Auf einen Blick
- Meteo Schweiz deaktiviert Kommentarfunktion wegen zunehmender Aggressivität und Negativität
- Verschwörungstheorien und persönliche Beleidigungen nehmen in Kommentaren zu
- 30'000 Kommentare in zwei Jahren, davon 8000 nicht veröffentlicht
Nebel, Regen, Sonne: Eigentlich ist das Thema Wetter harmlos. Doch regelmässig ziehen dunkle Wolken beim Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie auf. Konkret geht es um den Blog, den Meteo Schweiz seit 2014 betreibt und dort regelmässig über das Wetter, Phänomene und den Klimawandel informiert. Manchmal gibt es sogar Einblicke hinter die Kulissen des Bundesamtes. Bisher gab es auch die Funktion, die jeweiligen Beiträge zu kommentieren.
Doch Ende November ist Schluss damit. Am 30. November wird die Kommentarfunktion deaktiviert. Der Grund: zu viel Hass! «Leider stellen wir fest, dass die Tonalität der Kommentare insbesondere über die letzten fünf Jahre aggressiver und negativer geworden ist», schreibt Meteo Schweiz in einer Mitteilung dazu.
Wenig Leute, viel Geschimpfe
Bis 2020 ging es vernünftig zu in den Kommentaren. «Häufig tauschte man sich über spezifische Sachthemen aus. Heute wird die Kommentarfunktion leider zunehmend dazu benutzt, Verschwörungstheorien, Hass und Intoleranz zu verbreiten, oder die Kommentare haben keinen Bezug mehr zum Thema des jeweiligen Blogs», so das Bundesamt weiter.
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Dabei ist es nur ein kleiner Teil der Leserschaft, der überhaupt einen Kommentar schreibt. Nur 15 Prozent der Leser werden aktiv, wie eine Studie der Hochschule für Wirtschaft Zürich im Auftrag von Meteo Schweiz ergab. Heisst: wenig Leute, viel Geschimpfe – und wie. Häufig würden die Mitarbeiter sogar persönlich beleidigt.
«Hört mit den verdammten Chemtrails auf»
«Emotionale Aussagen gehören zum Wetter, aber nicht, wenn es vor allem Beleidigungen sind. Zudem betreffen die Beleidigungen und Anschuldigungen nicht immer Wetterthemen, sondern auch Themen zum Klimawandel oder zu den Messsystemen. Wir können die Emotionalität nachvollziehen, aber es handelt sich dabei nicht um einzelne Kommentare ein paarmal pro Woche, sondern um tägliche Beleidigungen und Drohungen», sagt Barbara Galliker, Leiterin Kommunikation bei Meteo Schweiz, zu Blick. Das belaste die Mitarbeiter. Wie schlimm es dabei zugeht, verrät Galliker anhand von drei Beispielen:
- «Guten Tag. Wieso schreiben Sie ‹Europäerinnen und Europäer› (Gendergaga) – Bürgerkrieg aber wie eh und je? Woher kommt dieser Gender-Kniefall? Hören Sie auf damit. Besten Dank im Voraus.»
- «Ihr könnt nicht mal korrekte Prognosen erstellen, wie wollt ihr das Klima voraussagen?»
- «Angstmacherei! Hört mit den verdammten Chemtrails, Geoengineerings und Haarp-Systemen auf! Irgendwann fliegt ihr gekauften Vollpfosten auf!»
Der Begriff Chemtrail setzt sich aus den englischen Worten «Chemicals» (Chemikalien) und «Contrails» (Kondensstreifen) zusammen. Seit den 1990er-Jahren wird die Verschwörungstheorie verbreitet, dass die Kondensstreifen am Himmel dazu eingesetzt werden, um das Wetter zu beeinflussen oder gar die Menschen zu vergiften.
Tatsächlich bestehen Kondensstreifen aus Wasserdampf und Abgasen.
Bund will trotzdem Dialog fördern
In den letzten zwei Jahren kamen über 30'000 Kommentare zusammen. Davon konnten rund 8000 nicht veröffentlicht werden. Allein diese Arbeit ist mühsam, kostet Zeit und Geld. «Wie alle anderen Bundesämter ist auch Meteo Schweiz von Querschnittskürzungen betroffen und muss in den nächsten Jahren Sparvorgaben des Bundes umsetzen. Die Ressourcen von Meteo Schweiz werden also kleiner.» Die Folge: Die Kommentare werden ganz abgeschafft.
Es sei zwar ein schwerer Schritt, die Kommunikation einzustellen, gleichzeitig arbeite man daran, weiter in den Dialog mit der Bevölkerung zu treten. Wer sich an das Bundesamt wenden möchte, mit einer Frage oder sonstigen Anliegen, könne das gerne auf X, Instagram oder Linkedin tun. «Wir danken allen herzlich, die in den vergangenen Jahren interessiert waren, wertvolle Kommentare geschrieben haben und sich rege und konstruktiv an der Diskussion beteiligt haben.»