Wenn bei einem Neubau der Beton fliesst, geht hinter irgendeinem idyllischen Dorf auf dem Land eine grosse Grube auf. Denn Beton braucht Kies, viel Kies. An das dafür benötigte Land zu kommen, ist schwierig – und so mancher Deal ist nicht ganz sauber. Denn: Es geht um viel Geld. Was sich in den Hinterstuben auf dem Land so abspielt, ist in dem heutigen Prozess am Kriminalgericht Luzern zu sehen. Laut Anklage wurde ein Strohmann eingesetzt, Kaufpreise viel zu tief beurkundet, eine unwissende Ehefrau als Käuferin vorgeschickt.
Die Player: Armin Z.* (62), ein bereits wegen Betrugs verurteilter Kieshändler und Viehhalter aus dem Luzerner Hinterland, und Alfred U.* (79), ein Unternehmer und Bauernsohn aus dem Aargau. Sie sollen falsche Urkunden erschlichen haben, um für eine der grössten Baufirmen der Schweiz gutes Bauernland für den Kiesabbau aufzukaufen, ohne dass die Dienststelle Landwirtschaft und Wald den wahren Zweck bemerkt. Die beiden Angeklagten streiten die Vorwürfe ab, es gilt die Unschuldsvermutung. Zum Prozess hätte es am Freitagmorgen kommen sollen. Beginn: 9 Uhr! Doch Armin Z. erschien einfach nicht. Bei Prozessbeginn blieb der Stuhl des Hauptangeklagten leer. Laut dem Gerichtspräsidenten hatte er sich nicht entschuldigt. Sein Verteidiger sagte, sein Mandant sei normalerweise pünktlich. Er könne ihn telefonisch nicht erreichen.
Im Gerichtssaal waren sich alle einig, dass das Verfahren nicht durchgeführt werden kann. Ohne den Hauptangeklagten «läuft nichts», sagte der Verteidiger des zweiten, anwesenden Beschuldigten. Das Verfahren lasse sich auch nicht abtrennen.
Ohne Tricks geht nichts
Alfred U. hatte 1984 zusammen mit seinen Geschwistern sieben Grundstücke von den Eltern geerbt. Das Land sollte verkauft werden. Nur: Der Preis von 1,289 Millionen Franken war für ihn etwas tief. Erst als er 2007 mit Armin Z. darüber sprach, sah er Licht am Horizont. Der Geschäftsführer des Luzerner Ablegers einer der grössten Baufirmen der Schweiz soll laut Anklage mündlich einen Kaufpreis von 3,2 Millionen Franken geboten haben, also mehr als das Doppelte. Jedes der vier Geschwister soll 800'000 Franken erhalten, zusätzlich soll Alfred U. für seine Bemühungen 300'000 Franken als Goodie obendrauf einsacken. Laut Anklage wussten die Geschwister nicht, wie der höhere Preis zustande kam.
Um den Kauf abzuschliessen, mussten die zwei Angeklagten ein paar schwierige Hürden überwinden. Der Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke braucht nach dem Bundesgesetz für das bäuerliche Bodenrecht eine Bewilligung durch das Amt für Landwirtschaft. Und die gibt es nur, wenn der Käufer ein Selbstbewirtschafter und der Preis nicht übersetzt ist. Sie mussten also tricksen.
Ein Stroh-Bauer und falsche Preise
Als Kniff Nummer eins setzte Armin Z. seinen Freund Sämi B.*, einen waschechten Bauern, als Strohmann ein. Mit einem fingierten Darlehensvertrag und einem notariell beurkundeten Vorvertrag erhielt das Duo tatsächlich die Bewilligung zum Kauf. Um das Eigentum schliesslich ganz in seine Hände zu bringen, setzte Armin Z. seine ahnungslose Ehefrau als Tarnung ein, indem er ihr ein befristetes Kaufrecht einräumte. 2009 erhielt er dieses zurück.
Als Kniff Nummer zwei liess das illustre Duo die Kaufpreise der Grundstücke auf 1,289 Millionen Franken statt der bezahlten 3,2 Millionen Franken beurkunden. Dadurch sollen die beiden gewaltig Steuern hinterzogen haben. Dem Fiskus entgingen laut Anklageschrift über 450'000 Franken Handänderungs- und Grundgewinnsteuer.
Für den als Kiesbaron bekannten Armin Z. fordert die Staatsanwaltschaft wegen Erschleichung falscher Beurkundungen und Steuerbetrug eine unbedingte Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren. Für den Verkäufer Alfred U. empfindet die Anklage eine bedingte Strafe von zwei Jahren als angemessen.
Dunkle Vergangenheit
Armin Z. hat schon einiges auf dem Kerbholz: 2012 wurde er vom Bundesgericht wegen betrügerischem Konkurs, Pfändungsbetrug, Urkundenfälschung, Erschleichung falscher Beurkundung, Veruntreuung sowie Anlagebetrug bereits zu zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt, wovon er zwölf Monate absitzen musste. 2017 musste das Veterinäramt des Kantons Luzern auf sechs Höfen von Armin Z. 31 Rinder beschlagnahmen, weil einige der Tiere an hochgradigen Gesundheitsmängeln litten.
* Namen geändert
Anmerkung der Redaktion: Blick zeigte in diesem Artikel zu Illustrationszwecken anfangs eine Kiesgrube mit einem Haus, das nichts mit dem oben beschriebenen Fall zu tun hat. Wir haben dieses Bild entfernt und bitten für allfällige Verwechslungen um Entschuldigung.