Touristen schlafen mitten in der Gefahrenzone!
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Das ist lebensgefährlich:Selbst in der Gefahrenzone werden Alphütten vermietet

Ex-Gemeindepräsident von Brienz BE vermietet sogar Alphütte im Steinschlaggebiet
Touristen schlafen mitten in der Gefahrenzone!

Alphütten im Berner Oberland werden illegal ausgebaut und vermietet – und die Behörden schauen weg. Damit nicht genug: Einige Angebote für Touristen sind sogar lebensgefährlich, wie BLICK-Recherchen zeigen. Sie stehen etwa in Gefahrenzonen – ohne Schutzvorkehrungen.
Publiziert: 17.03.2021 um 02:01 Uhr
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Aktualisiert: 17.03.2021 um 07:27 Uhr
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Die Alphütte Margel wird ganzjährig an Touristen vermietet. Sie steht in der roten Gefahrenzone, was Steinschläge betrifft – sowie in der blauen Gefahrenzone, was Murgänge betrifft.
Foto: Screenshots
Flavio Razzino

Gesetz scheint im Berner Oberland nicht gleich Gesetz zu sein. Grindelwald unterschlägt dem Bundesamt für Statistik (BfS) Ferienwohnungen, um die Zweitwohnungsquote nicht zu verhageln. Zudem lässt es zusammen mit den Gemeinden Lauterbrunnen, Brienz, Lütschental und Gündlischwand Eigentümer von Alphütten gewähren, wenn sie diese für rein touristische Zwecke illegal umnutzen (BLICK berichtete).

In Brienz und Lütschental hat das für Touristen mitunter sogar lebensgefährliche Auswirkungen. So vermietet der Ex-Gemeindepräsident von Brienz, Bernhard Fuchs (50), seit mehreren Jahren auf der Axalp seine Alphütte Margel. Diese hat er 2014 neu gebaut und sie seither ganzjährig an Touristen vermietet. Was die Feriengäste nicht wissen: Die Alphütte befindet sich in der roten und damit strengsten Gefahrenzone! Es drohen Felsstürze und Steinschlag in diesem Gebiet – das Baugesetz verbietet daher «Bauten mit Personenaufenthalt». Es herrscht Gefahr für Leib und Leben.

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Alphütte in Steinschlaggebiet

Fuchs hatte in der Baueingabe behauptet, die Alphütte nur über die Sommermonate touristisch zu vermieten. Doch tatsächlich wird sie ganzjährig vermietet. Zudem verfügte der Kanton auch den Bau eines 20 Meter langen Schutzdammes, um die Gefahr zu bannen. Danach hätte der Eigentümer aber einen Nachweis erbringen sollen, in dem aufgezeigt wird, dass die Parzelle durch diese Schutzmassnahme nicht mehr zur roten Gefahrenzone gezählt werden muss. Vor Ort zeigt sich: Zwar wurde vor der Hütte ein Hügel angelegt, gebannt ist die Gefahr allerdings nicht.

«Die Steinschlaggefahr bleibt weiterhin bestehen», schreibt die Gemeinde auf Nachfrage von BLICK. Möglich, dass der Hügel das Gebäude etwas schützt – dieser Nachweis liegt der Gemeinde allerdings nicht vor.

Der Brienzer Ex-Gemeindepräsident Fuchs will trotzdem nichts Unrechtes getan haben. «Es ist nicht mein Bier, wenn der Kanton ein Projekt bewilligt und später glaubt, dass das nicht mehr gehen soll.» Und: «Es ist auch nicht an mir, ihm zu melden, wenn ich die Hütte heute anders nutze als noch im Baugesuch angegeben – da muss der Kanton mir halt Auflagen machen. Ich bin nur Laie und kann das nicht wissen», so Fuchs zu BLICK. Pikant: Beim Bau der Hütte 2014 war er gerade Vize-Gemeindepräsident in Brienz.

Alphütte in Lawinengebiet

Der Fuchs-Bau ist nicht das einzige lebensgefährliche Tourismusangebot im Berner Oberland: In Lütschental konnte bis Montag noch das «Alpennest» ganzjährig gemietet werden. Die Hütte, bei der ebenfalls nie ein offizielles Umnutzungsgesuch gestellt wurde, steht in der roten Gefahrenzone – hier drohen im Winter Lawinen.

Das Amt für Wald und Naturgefahren des Kantons bewilligte zwar den geringfügigen Ausbau der Hütte für den Eigengebrauch – allerdings nur, wenn der Kreis der gefährdeten Personen nicht ausgeweitet werde. Zudem empfiehlt es, die Hütte im Winter nicht zu bewohnen.

Gelebt wird die Auflage anders: Die Hütte wurde sowohl im Winter als auch im Sommer zur Miete angeboten. Auf Nachfrage von BLICK nimmt der Eigentümer die Alphütte Anfang Woche allerdings sofort vom Netz. Er habe nur sehr wenige Mieter gehabt, im Winter praktisch keine.

Alphütte in Hangrutsch-Gebiet

Ebenfalls auf der Axalp in Brienz steht zudem das «Alphüttli am Biel» – es wird ohne jede Bewilligung ganzjährig an Touristen vermietet. Zudem liegt es in der blauen, also mittleren Gefahrenzone. Heisst: Hier dürfte nur mit Auflagen und Schutzvorkehrungen gebaut werden. Dass solche getroffen worden wären, ist der Brienzer Gemeindeverwaltung nicht bekannt. Auch hier drohen Hangrutsche. Zwar besteht in blauen Zonen keine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben – ausschliessen kann man das aber auch hier nicht.

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