nicht genügend Raum gegeben.»
Der Journalist äusserte sich per Anwalt zu den Vorwürfen: «Ich habe erstmals durch SRF von den gegen mich erhobenen Vorwürfen erfahren. Diese liegen offenbar sehr lange zurück. Es wurde gegen mich nie ein Strafverfahren geführt.» Eine interne Untersuchung laufe und deshalb möchte sich der Journalist nicht weiter zu den Vorwürfen äussern. (ene/nad)
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