Melanie Dellenbach (38) hat ein einnehmendes Lächeln, ein Faible für die Farbe Blau – und eine Mission: Sie will eine neue Kultur von Körperrespekt etablieren. Mit ihrem Verein Body Respect setzt sich die Mutter einer Tochter für die Gleichstellung dicker Menschen und für deren Sichtbarkeit in der Schweiz ein.
Vor einem Jahr rief die Bernerin den Verein ins Leben, heute Sonntag findet hierzulande der erste Body Respect Day statt. Jeweils am 13. März soll das Thema Körperrespekt von nun an eine besondere Aufmerksamkeit erhalten. In diesem Jahr stehen digitale Workshops und Gespräche mit Expertinnen auf dem Programm.
Body Respect Schweiz ist hierzulande der erste Verein, der dicken Menschen eine Stimme und Raum für Selbstermächtigung gibt. Etwas, das Dellenbach selbst in ihrer Jugend gefehlt hat. «Damals waren die einzigen Bilder, die Menschen wie mich in der Öffentlichkeit zeigten, Vorher-Bilder: Bilder von Personen, die man verändern, dünn machen will. Ich sah mich nie einfach als Mensch repräsentiert», sagt sie.
Das hatte Folgen: «Ich dachte immer, mein Leben wird erst dann richtig anfangen, wenn ich weniger wiege.» Sie habe sich vieles verwehrt, wie viele andere dicke Menschen auch – den Tanzkurs, das Online-Dating, den Besuch in der Badi. Häufig ist der Ausschluss dicker Menschen aus der Gesellschaft – früher wie heute – aber auch strukturell bedingt. Etwa, wenn es keine passenden Stühle gibt. «Wir haben oft wortwörtlich keinen Platz – nicht in Lokalen, Zügen oder Hörsälen», sagt Dellenbach.
Blicke und Vorurteile
Hinzu kommen abwertende Blicke, ebenso wie Vorurteile, denen dicke Menschen oft ausgesetzt sind: Faul und ungesund seien sie. «Dabei kann man vom Aussehen einer Person gar nicht auf ihr Gesundheitsverhalten schliessen – und es geht auch niemanden etwas an», sagt Dellenbach, die lange als diplomierte Pflegefachfrau gearbeitet hat.
Oft sei das Argument der Gesundheit nur eine weitere Gelegenheit, Dickenfeindlichkeit zu äussern. «Wären die Leute wirklich an unserer Gesundheit interessiert, müssten sie vor allem die massive Diskriminierung dicker Menschen im Gesundheitssystem bekämpfen.» Viel zum Positiven verändern würde sich auch, wenn alle Menschen ungestört ein Stück Kuchen essen könnten, ohne blöde Sprüche oder vermeintlich gute Ratschläge «an den Kopf geworfen zu bekommen». Die Diskriminierung sei es, die krank mache – körperlich und seelisch.
Die Respektierung aller Körper würde nicht nur dicken Menschen die Teilnahme an der Gesellschaft erleichtern, sondern allen guttun, davon ist Melanie Dellenbach überzeugt. Schliesslich litten die meisten Menschen unter Schönheitswahn und Diätkultur.
Aber wie sollen wir zu einer neuen, respektvollen Körperkultur gelangen? «Ein Anfang wäre es, damit aufzuhören, negativ über andere und den eigenen Körper zu reden», sagt Dellenbach. «Und genau das machen wir jetzt – endlich.»