«Der Massenmörder gehört öffentlich hingerichtet.» Nachrichten wie diese, die sich in diesem Fall gegen Gesundheitsminister Alain Berset richten, kursieren in Gruppenchats von Corona-Skeptikern.
Seit Anfang Pandemie wird der Nachrichtendienst Telegram rege von ihnen genutzt – hier tauschen sie Meinungen aus und organisieren Demonstrationen.
Einige unter ihnen haben sich jedoch massiv radikalisiert: Sie verbreiten Hass, rufen zu Gewalt auf oder drohen zumindest damit. Zusammen mit SRF Data hat die «SRF Rundschau» über 90 Gruppenchats analysiert. Dabei haben sie Tausende Gewaltaufrufe gefunden.
«Ich hatte Angst»
SRF-Journalistin Helena Schmid recherchierte für den Rundschau-Beitrag, der am 9. Februar ausgestrahlt wurde. Sie machte Telegram-Nutzer ausfindig, die solche Hassnachrichten verfassen und fühlte ihnen auf den Zahn.
Mit bedrohlichen Konsequenzen: Kurz nachdem Schmid mit einem Massnahmen-Gegner sprach, geriet sie ins Visier der Skeptiker. «Mein Name, meine Handynummer und falsche Informationen zu meiner Person wurden in sämtlichen Massnahmen-Gegner-Gruppenchats geteilt», sagt Helena Schmid gegenüber Blick.
Der absolute Horror. «Ich hatte Angst, weil ich nicht wusste, was jetzt mit meiner Telefonnummer und meinen Angaben passieren würde», berichtet sie weiter.
Als «Nazi-Fo***» beleidigt
In den kommenden Tagen folgten unzählige Anrufe von Massnahmen-Gegnern. «Ich erhielt sicher zehn bis zwanzig Anrufe. Einer rief mich mitten in der Nacht an», so die ehemalige Blick-Journalistin. Dabei warf der Anrufer der jungen Frau vor, dass sie Framing-Journalismus betreibe. In einem anderen Telefonat wurde ihr damit gedroht, dass «Gott straft».
In den Telegram-Kanälen muss sie sich zudem fiese Beleidigungen anhören. So wird die Journalistin beispielsweise als «Nazi-Fo***» bezeichnet. Über die Beschimpfungen konnte Schmid hinwegsehen, die Anrufe wurden jedoch zur Belastung: «Ich war schon ziemlich schockiert. Die Anrufe bereiteten mir schlaflose Nächte.»
Adresse sperren lassen
Kurze Zeit später wird Helena Schmid aus allen Telegram-Gruppen rausgeschmissen. Bevor noch mehr persönliche Angaben von ihr veröffentlicht werden, lässt die Journalistin ihre Wohnadresse auf sämtlichen Seiten im Internet sperren. «Ich wollte mich schützen – so gut wie es zu diesem Zeitpunkt noch ging.»
Mittlerweile ist der ganze Spuk vorbei. Der Schreck sitzt ihr aber noch in den Knochen. (dzc)