Duschzwang für Orthodoxe, keine Schlitten für Juden – und keine Lösung in Sicht
Immer wieder Bündnerland

Eine Davoser Bergstation sorgt für Aufruhr, weil sie keine Schlitten mehr an jüdische Gäste vermietet. Nicht der erste Fall im Bündnerland – eine Übersicht.
Publiziert: 12.02.2024 um 13:35 Uhr
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Aktualisiert: 12.02.2024 um 14:56 Uhr
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Bei den Duschen im Aroser Appartementhaus Paradies sorgte 2017 ein Plakat für Entsetzen.
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Jessica von DuehrenCo-Ressortleiterin Desk/Teamlead News

Orthodoxe jüdische Feriengäste und die Bündner: Ein Konflikt, der seit Jahren schwelt. «Es brodelt», brachte Tourismus-CEO Reto Branschi (64) die Situation in Davos GR im vergangenen Herbst in einem Interview mit der «Davoser Zeitung» auf den Punkt. 

Nun ist die Gemeinde erneut in die Schlagzeilen geraten. Die Bergstation Pischa in Davos GR vermietet keine Schlitten und Ski mehr an Juden. Das steht auf einem Aushang, den der Zürcher Gemeinderat Jehuda Spielman am Sonntag auf X postete. Als Grund werden «verschiedene ärgerliche Vorfälle» angegeben.

Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) ist ausser sich: «Dass so ein Schreiben auf einem Schweizer Berg öffentlich aufgehängt wird, ist erschreckend», sagt Generalsekretär Jonathan Kreutner zu «20 Minuten». Tatsächlich ist der aktuelle Vorfall nicht der erste seiner Art im Bündnerland.

Hotel schickt Juden unter die Dusche

2017 sorgt ein Aushang im Appartementhaus Paradies in Arosa für Aufruhr. Darauf steht: «An unsere jüdischen Gäste: Bitte duschen Sie vor und nach dem Schwimmen in unserem Schwimmbad. Tun Sie das nicht, bin ich gezwungen, das Schwimmbad für Sie zu schliessen.» Sogar israelische Medien berichten damals über das Plakat, das schreckliche Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg hervorrief. Während der Nazi-Zeit wurden Juden in Konzentrationslagern in Duschkammern geschickt. Statt Wasser strömte Giftgas aus den Brausen – sechs Millionen Juden wurden getötet. 

Davoser stänkern gegen Juden-Prozession

2000 Juden feiern im August 2019 in Davos eine Thora-Einweihung. Dass sie während der Zeremonie eine Hauptstrasse versperren, sorgt bei einigen Einheimischen für Unmut. Landrat Conrad Stiffler (SVP) stellt Aufnahmen der Prozession auf Facebook, schreibt dazu: «Jetzt sind wir so weit. Unglaublich.» Unter dem Post häufen sich üble Kommentare wie «Wir sind doch nicht in Israel. Wir sind in der Schweiz» oder «Unsere Heimat ist verloren». Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund bezeichnet die Kommentare als «unter der Gürtellinie, verletzend und geschmacklos» – Stiffler selbst will sich später nicht mehr zu seinem Facebook-Post äussern. «Es hat schon viel zu viel Staub aufgewirbelt», sagt er zu Blick.

Ferienhaus-Vermieter wollen keine orthodoxen Juden als Gäste

Channah Feldinger will im letzten Sommer ein Familientreffen im Bündnerland organisieren. Auf ihre Buchungsanfrage für ein Gruppenhaus in Parpan GR erhält sie folgende Antwort per Mail: «Leider erfüllen unsere Häuser nicht die Anforderungen von streng jüdisch-orthodoxen Gruppen und ‹Abigruppen›. Da wir niemanden in der Ausübung seines/ihres Glaubens hindern möchten sowie aufgrund unserer Erfahrungen im Umgang mit unseren Häusern (Schäden und Beschwerden), können wir euch leider kein Mietangebot machen.» Gegenüber Blick bestätigt die zuständige Firma den Fall und begründet die Absage mit negativen Erfahrungen aus der Vergangenheit: «Die Schäden sind oftmals dermassen, dass wir diese nicht für die Folgegruppe beheben können und somit der Folgegruppe nicht die gebuchte Qualität gewährleisten können.» Die Familie ist entsetzt, bezeichnet die Absage als «klar rassistisch».

Keine Lösung in Sicht

2019 sollte das SIG-Projekt «Likrat Public» die Situation entspannen. Hierzu kamen Vermittler nach Davos, die zwischen Hoteliers und jüdisch-orthodoxen Feriengästen kulturell vermitteln sollten. Im Sommer vergangenen Jahres kündigte Davos Tourismus die Zusammenarbeit. 

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