Gewalt in Schweizer Schulen eskaliert
Eltern tauchen mit Sackmesser und Pistole bei Lehrern auf

Immer mehr Eltern mischen sich in den Schulbetrieb ein. Manche setzen dabei sogar auf Drohungen und Gewalt gegenüber den Lehrern, wie eine neue Umfrage zeigt.
Publiziert: 22.01.2023 um 08:31 Uhr
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Aktualisiert: 22.01.2023 um 10:55 Uhr
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Immer mehr Eltern mischen sich in den Schulbetrieb ein.
Foto: keystone-sda.ch

Laut einer neuen Studie des Schweizer Lehrerinnen- und Lehrerverbands, die diese Woche präsentiert wurde, erlebten zwei von drei Lehrpersonen in den letzten fünf Jahren Gewalt in den Schulen. Blick berichtete Anfang Woche über die schockierende Studie.

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Ein Beispiel: Lehrer Florian Huber* (30) berichtete, in einer hässigen Aktion habe ein Schüler ihm einen Ball voll in die Genitalien geworfen. «Das fand zwar in einem spielerischen Kontext statt, aber der Schüler hat das mit voller Absicht getan, er wusste genau, was er tat.»

Nun sind weitere Beispiele aus der Studie bekannt geworden. Diese werden von der «SonntagsZeitung» aufgelistet und zeigen: Auch Eltern werden vermehrt handgreiflich oder bedrohen Lehrer. So komme es immer wieder zu Verfolgungsjagden auf der Strasse, Abpassaktionen auf dem Schulweg, Ausraster im Klassenzimmer. Ein Lehrer berichtet, ein Vater habe demonstrativ mit einem Sackmesser beim Elterngespräch herumgespielt.

Einmischungen nehmen zu

Eine Kindergärtnerin berichtet von einem Vater. Dieser habe gedroht, dass er mit seinem Bruder vorbeikomme, um «für Ordnung» zu sorgen, da sie die Klasse nicht im Griff habe, worunter sein Junge leide. Der Vater einer Schülerin, die bei einem Lehrer und dessen Frau zum Mittagessen eingeladen war, tauchte sogar mit einer Pistole vor dessen Haustür auf.

«In den letzten Jahren haben die Einmischungen in den Schulbetrieb zugenommen. Und damit auch die Exzesse», sagt Daniel Kachel, Präsident des Zürcher Oberstufenverbands Sek ZH, zur «SonntagsZeitung». Die Streitigkeiten drehten sich grösstenteils um Noten oder bevorstehende Übertritte in die nächsthöhere Schulstufe, sagt Psychologe Allan Guggenbühl, der von Schulen für Kriseninterventionen beigezogen wird. Meist hätten Eltern das Gefühl, dass die Kinder ungerecht behandelt werden.

«Die Schulen wollen die elterliche Mitarbeit fördern. Ich höre immer wieder: Wir ziehen alle am gleichen Strick, haben alle die gleichen Interessen», sagt Guggenbühl im Artikel. «Das ist etwas naiv.»

Eltern hätten vor allem ein Interesse: Vorteile für ihr Kind herauszuholen, damit es optimal gefördert werde. «Man hat die Eltern in die Schulen hineingelassen. Jetzt sind sie da.» (zis)

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