Bündner Behörden ignorierten Bergsturz-Warnungen
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Katastrophe von Bondo GR:Bündner Behörden ignorierten Bergsturz-Warnungen

Hätte die Katastrophe von Bondo GR verhindert werden können?
Bündner Behörden ignorierten Bergsturz-Warnungen

Im Sommer Jährt sich die Bergsturz-Katastrophe von Bondo GR zum vierten Mal. Ein Bericht des «Beobachters» zeigt nun: Die Behörden waren vor dem Unglück gewarnt.
Publiziert: 26.04.2021 um 13:53 Uhr
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Aktualisiert: 26.04.2021 um 13:55 Uhr
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Der Piz Cengalo am 12. September: Rund 200'000 bis 500'000 Kubik Fels sollen sich gelöst haben.
Foto: Keystone

Der Morgen vom 23. August 2017 sollte das Leben im Bergell für immer verändern. Drei Millionen Kubikmeter Gestein lösten sich gegen 9.30 Uhr am Piz Cengalo und donnerten in die Tiefe Richtung Tal.

Im Bündner Ort Bondo sorgte das Naturereignis für grosse Verwüstungen. Zudem kamen acht Alpinisten ums Leben, die sich zum Zeitpunkt des Unglücks im Gebirge aufgehalten hatten. Recherchen des «Beobachters» zeigen nun: Die Behörden waren gewarnt. Doch sie ignorierten Hinweise auf eine bevorstehende Katastrophe.

Experte forderte Schliessung des Tals – vergebens

Schon früh hatten Messungen am Piz Cengalo gezeigt, dass es am Berg bereits zu grossen Gesteinsverschiebungen gekommen war. Für den zuständigen Geologen war darum klar: Das Bondasca-Tal muss gesperrt werden. Und die Forderungen des Experten gingen noch weiter. Wie der «Beobachter» schreibt, wurde dem Bündner Amt für Wald und Naturgefahren empfohlen, den Berg permanent zu überwachen.

Die Behörden aber entschieden anders. Nach einer eigenen Überprüfung vor Ort wurde auf eine Radarüberwachung verzichtet. Und auch der Gemeinde Bondo wurde empfohlen, das Tal bis auf Weiteres offen zu lassen.

Allerdings hatte der zuständige Krisenstab der Gemeinde gar nie alle Informationen erhalten, die einen solchen Entscheid hätten beeinflussen können. Gegenüber der Staatsanwaltschaft erklärt die damalige Gemeindepräsidentin Anna Giacometti, dass sie erst ein halbes Jahr nach dem fatalen Bergsturz von der Mail mit den Warnungen des Geologen erfahren habe.

Rüffel für Bündner Justiz

Trotz der Einschätzungen des externen Geologen war für die Bündner Justiz klar, dass der Bergsturz am Piz Cengalo nicht vorhersehbar gewesen war. 2019 wurde die Untersuchung dazu eingestellt. Allerdings machte das Bundesgericht die Einstellungsverfügung diesen Februar wieder rückgängig und verlangte eine «vertiefte Auseinandersetzung mit der Ausstandsproblematik».

Und die Kritik am Bündner Verfahren geht noch weiter: Bei ihrer Beurteilung soll sich die Staatsanwaltschaft vor allem auf einen Bericht des Amts für Wald und Naturgefahren berufen. Laut Bundesgericht wirkten dort aber ausgerechnet mehrere Personen mit, «die als Beschuldigte im vorliegenden Verfahren in Frage kommen».

Ob die Bündner Staatsanwaltschaft nun ein externes Gutachten in Auftrag geben wird, will diese noch nicht sagen. Man habe die Akten des Bundesgerichts noch nicht zurückerhalten, sagt sie zum «Beobachter». (cat)


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