Serge F. (29) lag nach Horror-Crash auf A1 im künstlichen Koma – jetzt enthüllt die Anklageschrift:
Geisterfahrerin auf Koks donnerte «ungebremst» in Bundesratsweibel!

Serge F. (29) legte eine steile Karriere hin und war mit jungen Jahren schon der persönliche Mitarbeiter von Bundesrat Alain Berset. Doch dann ist er 2019 bei einem Horror-Crash mit einer Geisterfahrerin fast gestorben. Nun wird der Frau am 30. März der Prozess gemacht.
Publiziert: 29.03.2022 um 00:37 Uhr
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Aktualisiert: 29.03.2022 um 11:00 Uhr
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Bundesrat Alain Berset (2. v. r.) am Vogel Gryff, dem nach dem Vogel benannten volkstümlichen Feiertag. Ganz rechts: Sein heute 29-jähriger Weibel Serge F.
Foto: Keystone
Luisa Ita

Es ist der 9. Februar 2019 kurz nach Mitternacht. Die Strassen sind nass. Serge F.* (29) ist mit seinem Seat Leon auf der Autobahn A1 bei Gurwolf FR unterwegs, er fährt in Richtung Bern. Dann geschieht das, wovor jedem Autofahrer graut: Eine Geisterfahrerin kommt ihm entgegen!

Rebekka G.* (37) donnert mit ihrem BMW auf den korrekt fahrenden Westschweizer zu – es knallt! Die Autos kollidieren in einem Tunnel frontal. Überall auf der Fahrbahn liegen Scherben, Blech und Fahrzeugteile. Beide Insassen überleben den Horror-Crash – wenn auch nur knapp.

Um Serge F. bangte man auch im Bundeshaus

Das Leben von Serge F. hing nur noch an einem seidenen Faden. Sein Arbeitgeber – niemand Geringerer als Bundesrat Alain Berset (49) – musste um seinen persönlichen Weibel bangen. Der zu diesem Zeitpunkt erst 26 Jahre alte Mann lag im künstlichen Koma. Es war klar: So schnell wird der gelernte Restaurationsfachmann, der eine steile Karriere hingelegt hat, den Magistraten nicht wieder im Alltag unterstützen können – etwa beim Empfang von Gästen oder als Begleitung im rot-weissen Talar an offiziellen Anlässen.

Drei Jahre sind seit dem fatalen Unfall vergangen, und nun steht der Gerichtstermin an: Die Falschfahrerin muss sich am Mittwoch vor der Freiburger Justiz verantworten. Ihr werden von der Staatsanwaltschaft versuchte vorsätzliche Tötung, Gefährdung des Lebens, grobe Verletzungen der Verkehrsregeln sowie Übertretungen gegen das Betäubungsmittelgesetz vorgeworfen. Blick liegt die Anklageschrift vor.

«Ungebremst» in den Bundesratsweibel gebrettert

Demnach fuhr Rebekka G. in der verhängnisvollen Nacht erst korrekt auf der Autobahn und nahm in Murten FR die Ausfahrt. Doch dann wendete sie, fuhr die eben genommene Ausfahrt wieder zurück und gelangte in verkehrter Fahrtrichtung wieder auf die Autobahn. Viel zu schnell sei sie dann über die nasse Strasse gebrettert: ein Höllenritt über 3,8 Kilometer!

Um 00.05 Uhr im Tunnel Les Vignes habe die Beschuldigte mit «massiv übersetzter Geschwindigkeit von der Überholspur auf die Normalspur gewechselt» und sei «ungebremst und frontal in der Mitte der Normalspur» mit Serge F. kollidiert. Der BMW sei nach dem Aufprall mit dem Seat und der Kollision mit der Tunnelwand noch 245 Meter weit geschleudert, ehe er vor dem Tunneleingang zum Stillstand gekommen sei.

Er bangte um sein Leben, sie hatte ein paar Kratzer

F. erlitt gemäss Staatsanwaltschaft üble Verletzungen: eine schwere Hirnverletzung, diverse Verletzungen der inneren Organe und mehrere Knochenbrüche. Bis heute müsse er noch zur Physiotherapie, damit etwa an Gleichgewicht und Kraft gearbeitet werden könne.

Während sich der Romand noch heute mühevoll zurück ins Leben kämpft, kam Rebekka G. gemäss Bericht mit ein paar Schürfungen, Wunden und Prellungen davon. Welcher Teufel die junge Frau geritten hat, dass sie verkehrt auf die A1 aufgefahren ist, ist nicht ganz klar. Fakt ist: Sie hatte laut Anklage Koks intus.

Litt Rebekka G. wegen Kokain an Verfolgungswahn?

Der Gutachter sieht mehrere Szenarien als realistisch an, doch immer spielt der Drogeneinfluss eine zentrale Rolle. Denkbar sei etwa, dass G. wegen des Kokains eine «psychotisch bedingte örtliche Orientierungsstörung» erlitten habe. Oder dass sie durch die als Nebenwirkung auftretenden starken Verfolgungsängste sich das Leben habe nehmen wollen. Aus forensisch-psychiatrischer Sicht sei bei der Bernerin von einer schwergradig eingeschränkten Schuldfähigkeit auszugehen.

Das Verfahren gegen Rebekka K. wird abgekürzt. Das heisst, die Geisterfahrerin ist geständig. Die Staatsanwaltschaft sieht eine bedingte Freiheitsstrafe von 24 Monaten unter Gewährung einer Probezeit von drei Jahren sowie eine Übertretungsbusse von 1000 Franken als angemessen an. Dazu soll die Falschfahrerin die begonnene Therapie mindestens während dieser Zeit fortführen.

* Namen geändert

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