Der Gegner, die Hintermänner – Brian Keller vor seinem ersten Kampf
«Ich will zerstören, ich will verletzen»

Im April steigt der bekannteste Straftäter der Schweiz zum ersten Mal in den Ring – ohne Boxlizenz. Hinter dem Kampf in der Axa-Arena steht ein Thaibox-Weltmeister aus Winterthur.
Publiziert: 08.02.2025 um 20:02 Uhr
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Aktualisiert: vor 22 Minuten
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Brian Keller freut sich auf seinen ersten Boxkampf vor Publikum.
Foto: Instagram

Auf einen Blick

  • Brian Keller soll in der Axa-Arena gegen einen unbekannten Franzosen kämpfen
  • Ein Teil der Einnahmen soll an Hilfswerke fliessen
  • Keller: «Endlich kann ich zeigen, was ich kann.»
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Fabian EberhardStv. Chefredaktor SonntagsBlick

Das Boxen ist eine der wenigen Konstanten im Leben des Brian Keller (30). Schon als kleiner Junge träumte er von einer Karriere im Ring. 2013 trainierte er auf Staatskosten in einem umstrittenen Sondersetting für Straftäter, später in seiner Zelle in Zürich. Und jetzt steht er vor seinem ersten Wettkampf.

Am 26. April soll Keller in der Axa-Arena in Winterthur antreten – vor Hunderten Zuschauerinnen und Zuschauern. Die Umstände sind nebulös: Wer organisiert diesen Kampf? Wer ist der Gegner?

U-Haft nach Tiktok-Streit

Promotet wird der Fight vor allem auf der Social-Media-Plattform Tiktok. Dort schaltet sich Keller fast täglich live zu. Ganze Abende lang diskutiert er mit anderen «Crimefluencern» – Kriminellen, denen Tausende folgen. In den Gesprächen geht es um «Ehrenmänner», Knast und Gewalt. Vor knapp einem Jahr eskalierte ein anfänglicher Online-Streit zwischen Keller und dem Tiktoker Skorp. Keller lauerte seinem Gegner auf und brach ihm das Jochbein. Und landete – wieder einmal – im Gefängnis.

In die Streitereien auf Tiktok verwickelt ist auch Mustaf «Musti» Kicaj. Der stammt aus dem Kosovo, ist mehrfacher Thaibox-Weltmeister und lebt in Winterthur. Dort betreibt er das Kampfstudio Musti Gym. Kicaj zieht die Fäden für Brian Kellers ersten Boxkampf in der Axa-Arena.

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Kellers Gegner stammt aus Frankreich

Kürzlich präsentierte er den Gegner von Keller in einem kostenpflichtigen Livestream. Es handelt sich um Claude Wilfried, in der Kampfsportszene gänzlich unbekannt. Laut Kicaj habe der Franzose den schwarzen Gürtel im Judo und wolle nun eine Boxkarriere starten. Auf Tiktok wittern einige ein abgekartetes Spiel: Der Gegner, so heisst es, sei gekauft und werde in den ersten Runden K.o. gehen.

Organisator Kicaj hat dafür nur ein müdes Lächeln übrig. «Der Boxkampf wird in einem absolut professionellen Rahmen mit erfahrenen Schiedsrichtern durchgeführt», sagt er. Dabei stünden Disziplin und Respekt im Vordergrund. «Ich will Brian helfen, einen festen Rahmen zu finden. Damit er wieder selbständig leben kann.»

Die teuersten Tickets für die Fight-Night in der Axa-Arena kosten 250 Franken, ein Platz in den hinteren Reihen zwischen 30 und 50 Franken. Kicaj plant zudem, den Kampf für 20 Franken auf Youtube zu übertragen. Der Winterthurer Thaibox-Weltmeister verspricht, ein Teil der Einnahmen gehe an Hilfsprojekte in Afrika.

«Gut dreinschlagen reicht nicht»

Für Kopfschütteln in der Box-Szene sorgt, dass Keller voraussichtlich ohne Lizenz kämpfen wird – allerdings behauptet er, eine Lizenz beantragen zu wollen. Tatsächlich haben mehrere Klubs beim Schweizer Dachverband Swiss Boxing informell nachgefragt, ob er eine Lizenz erhalten könnte. Swiss Boxing signalisierte den Klubs jedoch, die Chancen dafür stünden nicht allzu gut.

Fabian Guggenheim, langjähriges Mitglied von Swiss Boxing und Präsident der Ethikkommission des Verbands, sagte kürzlich zu Blick: «Wenn jemand wie Brian gut dreinschlagen kann, reicht das noch lange nicht, um erfolgreich zu sein.» Dass der heute 30-Jährige in der Schweiz seinen Lebensunterhalt mit Boxen verdienen könne, sei schwer vorstellbar. Die Aussagen des Profis müssen sich für den Ex-Häftling wie ein Schlag in die Magengrube anfühlen. 

«Endlich darf ich zeigen, was ich kann»

Brian Keller selbst gibt sich gelassen. Er freue sich auf den Kampf, fühle sich gut. «Endlich darf ich zeigen, was in mir steckt.» Auf Tiktok tönt es allerdings gefährlicher. In einem Video sagt er: «Ich will kämpfen, ich will zerstören, ich will verletzen.» Das hört sich nicht nach einem fairen Kampf an. Keller: «Ein bisschen Show gehört dazu.» Im Ring boxe am Ende dennoch jeder nach den gleichen Regeln.

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