Pius F.* (20) hätte die Schweizer Freiheitstrychler in Österreich bekannt machen sollen. Stattdessen verging er sich im Nachbarland an Kindern (Blick berichtete). Der Innerschweizer hat gestanden, Buben im Alter zwischen zehn und zwölf Jahren angesprochen und mit Geschenken zu sexuellen Handlungen überredet zu haben. Das Gericht ging von mehr als zehn Opfern aus. 2021 missbrauchte F. einen Zwölfjährigen schwer, habe ihn «in besonderer Weise erniedrigt», wie der «Tages Anzeiger» aus der Anklage zitiert. Und er habe dem Buben gedroht, intime Videos und Fotos zu veröffentlichen, sollte der nicht in weitere Übergriffe einwilligen.
Ins Gefängnis muss F. nicht, weil er schuldunfähig ist. Er leidet gemäss Gutachten an Schizophrenie und hat sich bereit erklärt zu einer Therapie mit einer Depotspritze, wie lokale Gerichtsberichterstatter berichten.
Gibt es noch weitere Opfer des Trychlers?
Der Schlusssatz im Prozessbericht des Portals Meinbezirk.at lässt aufhorchen: Auch in Deutschland und der Schweiz werde wegen gleicher Delikte gegen den Schweizer ermittelt, heisst es. Gibt es noch weitere Opfer des Trychlers?
Bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Obwalden, wo F. zuletzt wohnte, bestätigt man, dass die österreichischen Behörden dem Bundesamt für Justiz Akten zum Fall Pius F. weitergeleitet haben. Die landeten dann bei der Staatsanwaltschaft Obwalden. Was sich in den Dokumenten befindet, bleibt unklar. Gut möglich, dass auch Videos und Fotos, die F. bei seinen Taten erstellte, mit dabei sind.
Fest steht: Die Schweizer Behörden machen sich daran, das Material zu analysieren. «Die Akten gilt es vorerst zu sichten», heisst es von der Staatsanwaltschaft. Und: «Ob ein Strafverfahren eingeleitet wird und wer dieses gegebenenfalls führen wird, wird sich zeigen.» Beim Bundesamt für Justiz bestätigt man, dass die österreichischen Behörden auf die Schweizer Kollegen zugegangen sind – Details werden keine genannt.
Pius F. befindet sich bereits wieder in der Heimat, wohnt bei seinen Eltern. Er meldet sich mehrfach telefonisch und per Mail bei der Blick-Redaktion. Auf die Presseberichte aus Österreich angesprochen, nach denen es auch in der Schweiz Opfer geben könnte, sagt er: «Das stimmt nicht. In der Schweiz liegt nichts gegen mich vor.» Allerdings: Er habe an seine Taten in Österreich keinerlei Erinnerungen. Trotzdem ziehe er nicht in Zweifel, was seine Opfer ausgesagt haben. «Es tut mir sehr leid.» Und: «Die Medikamente tun mir gut.»
«Unverantwortlich, dass er auf freiem Fuss ist»
Dass F. auf freiem Fuss ist, kommt bei einigen Politikern in der Region nicht gut an. Fraktionspräsident SVP Obwalden, Ivo Herzog, sagt: «Es ist unverantwortlich, dass er auf freiem Fuss ist. Er sollte sich in einer geschlossenen Anstalt befinden.» Und: «In solchen Fällen sollte Nulltoleranz gelten. Ich bin selbst Vater eines zehnjährigen Jungen. Es löst in mir ein nachdenkliches und unbehagliches Gefühl aus.» Fazit: «Ich verwende den Begriff Kuscheljustiz nicht gerne. Aber dieser Fall hier ist definitiv ein Kuscheljustiz-Fall.»
Jérôme Endrass, der stellvertretende Amtsleiter des Justizvollzugs im Kanton Zürich, sagt allgemein zur Rückfallgefahr: «Bei einer ausgeprägten pädophilen Grunddisposition kann eine Therapie helfen, rückfallfrei zu bleiben. Es ist allerdings nicht möglich, die pädophile Neigung mit einer Psychotherapie wegzukriegen.» Besonders bei sehr jungen Straftätern, wie Pius F. einer ist, müsse zudem die psychische Entwicklung betrachtet werden.
* Name geändert