«Dekadent, aber andere gönnen sich auch etwas»
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Heliskiing auf der Ebnefluh:«Dekadent, aber andere gönnen sich auch etwas»

Evelyne Binsack genervt von Schweizer Heliski-Touristen
«Wer unberührte Berggipfel erreichen will, soll zu Fuss gehen»

Heliskiing in der Schweiz ist im Trend. Die bekannte Bergsteigerin Evelyne Binsack kritisiert den Heliski-Boom und wird von Bergführern unterstützt.
Publiziert: 07.03.2024 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 26.03.2024 um 11:25 Uhr
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Heliskiing liegt in der Schweiz im Trend. Zwischen 2010 und 2022 flogen jährlich im Schnitt 4700 Helikopter mit 16'500 Heliskiing-Gästen an Bord auf einen Gebirgslandeplatz.
Foto: Scheiber Pascal
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Pascal ScheiberReporter

Die bekannte Schweizer Bergsteigerin Evelyne Binsack (56) ist sauer. «Wir brauchen Heliskiing in der Schweiz nicht», sagt sie. Dass einige ihrer Bergführer-Kollegen Heliskiing begleiten – für Binsack unverständlich. «Da geht es um locker verdientes Geld an einem gemütlichen Tag», wirft sie den Kolleginnen und Kollegen vor.

Auslöser für Binsacks Aufruhr ist eine Blick-Recherche zu Heliskiing in der Schweiz. Zwischen 2010 und 2022 flogen jährlich im Schnitt 4700 Helikopter mit 16’500 Schneesportler ins Gebirge. Sie landeten auf einem der 40 Gebirgslandeplätze. Spitzenreiter unter diesen Landeplätzen ist der Theodulgletscher, besser bekannt als Testa Grigia im Wallis. Hier landeten jährlich zwischen 342 und 721 Helikopter mit durchschnittlich über 2000 Gästen – einzig und allein für Heliskiing. Kommt dazu: Der Landeplatz liegt direkt im Skigebiet von Zermatt und ist eigentlich auch per Bergbahn erreichbar. 

Bergführer stören sich an Heliskiing

Auch andernorts landen jährlich Hunderte Helikopter mit bis zu tausend Gästen mitten in der unberührten Bergwelt. Das stösst Menschen, die in den Bergen arbeiten, sauer auf. Die bekannte Bergsteigerin Evelyne Binsack (56) bot früher selbst ein paar Mal Heliskiing an und sagt: «Das sind wunderbare Tage im Schnee, ohne einen anstrengenden Aufstieg.» Heute aber stört sie sich an dem Heliskiing-Trend. Für sie geht es ums Prinzip: «In Zeiten der Klima-Diskussion kann es nicht sein, dass jeder seine Rosinen herauspickt und mit dem Helikopter auf die Berge fliegt.» Denn: Alle Gebirgslandeplätze seien zu Fuss erreichbar. Deshalb: «Wer unberührte Berggipfel erreichen will, soll zu Fuss gehen.»

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Der Berner Bergführer David Moreau (35) schaut sich die von Blick publizierte Rangliste der beliebtesten Gebirgslandeplätze für Heliskiing ebenfalls an. Dass Menschen mitten ins Skigebiet – wie beispielsweise in Zermatt – fliegen, macht Moreau stutzig: «Ich verstehe den Sinn nicht!» Nirgends seien die Berge so gut erschlossen wie in der Schweiz, sagt er. «Wir dürfen die Berge nicht wie eine Zitrone bis zum letzten Tropfen auspressen», findet Moreau. Er stützt Binsacks Argument: «Die Gebirgslandeplätze sind mit technisch nicht anspruchsvollen Touren erreichbar.» 

Bergführerin Barbara Leuthold (58) will mit Heliskiing nichts zu tun haben. Wenn sie in den Bergen sei, dann wolle sie niemanden mit Lärm stören, sagt sie. Darum meidet sie auch Skitouren rund um Gebirgslandeplätze. Trotz Abneigung hält sie ein generelles Heliskiing-Verbot in der Schweiz aber für unrealistisch. Ihr Vorschlag: Touristische Flüge sollten in vom Bund geschützten Landschaften verboten werden.

Alpen-Aktivist fordert Verbot von Heliskiing
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«Lieber zu Fuss in die Berge»:Alpen-Aktivist fordert Verbot von Heliskiing

Nicht alle Bergführerinnen und Bergführer in der Schweiz teilen diese Kritik. Für viele ist Heliskiing eine wichtige Einnahmequelle im sonst eher umsatzschwachen Winter. In einer repräsentativen Mitgliederumfrage des Schweizer Bergführerverbands (SBV) aus dem Jahr 2019 sagte ein Drittel der Bergführer, dass sie im Winter Heliskiing-Aufträge annehmen. Auch wenn sich der SBV nicht politisch äussert, schreibt er in einem Bericht aufgrund der Umfrage: «Wir anerkennen, dass Heliskiing für einen Teil unserer Mitglieder wichtig ist. Wir möchten keine Ausweitung, setzen uns aber für die Erhaltung der aktuellen Gebirgslandeplätze ein.» 

Einer von ihnen ist Bergführer Martin Burgener (50). Der Berner begleitet in der Wintersaison regelmässig Gruppen auf Heliskiing-Touren. Sein Auftraggeber, die Swiss Helicopter AG, kompensiere die CO2-Emissionen aller touristischen Flüge. Erst Mitte Februar flog Burgener mit sieben Gästen aus der Schweiz zum Gebirgslandeplatz Ebnefluh auf knapp 4000 Meter über Meer und zum Petersgrat. «Solange Gäste das wollen, sehe ich es als meine Aufgabe, sie sicher durch die Berge zu begleiten», sagt der Bergführer. Für den Berner ist Heliskiing eine Sache von Angebot und Nachfrage. 

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