Schweizer und Deutsche wandern aus
Impfskeptiker machen sich in Paraguay breit

Corona-Skeptiker aus der Schweiz, Deutschland und Österreich ergreifen die Flucht. Dort gründeten sie in einem armen Dorf in Paraguay eine Kommune – und verbreiten von dort ihre Verschwörungstheorien. Dabei hat das Land seine Grenzen für Ungeimpfte längst dicht gemacht.
Publiziert: 04.02.2022 um 12:53 Uhr
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Aktualisiert: 04.02.2022 um 15:26 Uhr
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Corona-Skeptiker flüchten nach Paraguay und leben dort in einer eigenen Kommune.
Foto: Screenshot Instagram paraiso_verde_py

Sie haben die Schnauze voll und wandern aus. Immer mehr Corona-Skeptiker aus der Schweiz, Deutschland und Österreich flüchten nach Paraguay. Sie glauben, dass sie dort ein besseres Leben finden. Ohne Massnahmen, dafür mit vielen Freiheiten. Dafür haben sich Gleichgesinnte zusammengefunden und sogar eine eigene kleine Kommune aufgebaut. Abseits der «sozialistischen Trends der derzeitigen ökonomischen und politischen Situation auf der Welt», wie sie über sich selber schreiben, wie «Stern.de» berichtet.

Klingt erstmal gut aus Sicht der Corona-Flüchtlinge. Allerdings hat auch Paraguay Massnahmen gegen Corona erlassen. Und eine davon sperrt die Skeptiker aus.

Das Land hat die Einreiseregeln verschärft. Seit der vergangenen Woche müssen Menschen bei der Einreise nach Paraguay eine Impfung mit mindestens zwei Dosen nachweisen. Ungeimpfte dürfen nicht mehr rein. Dies macht nun den Verschwörungstheoretikern, die sich ins südamerikanische Paradies absetzen wollten, einen Strich durch die Rechnung. Einige deutsche Staatsbürger wurden bereits an der Einreise gehindert, wie das deutsche Nachrichtenmagazin berichtet.

3000 Menschen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz

Die Kommune der Corona-Skeptiker befindet sich in einer der ärmsten Regionen Paraguays. Etwa zwölf Kilometer von der Kleinstadt Caazapá entfernt haben sich rund 3000 Migranten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz mit dem «El Paraiso Verde» – dem grünen Paradies – ihr eigenes Reich erschaffen.

Abgeschottet in ihrem 1600 Hektar grossen, eingezäunten Gelände retten sie sich vor «5G-Strahlen, Chemtrails, fluoridiertem Grundwasser und der Impfpflicht». Besucher werden von Wachen mit Schusswaffen empfangen.

Die Pandemie sei «eine grosse Lüge»

Die Gründer des «El Paraiso» Sylvia und Erwin Annau bezeichnen sich offiziell als Querdenker. Auf ihrem Youtube-Kanal verbreiten sie Falschinformationen und Verschwörungstheorien. Die Pandemie, die bis heute weltweit 5,5 Millionen Tote verursacht hat, bezeichnen sie als grosse Lüge. Trotz bestehender Massnahmen in Paraguay, bezeichnen die Skeptiker das Land als «regelfreie» Zone und missachten dementsprechend die geltenden Massnahmen.

Bei den Einheimischen stösst die Ankunft der Neuankömmlinge auf wenig Begeisterung. Denn die arme Region litt nicht zu knapp unter den Folgen der Corona-Pandemie. 560'000 Menschen erkrankten, mehr als 17'000 starben. Bis heute gehört Paraguay zu den Ländern mit niedrigster Impfquote. Dementsprechend erlebt das Land aktuell einen starken Anstieg der Fallzahlen durch die rasante Verbreitung der Omikron-Variante.

Einwanderungstrend in ganz Paraguay

Sage und schreibe 20'000 Deutsche sollen im grünen Paradies leben. Auf ihrer Webseite sowie in Telegram-Gruppen wird auch fleissig für das Leben abseits der Coronapolitik, sprich abseits des Virus und der Impfung, geworben. Und: Der Lockruf scheint zu wirken. Seit Beginn der Pandemie zieht es immer mehr Auswanderer in die Kommune.

Auch in anderen Städten Südamerikas machen sich deutsche Einwanderer breit. So verzeichnet auch das deutschsprachige Dorf Hohenau in Paraguay einen massiven Zuwachs an Einwanderer. In der Hauptstadt Asunción werden gar seit Monaten einige Hotels praktisch nur von Deutschen besetzt.

Während das ländliche Caazapá 2017 nur vier neue deutsche Mitbürger zählte, waren es im vergangenen Jahr nach offiziellen Zahlen über 100.

Skeptiker pflegen Kontakte zur Regierung

Ob durch die verschärften Massnahmen der Einfluss der Kommune geschmälert wird, ist fraglich. Die Gruppe pflegt einen regen Austausch mit lokalen und nationalen Regierungsvertreter. Auch mit Angestellten des Gesundheitsministeriums sei man in Kontakt, um sich gegen die derzeitigen Einschränkungen stark zu machen.

Gladys Rojas, dem ehemaligen Präsidenten von Caazapá, zufolge, besitzt «El Paraiso Verde» mittlerweile einflussreiche Kontakte.(dzc)

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