Der Enkeltrick-Betrug beginnt mit dem Anruf einer Wildsau. «Keiler», wie die männlichen Wildschweine, heissen die kriminellen Telefonisten. Denn so wie die Wildschweine im Dreck nach Essbarem suchen, scharren die Enkeltrick-Keiler bei unseren Senioren nach Geld. Dort, wo die Beute am Ende landet, ist hingegen nichts mehr dreckig. In Villen in Polen, Deutschland und der Türkei leben die Enkeltrick-Clans in Saus und Braus, fahren Luxusautos, verprassen Millionen. Zwischen den Keilern und ihren Chefs ist ein perfektes System installiert, eine regelrechte Industrie. Blick zeigt das Netz der Enkeltrick-Betrüger.
«Hallo, weisst du noch, wer ich bin?», ist eine klassische Eröffnung eines Keilers beim Erstkontakt mit seinem Opfer. Oder in der Variante Schock-Anruf: «Ihre Tochter hat einen tödlichen Autounfall verursacht und braucht Hilfe!» Die Anrufe kommen oft zu Bürozeiten, wenn Arbeitstätige nicht rangehen. Auch auf die Namen ihrer Opfer achten die Wildschweine. Denn im Visier der Betrüger sind klassische Senioren-Namen wie Hans, Heidi oder Walter.
Der Schaden geht in die Millionen
Die Keiler sitzen in ausländischen Callcentern, vor allem Polen und die Türkei werden in Berichten immer wieder genannt. Die Betrüger sprechen oft perfekt Deutsch und sind so einfühlsam wie skrupellos. Jüngst tauchten Fälle auf, in denen sie sogar auf künstliche Intelligenz setzen, um Stimmen zu imitieren!
Lässt sich ein Opfer blenden, informiert die Wildsau ihren Kurier. Der trägt das grösste Risiko. Er muss sich mit dem Opfer in der Schweiz treffen und die Beute entgegennehmen. Nicht immer ist der Kurier informiert, dass er für eine kriminelle Gruppe arbeitet. Im Dezember warnte die Basler Polizei vor Inseraten für angebliche Kurier-Jobs, die zu gut sind, um wahr zu sein. Und sich als Enkeltrick-Botengänge herausstellen. Die meisten Kuriere wissen aber genau, was sie tun.
Vergangenen Sommer stand ein 51-jähriger polnischer Kurier vor dem Zürcher Bezirksgericht. 800'000 Franken hat er laut Medienberichten in der Schweiz eingesammelt, ist dazu extra eingereist. Er ist trotzdem nur ein Bauer auf dem Schachbrett seiner Hintermänner. Urteil: 30 Monate Gefängnis, zehn davon muss er absitzen. Plus acht Jahre Landesverweis.
Das Ausmass des Betruges lässt sich nur erahnen: Letzten Dezember gab es eine Grossrazzia in Deutschland, Polen, der Schweiz, Österreich und Liechtenstein. 27 Verdächtige wurden verhaftet. Geschätzte Schadenssumme: Fünf Millionen Euro! Auch in der Schweiz gibt es mehr und mehr Enkeltrick-Opfer.
Die Clans leben in Saus und Braus
Hinter den Wildschweinen und Kurieren stehen kriminelle Clans. Immer wieder im Fokus der Ermittler: Der berüchtigte Goman-Clan, eine Grossfamilie, die in Polen und Deutschland aktiv ist und immer wieder in Zusammenhang mit Enkeltrick-Betrug gebracht wird. Erfunden worden sein soll die Masche von Arkadiusz «Hoss» Lakatosz Ende der 90er-Jahre, ein polnischer Roma mit Verbindungen nach Deutschland. Seither sind Roma-Clans die fleissigsten Senioren-Abzocker.
Der deutsche «Spiegel» publizierte Bilder, die zeigen, wie lukrativ das illegale Geschäft ist. So fliesst an einer Clan-Hochzeit im polnischen Warschau der Champagner in rauen Mengen. Männer in dunklen Anzügen küssen sich zur Begrüssung, es werden Austern und Kaviar herumgereicht. Die Hochzeit findet im Festsaal des Luxushotels Venecia Palace statt, ein Hotel, das eher wie ein Schloss aussieht. Das Brautpaar kommt per Lamborghini, der Hochzeitsfotograf kreist im Helikopter. Es sind Szenen wie aus dem Mafia-Film «Der Pate».
Michael «Don Mikel» Goman, ein führendes Clan-Mitglied, wurde 2019 in Deutschland zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Unter anderem, weil er ein altes Ehepaar um eine Million Euro erleichterte. Seine Opfer soll er «Mama» und «Papa» genannt haben, bevor er sie ausnahm. Die Ermittlungen brachten enorme Reichtümer zutage: eine Riesen-Villa in Leverkusen, ein Rolls-Royce Phantom, ein Porsche 911, ein Mercedes SLS AMG, Uhren für 140'000 Euro, kistenweise Goldschmuck, einen Haufen Bargeld und vieles mehr.
Betrüger sind noch stolz auf sich
Ein weiterer Betrug-Hotspot ist das türkische Izmir. Auch hier hat man sich laut Medienberichten auf Senioren spezialisiert. Der deutsche NDR konnte letztes Jahr mit einem Insider sprechen: «Jemanden nur mit der Stimme so weit zu bringen, dass er sein ganzes Erspartes einem anvertraut, das ist schon eine Leistung», sagt der anonymisierte Betrüger im Interview stolz. Und: Einmal habe er 25'000 Euro innert weniger Stunden erbeutet. Auch hier sind die Hintermänner: Familienclans mit Verbindungen nach Deutschland.
Diese Woche feiert «Izzy» die Premiere der Action-Doku «Die Enkeltrick Betrüger». Das Onlinemagazin hat dabei nicht nur Betroffene zu Wort kommen lassen – sondern auch den Betrügern selbst eine Falle gestellt. Mehr als einmal klickten während der Recherche die Handschellen! Die Enkeltrick-Mafia ist deshalb diese Woche grosses Thema einer mehrteiligen Blick-Serie. Den Film «Die Enkeltrick Betrüger» sieht du auf enkeltrickbetrueger.ch oder mit Blick+
Diese Woche feiert «Izzy» die Premiere der Action-Doku «Die Enkeltrick Betrüger». Das Onlinemagazin hat dabei nicht nur Betroffene zu Wort kommen lassen – sondern auch den Betrügern selbst eine Falle gestellt. Mehr als einmal klickten während der Recherche die Handschellen! Die Enkeltrick-Mafia ist deshalb diese Woche grosses Thema einer mehrteiligen Blick-Serie. Den Film «Die Enkeltrick Betrüger» sieht du auf enkeltrickbetrueger.ch oder mit Blick+