Inklusives Onlinedating
Wann in der Liebe ist es schon nicht kompliziert?

Eine inklusive Partnerbörse – so könnte man deindate.ch beschreiben. Für Melanie und Pascal war es der Beginn einer Liebesgeschichte. So viel Glück haben nicht alle.
Publiziert: 01:03 Uhr
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Aktualisiert: 09:51 Uhr
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Für ihr Treffen mit Pascal ist Melanie extra mit dem Rollkoffer nach Zürich gereist.
Foto: Linda Käsbohrer

Darum gehts

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Asiatische Touristen machen Selfies mit den Enten, ein Hauch von Cannabis liegt in der Luft – auf der Rentenwiese am Zürichsee ist der Winter höchstens noch ferne Erinnerung. Frühlingsgefühle gibt es auch bei Pascal (37) und Melanie (29). Für das Wochenende bei Pascal ist Melanie mit dem Rollkoffer aus Solothurn angereist, am nächsten Tag wollen sie Pingpong spielen und Komödien schauen.

Kennengelernt hat sich das Pärchen Ende 2024 auf deindate.ch. Für Melanie war es die erste Berührung mit Onlinedating. «Ich hatte nur einen Match, und das war Pascal», sagt sie. Es funkte bereits, als sie begannen, einander zu schreiben. «Meine Mutter merkte gleich, dass ich verknallt bin. Ich ging ständig zum Computer, um zu schauen, ob eine Nachricht von ihm da ist.» Die Wochenenden kann sie zurzeit fast nicht erwarten. «Manchmal muss ich ein wenig runterfahren, geduldig sein. Aber das ist nicht meine Stärke.» Einmal sei sie am Sonntag, kaum in Solothurn angekommen, fast wieder zurück nach Zürich gefahren.

Romantik mit besonderen Bedürfnissen

Auf den ersten Blick unterscheidet sich deindate.ch kaum von anderen Datingplattformen – man lädt Fotos hoch, vergibt Herzen und bei erfolgtem Match kann man potenzielle Partner anschreiben. Besonders sind aber die Bedürfnisse der Benutzer; anmelden darf man sich nur mit kognitiver Beeinträchtigung, von Down-Syndrom über Autismus bis hin zu stark oder schwach ausgeprägten Lernschwächen.

Andere Datingangebote für Beeinträchtigte gibt es zwar, diese bestehen aber zumeist aus geführten Partnervermittlungen. «Ich wollte einen geschützten Rahmen schaffen, in dem zugleich selbstbestimmt gedatet werden kann», so Madeleine Zehnder (38), Winterthurer Sozialpädagogin und ehrenamtliche Betreiberin der Plattform. Das Angebot zieht, über 150 aktive User zählt Deindate momentan; die meisten sind zwischen 20 und 30, der älteste 78 Jahre alt. Etwa 30 Paare haben sich über ihr Portal seit dem Start vor zwei Jahren gefunden, schätzt Zehnder.

Datingtipps und Frustration

Die Idee für Deindate kam Zehnder, als sie junge Beeinträchtigte auf Discobesuchen begleitete. «Ich sah sie miteinander auf der Bühne abgehen und sogar knutschen, aber zu längerfristigen Kontaktaufnahmen kam es selten.» Lange habe ein gewisses Stigma existiert, was das Thema Intimität bei Beeinträchtigten betreffe, sagt Zehnder. «Sie wurden entweder infantilisiert oder als mögliche Triebtäter wahrgenommen.» Erst seit kurzem finde öffentlich ein Umdenken statt, erkennbar etwa am Erfolg von «Love on the Spectrum», einer Datingshow für Autisten auf Netflix.

Bei Neuanmeldungen führt Zehnder im Normalfall ein Telefonat durch, um sicherzustellen, dass niemand die Plattform nur auszunutzen versucht. Unter «Fragen an Madeleine» können die Benutzer jederzeit Kontakt zu ihr aufnehmen. «Bei Misserfolgen muss ich häufig trösten», sagt sie. Auch Datingtipps vergibt sie regelmässig, etwa dass man dem anderen Fragen stellen soll, statt einfach nur «Hoi, du bist hübsch» zu schreiben.

Gerade bei männlichen Usern lässt sich die Frustration aber nicht völlig aus der Welt schaffen. Ähnlich wie bei Tinder machen Frauen auch bei Deindate nur etwa ein Viertel der Benutzer aus. Dies könnte zum einen daran liegen, dass beeinträchtigte Frauen häufig nach nicht beeinträchtigten Partnern suchten, zum anderen daran, dass sie mit Männern häufig schon sehr schlechte Erfahrungen gemacht hätten, vermutet Zehnder.

Liebe auf den ersten Match

Auf der Rentenwiese planen Melanie und Pascal derweil ihre Zukunft. Melanie hat neben ADHS auch ein körperliches Gebrechen, sie arbeitet deswegen in einer geschützten Werkstatt. Trotzdem möchte sie, dass Pascal ihr das Tanzen beibringt. Bald will das Pärchen seine Ferien testweise gemeinsam verbringen, später könnten Städtereisen folgen. Das sei eben das Schöne daran, einen Freund zu haben, sagt Melanie: «Dass man diese Sachen zusammen erleben kann.»

Pascal ist beim Reden zurückhaltender, das Pfeifen eines Hundebesitzers lenkt ihn sichtlich ab. Vor einigen Jahren durchlebte er eine toxische Beziehung, fand dann aber zum Glauben und versucht seitdem, positiv auf das Leben anderer einzuwirken. «Melanie nimmt mich so, wie ich bin», sagt er. Zeit für die Beziehung zu finden, fällt ihm nicht immer leicht. Bei der Stiftung Züriwerk arbeitet Pascal Vollzeit, daneben tanzt er, spielt mehrfach pro Woche Fussball und zockt Videospiele. Für Melanie findet er aber Kompromisse: «Mit der einen Hand halte ich den Controller, mit der anderen kuschle ich mit ihr», sagt er lachend.

Es ist nicht einfach

So viel Glück wie Pascal und Melanie haben nicht alle. Noch auf der Suche befindet sich etwa Sara (30). Das Gespräch mit SonntagsBlick findet im Kulturlokal des Insieme-Vereins Zürich statt, dem schweizweit grössten Anbieter von Freizeitangeboten für Beeinträchtigte. Hier rappt die Spanierin mit ADHS in ihrer Freizeit oder macht an Partys den DJ. Was Verliebtsein für sie bedeute? «Man ist sehr nervös. Es fällt schwer, sich zu konzentrieren, weil man immer nur an den anderen denkt.»

Sara findet: «Jeder Mensch verdient eine Chance auf Liebe.» Im Allgemeinen wünscht sie sich mehr gesellschaftliche Integration: «Wir leben schon ein bisschen getrennt von allen anderen, als gäbe es da eine Wand.» Beeinträchtigte würden oft unterschätzt, erzählt sie. «Dabei können wir viel mehr, als die Leute denken.»

Ebenfalls bei Insieme ist Patrik (29) anzutreffen. In Beziehungen findet er es wichtig, dass man miteinander kuscheln und körperlich intim werden kann sowie dass sich beide wohlfühlen. Frauen zu finden, die sich längerfristig binden wollen, sei nicht einfach, sagt er. Durch die Handys werde es zudem immer schwieriger, miteinander ins Gespräch zu kommen, dies betreffe aber alle. «Egal ob mit oder ohne Beeinträchtigung: In der heutigen Zeit ist es total kompliziert geworden, eine Partnerin zu finden.»

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