Einschränkungen für Ungeimpfte
Kantone sträuben sich gegen Debatte über 2G

Die Corona-Fälle explodieren, doch weder Bund noch Kantone wollen Ungeimpfte weiter einschränken. Dabei würde 2G epidemiologisch durchaus Sinn machen.
Publiziert: 21.11.2021 um 18:06 Uhr
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Während immer mehr Länder auf 2G setzen, wollen weder Bundesrat Alain Berset (rechts) noch der oberste Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger eine Debatte darüber führen.
Foto: keystone-sda.ch
Fabian Eberhard und Camilla Alabor

Lockdown-Hammer in Österreich! Ab Montag versetzt unser Nachbarland das öffentliche Leben in den Winterschlaf. Darüber hinaus kündigt Wien gleich noch an: Ab Februar 2022 gilt eine Impfpflicht. Auch in Deutschland überschlagen sich die Ereignisse. Spitäler werden voller, immer mehr Bundesländer setzen auf 2G – der Zutritt ist an vielen Orten für Ungeimpfte verboten.

Und die Schweiz? Wartet ab. «Es braucht derzeit keine neuen Massnahmen», sagte Bundesrat Alain Berset am Donnerstag an einer Medienkonferenz. Auch 2G sei kein Thema.

Dass sich die Entscheidungsträger kategorisch weigern, auch nur eine Debatte über 2G zu führen, erstaunt. Denn in der Schweiz bäumt sich ebenfalls eine neue Covid-Welle auf. Die Fallzahlen schiessen in die Höhe, 6169 Neuinfektionen waren es am Freitag – so viele wie noch nie in diesem Jahr. Zwar ist die Situation in den Spitälern noch nicht so angespannt wie in Deutschland oder Österreich, es dürfte aber nur eine Frage der Zeit sein, bis der Druck auf das Gesundheitswesen auch hierzulande wieder massiv zunimmt.

Virginie Masserey vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) warnte die Bevölkerung am Dienstag: «Wir müssen uns gefasst machen, dass die Inzidenz weiter steigt und eine Überlastung der Intensivstationen droht.»

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Kantone schliessen Verschärfungen aus

Dennoch schliessen die Kantone zusätzliche Einschränkungen für Ungeimpfte weiterhin aus. «Ein Systemwechsel hin zu 2G steht nicht zur Diskussion», betont Lukas Engelberger, oberster Gesundheitsdirektor, gegenüber SonntagsBlick. Dieses Modell würde «nicht zum bisherigen Weg der Schweiz passen».

Auch der Luzerner Gesundheitsdirektor Guido Graf blockt ab: «2G ist in der Schweiz kein Thema, ich könnte das auch nicht vertreten.» Für den Fall, dass die Spitäler in den nächsten Wochen an den Anschlag kommen, fassen Graf wie Engelberger andere Massnahmen ins Auge – eine Maskenpflicht in Innenräumen etwa oder Versammlungsbeschränkungen.

Dabei wäre 2G in Freizeiteinrichtungen oder der Gastronomie juristisch gut umsetzbar. Und auch epidemiologisch wäre es sinnvoll. Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass 2G das Infektionsgeschehen deutlich bremsen könnte.

Impfverweigerer gefährden das Gesundheitssystem

Dominique de Quervain, Professor für Neurowissenschaften an der Universität Basel und ehemaliges Mitglied der Corona-Taskforce des Bundes, befürwortet denn auch entsprechende Einschränkungen für Ungeimpfte. «Wir befinden uns in einer Situation, in der die individuelle Freiheit, sich nicht impfen zu lassen, das Gesundheitssystem und die Wirtschaft gefährdet.» Auch Impfobligatorien müssten diskutiert werden – vor allem für das Gesundheitswesen, in Altersheimen und im Bildungswesen.

Bleibt die Frage: Wäre ein 2G-Modell auch ethisch vertretbar? Andrea Büchler, Präsidentin der Nationalen Ethikkommission, ist skeptisch: «Eine 2G-Regel ist aus ethischer Sicht problematisch, denn sie resultiert im faktischen Ausschluss ungeimpfter Personen vom gesellschaftlichen Leben.»

Stattdessen plädiert Büchler dafür, dass 3G noch effektiver umgesetzt wird, indem man zum Beispiel wieder kostenlose Tests einführt oder sich auch geimpfte Personen testen lassen, bevor sie sich in grösseren Gruppen in geschlossenen Räumen treffen.

Noch ist 2G in der Schweiz nicht salonfähig. Ob das so bleibt? Kommende Woche könnten die Fallzahlen erstmals seit Beginn der Pandemie die Zehntausendermarke überschreiten.

Am Mittwoch diskutiert der Bundesrat das nächste Mal über allfällige Massnahmen.

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