Bereits vor der Haustüre erahnt man Josef Ernis Leidenschaft: Ein kleines Alphornfigürchen steht auf einer Kommode. Drinnen in der Wohnung eines Mehrfamilienhauses die Bestätigung: Überall hängen Fotos vom Alphorn spielenden Erni, umgeben von seiner Familie oder inmitten seiner Musikgruppe. An der Wand, eingepackt in eine Hülle, lehnt ein Alphorn.
Josef Erni Senior aus Ruswil im Kanton Luzern ist 95 Jahre alt und der älteste Alphornbläser am Eidgenössischen Jodlerfest in Zug, das heute beginnt. Dabei ist Erni ein Spätberufener. Erst mit 64 bläst er das erste Mal in ein Horn. Aufgrund seines fortgeschrittenen Alters blickt er nun trotzdem auf eine über 30-jährige Alphorn-Karriere zurück. Musikalisch ist Erni «seit jung auf». 1944 tritt er in die Musik Ruswil ein und spielt 60 Jahre Flügel- und später Baritonhorn. Dann tritt er aus dem Verein. Sein Sohn Andreas fragt ihn, ob er Alphorn lernen würde, er möchte mit seinem Vater im Duett auftreten. «Mein Sohn hat mich verführt», sagt Erni und lacht.
Atmen ist das A und O
Nur ein halbes Jahr später spielen Vater und Sohn am Zentralschweizerischen Jodlerfest 1991 in Engelberg. Das Duo erhält die Note 1. «Das war der Beginn meiner Alphornreise», sagt Erni. Seither ist er jedes Jahr an einem Fest, bläst in der Alphorngruppe Dagmersellen, mit er der auch kommenden Samstag gegen 18 Uhr auftreten wird und spielt inzwischen auch in einer neuen Gruppe in seinem Heimatdorf Ruswil. Gegründet von seinem Sohn Andreas. Erni sagt mit einem Lächeln: «Dr Sohn hät mi wieder inegschleift.»
Zehn Kinder hat Erni. Fünf davon haben das musikalische Talent ihres Vaters geerbt und treten ebenfalls am Eidgenössischen an. Als Jodler und Alphornbläser. Zwei Töchter werden den 95-jährigen Vater mit dem Zug nach Zug begleiten. Dafür wird Erni sein Alphorn auf den Rücken schnallen, seinen Hut mit den vielen Jodlerfestabzeichen («Das sind nicht alle. Ich habe noch mehr!») aufsetzen und mit seiner Alphorngruppe aus Dagmersellen in den Wettbewerb ziehen.
Er ist der älteste Spieler. «In dem Alter bläst niemand mehr», sagt Erni und lacht. Und warum tut er es noch? Er habe eine gute Atemtechnik. Es gehe beim Alphornblasen nicht darum, viel Luft zu haben, sondern um die Technik. Weil er so lange Blasinstrumente spielte und ein Gefühl für Melodik habe, sei ihm das Alphorn lernen nicht schwergefallen. «Da haben andere mehr Mühe», sagt der Ruswiler. Erni spielt noch so lange, wie er Vergnügen dabei hat. Aber wenn er alleine spiele, sei er nach einem zweiten Stückli am Anschlag. Es machten sich halt schon gewisse Alterserscheinungen bemerkbar, sagt er lächelnd.
«Ich bin nicht eingeblasen»
Am liebsten spielt Erni draussen, schliesslich gehöre das Alphorn in die Natur. Dann zeigt er den Ort, wo er am liebsten spielt. Vor dem Stöckli seines Heimathofs. Er tritt hinaus auf seinen Balkon und zeigt auf einen Hügel. «Dort, rechts vom Kreuz, bin ich aufgewachsen, und war Landwirt, bis ich den Hof meinem ältesten Sohn Josef übergeben habe.» Josef Erni war das zweitälteste von 13 Kindern. Mit 51 starb der Vater, Josef war 19 und übernahm den Hof mit Milchwirtschaft und einer Schweinezucht.
Dann schultert Josef Erni Senior sein Alphorn und gibt auf einem Stück Rasen vor dem Mehrfamilienhaus eine Kostprobe. Das Lied heisse «Alphorn Ballade» und sei besonders schön in Begleitung einer Orgel. Nach ein paar Tönen bricht er ab, «ich bin nicht eingeblasen», sagt er entschuldigend. Bald schon verfärbt sich Ernis Gesicht rot und die Sonne brennt auf seinen Hut mit all den Abzeichen und die schwarze Trachtenjacke aus Samt. Erni: «Aber es gelte ja auch noch nicht ernst.»
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Mit unserer beliebten Fotobooth entstehen in der grossen Blick-Box auf dem Festgelände lustige und unvergessliche Erinnerungen an deinen Besuch am diesjährigen Jodlerfest in Zug.
Blick-Box zentral auf Festgelände
Die Blick-Box befindet sich inmitten der Festzelte im Teil «Schützenmatt» direkt am Ufer des Zugersees. Selbstverständlich kannst du dir dort auch jeden Tag die neue Blick-Ausgabe mit exklusiven Inhalten über das Jodlerfest abholen.
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