Fallzahlen, Ips-Betten, Tote
Wie Omikron die Pandemie verändert

Die Fallzahlen schiessen in ungeahnte Höhen – und doch ist wohl Entspannung angesagt. Die Omikron-Variante könnte uns anders treffen als befürchtet. Blick zeigt, wie.
Publiziert: 08.01.2022 um 12:34 Uhr
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Aktualisiert: 08.01.2022 um 12:35 Uhr
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Omkiron lässt die Fallzahlen explodieren.
Foto: Keystone
Gianna Blum, Sermîn Faki, Fabian Vogt

Seit Ende November befindet sich die Welt in Aufregung: Einmal mehr, so scheint es, erwischt uns Corona auf dem falschen Fuss. Mit einer neuen Variante, so ansteckend wie keine zuvor. Nun gibt es Anzeichen zur Hoffnung: Omikron mag sich rasend schnell verbreiten, doch sie ist nicht annähernd so gefährlich wie ihre Vorgängerin Delta – was heisst: Wir müssen uns neu ausrichten. Corona ist noch ein Feind, aber ein anderer. Blick zeigt, wie Omikron die Pandemie verändert.

Fallzahlen

Omikron verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Seit Heiligabend bestätigte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) über 220’000 Corona-Fälle. Zum Vergleich: In der bisher schlimmsten Pandemie-Zeit im Herbst/Winter 2020 waren es knapp 300’000 Fälle – in zwei Monaten!

Wie schafft Omikron das? Die Variante verfügt im Vergleich zu ihren Vorgängerinnen über diverse Mutationen im sogenannten Spike-Protein. Diese helfen ihm, effizienter in den menschlichen Körper einzudringen. Zudem kann die Mutante den Impfschutz besser umgehen. Auch Genesene sind gegen Omikron schlechter geschützt als gegen Delta. Das alles sorgt dafür, dass die Fälle in ungeahnte Höhen schiessen.

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Hospitalisierungen

Und dennoch: Nur 126 neue Hospitalisierungen meldete das BAG am Donnerstag. Im Herbst 2020 waren es täglich deutlich über 200. Zwar weisen die Daten für die Spitaleinweisungen stets eine Verzögerung auf, doch im Gegensatz zu den bisherigen Wellen scheinen sie nun von den Fallzahlen entkoppelt zu sein. Das liegt auch daran, dass heute viel mehr Menschen geimpft sind. Und die tatsächlich auf Corona zurückgehenden Hospitalisierungen sind sogar noch geringer: In die Corona-Statistiken des BAG fliessen nämlich auch Patienten ein, die aus anderem Grund ins Spital müssen. Erst dort wird dann festgestellt, dass sie auch Corona-positiv sind. Das BAG räumt ein: «Es ist möglich, dass die Anzahl der Hospitalisierungen zu hoch angesetzt ist.» Studien deuten zudem darauf hin, dass auch weniger Omikron-Patienten auf Intensivstationen behandelt werden müssen.

Todesfälle

Auch hier gibt es gute Nachrichten. Vor zwölf Monaten starben pro Tag um die 90 Menschen an Corona. Damals grassierte wohl noch der ursprüngliche Corona-Wildtyp. Jetzt, mit Omikron, sind es – schlimm genug – zwischen 20 und 30 Todesfälle am Tag.

Zwar ist Vorsicht angebracht, doch offenbar führt Omikron zu weniger schweren Verläufen. Die Variante führt auch zu weniger Lungenentzündungen, die in den letzten Wellen das grosse Problem waren. Doch auch hier gilt: Vor einem schweren Verlauf geschützt ist insbesondere, wer geimpft ist. «In der Regel verläuft eine Omikron-Infektion bei Ungeimpften schwerer als bei Geimpften», betont der Genfer Virologe Didier Trono.

Tests

Das Testregime kommt wegen Omikron doppelt an seine Grenzen: Erstens, weil sich sehr viele Menschen anstecken, dass Testzentren und Labore kaum mehr nachkommen. Der Ansturm ist fast nicht mehr zu bewältigen. Pro Tag werden bis zu 90'000 PCR-Analysen durchgeführt – ein Drittel davon ist positiv.

Zweitens erkennen Antigen-Schnelltests eine Ansteckung noch weniger zuverlässig als bei als früheren Varianten. Ein negativer Antigen-Schnelltest bedeutet also nicht, dass man nicht infiziert ist. Im Umkehrschluss heisst das aber auch, dass ein positiver Antigen-Schnelltest sehr zuverlässig ist. Hat man ein positives Ergebnis, ist man infiziert.

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) geht wegen dieser neuen Erkenntnisse nun über die Bücher. Ab jetzt braucht es bei einem positiven Antigen-Schnelltest keine Bestätigung mittels PCR mehr. Und das wird nicht alles bleiben. Weitere Anpassungen seien in Prüfung, so ein Sprecher. Insbesondere die Massentests an Schulen und Betrieben erscheinen zunehmend als sinnlos – das epidemiologischen Geschehen lässt sich damit kaum kontrollieren.

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Quarantäne und Isolation

Wenn weniger getestet würde, müssten weniger Angesteckte in Isolation und weniger Kontaktpersonen in Quarantäne. Denn nur wer getestet ist, muss sich absondern. In der Tat wird in Bundesbern schon darüber diskutiert, Quarantäne und Isolation zumindest für Menschen ohne Symptome abzuschaffen. Ausnahmen sollen in Situationen gelten, wo andere Schutzmassnahmen nur schwierig umgesetzt werden könnten, etwa in Behindertenheimen.

Der Wirtschaft käme das entgegen: Sie fordert schon länger, dass Isolation und Quarantäne zumindest verkürzt werden. Denn auch wenn Omikron unsere Spitäler nicht an den Anschlag bringt: Hunderttausende Arbeitnehmer, die nicht zur Arbeit erscheinen, werden das Land lähmen.

Ausblick

Der Genfer Virologe Didier Trono glaubt, dass in wenigen Wochen jeder in der Schweiz mit dem Virus in Berührung gekommen ist. Bis dahin werde es eine möglicherweise belastende Zeit für die Gesellschaft und das Gesundheitssystem geben. «Je weniger Ungeimpfte es gibt, desto besser werden wir die Zeit bis dahin überstehen.»

Danach haben wir laut dem Experten für eine Weile keine Probleme mehr – bis vielleicht irgendwo eine neue Variante auftaucht, die unsere Immunität umgehen kann. «Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir ein weltweites Überwachungssystem für das Virus aufbauen, um solchen Ereignissen vorzugreifen, beispielsweise durch Anpassung der Impfstoffe», sagt Trono.

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