Albert Einstein (1879–1955) war ein Medienstar. In den 1920er-Jahren zierte der Schöpfer der Relativitätstheorie die Titelblätter von Illustrierten und Zeitungen der ganzen Welt. Auch mit den Medien wusste er genial umzugehen: Das Bild von ihm mit der ausgestreckten Zunge und dem zerzausten Haar wurde zu einer Ikone der Fotografie.
Auch im Digitalzeitalter macht Einstein eine gute Figur. 66 Jahre nach seinem Tod holt die ETH ihren berühmten Alumnus zurück auf den Campus – als humorvollen Avatar. Forschende um Informatikprofessor Markus Gross entwickelten mit dem ETH-Spin-off Animatico eine interaktive Plattform, in der das Universalgenie als digitaler Zwilling über seine Jahre in Zürich berichtet.
Für die 3-D-Modellierung wählte das Forscherteam eine jüngere Version Einsteins, die zu seiner Zeit in Zürich passt. Besuchen kann man den Maestro derzeit auf dem Hönggerberg, demnächst auch an der Berufsmesse in Zürich.
Ein Schwatz im Ohrensessel
Vor genau 100 Jahren erhielt Einstein den Nobelpreis für Physik. Die Idee, ihn jetzt digital wiederauferstehen zu lassen, entstand zur Feier dieses Jubiläums.
Einsteins Gäste dürfen in einem bequemen Ohrensessel Platz nehmen und das Gespräch beginnen. Sie können immer wieder neu entscheiden, was er erzählen soll – über sich selbst, seine Studentenzeit oder sogar persönliche Freundschaften.
Gesprächspartner erkennt der Avatar über eine Kamera und Mikrofone. Als Schlüsseltechnologien kommen die dynamische Visualisierung der Figur und die Sprachverarbeitung zum Einsatz. Eine spezielle Software verwandelt das Gesprochene in Text, analysiert es und generiert auf dieser Basis eine passende Antwort – alles in Echtzeit. Der Humor kommt dabei nicht zu kurz, denn die Dialoge werden vom Schweizer Komiker Patrick Karpiczenko, genannt Karpi, gesprochen.
«Als Komiker konnte ich mich vor allem mit Einsteins Humor und seinem Sinn für Ironie identifizieren», so Karpi. «Ich habe sämtliche erhaltenen Tonaufnahmen von Albert Einstein studiert, um seiner Stimme näher zu kommen. Insgesamt dauerte die Schreib- und Produktionsarbeit dann eineinhalb Jahre.»
Das hatte Folgen für den Komiker: «Seine Stimme hat sich mittlerweile fix in meinem Kopf eingenistet. Und nach zwei, drei Gläschen Rotwein kommt Herr Einstein jeweils wieder aus mir raus», verrät Karpi mit einem Lachen.
Kinder haben am meisten Spass
Der wiederauferstandene Einstein ist vor allem dazu gedacht, die Jüngeren zu inspirieren. Einstein solle den Dialog mit der Gesellschaft verstärken und vor allem kommenden Generationen die Wissenschaft näherbringen, lässt die ETH verlauten.
Dass der berühmte Ex-Zürcher den erwünschten Effekt erzielt, kann Karpi bestätigen: «Am meisten Spass am digitalen Einstein haben Kinder! Die bekommt man jeweils fast nicht mehr weg von ihm. Wenn wir es schaffen, jungen Mädchen und Jungs eine so trockene Materie wie theoretische Physik schmackhaft zu machen – dann ist der digitale Einstein definitiv ein Erfolg.»