Kurzarbeit stürzt Menschen in finanzielle Not
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Das Zünglein an der Waage
Kurzarbeit stürzt Menschen in finanzielle Not

Kurzarbeit hat letztes Jahr tausende Jobs gerettet. Doch für Geringverdiener ist die Lohnreduktion ein Problem. Sie gibt den Ausschlag dafür, dass es Ende Monat nicht reicht.
Publiziert: 14.03.2021 um 00:41 Uhr
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Aktualisiert: 09.05.2021 um 17:01 Uhr
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Logu während der Arbeit: Er ist als Hilfskoch in einem Hotelrestaurant angestellt. Seit drei Monaten befindet sich der Familienvater in der Kurzarbeit. Während dieser Zeit erhält er nur 80 Prozent von seinem Lohn.
Foto: Nathalie Taiana
Eliane Eisenring

Vimalraj Savarijan Logu (39) lebt mit seiner Frau und den beiden Kindern in Sargans SG. Er arbeitet als Hilfskoch in einem Hotelrestaurant. Zumindest würde er das unter normalen Umständen. Bis auf Weiteres war der 22. Dezember sein letzter Arbeitstag.

Die Kurzarbeit hat während Corona zahllose Jobs gerettet, auch jenen von Vimalraj Savarijan Logu. Doch die Arbeitnehmenden müssen eine Lohnreduktion in Kauf nehmen: Vom Staat ersetzt werden lediglich 80 Prozent des eigentlichen Salärs, bei Löhnen unter 4340 Franken kann die Entschädigung höher liegen. So kommt es, dass Hilfskoch Logu seine vierköpfige Familie neuerdings mit 3472 Franken monatlich durchbringen muss.

Natürlich gibt es Arbeitgebende, die ihren Angestellten die Verdienstlücke ausgleichen – mit Geld aus dem eigenen Sack. Gemäss Angaben des Gewerkschaftsbundes tun das aber lediglich 15 bis 20Prozent der Firmen. Als Faustregel gilt: In den Genuss einer Ausgleichszahlung kommen vor allem Leute mit höherem Lohn. Insgesamt wurden 2020 10,8 Milliarden Franken an Kurzarbeitsentschädigungen ausbezahlt. Wären sämtliche Arbeitnehmer zu 100 Prozent entschädigt worden, würde dieser Betrag 13,5 Milliarden Franken betragen – die Menschen in Kurzarbeit mussten im letzten Jahr also eine Lohneinbusse von 2,7 Milliarden Franken hinnehmen.

«Wir haben nie ein Luxusleben geführt»

Geringverdienende kommen schon mit dem Normalsalär kaum über die Runden. Jetzt sind sie in finanzieller Not. So auch die Familie von Vimalraj Savarijan Logu. «Das Geld war schon knapp, als ich noch normal arbeiten konnte», sagt der Küchenmitarbeiter. «Wir haben nie ein Luxusleben geführt, Ferien können wir uns nicht leisten. Aber wenigstens hat es fürs Essen und für die Kinderbetreuung gereicht.» Das tut es nun nicht mehr. Mehrfach musste der Familienvater die Caritas um Hilfe bitten. Die Organisation bezahlte einzelne Rechnungen, half mit Lebensmittelgutscheinen. Auch diesen Monat sieht es nicht gut aus.

Was es für Logu noch schwieriger macht: Er ist Alleinverdiener, seine Frau Sinthuja Coonghe Logu ist seit Jahren schwer krank und kann nicht arbeiten. Ihre Krankheit verursacht zusätzliche Kosten. Letzten August musste sie sich einer 13-stündigen Operation unterziehen, während der ein Teil eines Tumors entfernt wurde. Danach musste sie für eineinhalb Monate in eine Rehaklinik.

Mit Anträgen überfordert

Die Prämie für die Krankenkasse ist neben dem Wohnen der grösste Ausgabenposten der Familie. Laut Caritas trifft das auf die meisten Haushalte in Not zu. Bei ihrer Schuldenberatung melden sich vor allem Personen mit Zahlungsrückständen bei den Steuern und Krankenkassenprämien.
Rechnungen bleiben auch offen, weil der Lohn bei Kurzarbeit oft verspätet ausgezahlt wird. Das bestätigt die Gewerkschaft Unia auf Anfrage. Die Betriebe müssen die Kurzarbeitsentschädigung bei den Arbeitslosenkassen anfordern. Viele sind mit dem Prozedere überfordert, reichen unvollständige Unterlagen ein oder machen falsche Angaben. In der Folge verzögert sich die Auszahlung. Ausserdem sind viele Arbeitslosenkassen heillos überlastet.

Vimalraj Savarijan Logu hofft, dass er ab April wieder arbeiten kann. Dann könnte er seine Rechnungen endlich wieder ohne Hilfe zahlen.

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