Anfang Jahr verkündete der Bundesrat die grosse Test-Offensive. Doch einige Kantone führten nie Massentests durch, andere nur widerwillig – und unlängst hat der Berner Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg (58) die Tests in seinem Kanton komplett gestoppt. Eltern verstehen die Welt nicht mehr, Politiker fordern endlich Schutz für die Kinder und ihre Familien. Auch SonntagsBlick hat Druck gemacht und aufgezeigt, wie der Kanton Bern mit falschen Zahlen das Ende der Massentests durchboxte. Jetzt reagiert der Bund und offeriert Gratis-Pooltests für alle Schüler in der Schweiz. Gieri Cathomas (44) leitet die Plattform «Together We Test», die das Projekt stemmen soll. Für zaudernde Bildungsdirektoren und verharmlosende Kinderärzte hat der Test-Chef wenig Verständnis.
Ab Mitte Oktober setzt die Plattform «Together We Test» der Hirslanden-Gruppe im Auftrag des Bundes eine nationale Test-Lösung um. Wie funktioniert das konkret?
Gieri Cathomas: Wir bieten schweizweit kostengünstige PCR-Tests für alle an – in Form von Pooltests in Apotheken, Arztpraxen oder bei der Spitex. Diese mischen die abgegebenen Einzelproben zu Pools und schicken sie in eines der 23 öffentlichen und privaten Labors, mit denen unsere Plattform zusammenarbeitet.
Für wen ist das Angebot gedacht?
Besonders für Ungeimpfte, zu denen nach wie vor alle Kinder unter zwölf Jahren zählen. Das Angebot richtet sich an Einzelpersonen, aber auch an Einrichtungen wie Altersheime, Betriebe und Schulen.
Dort gibt es doch zum Teil schon repetitive Tests ...
Die Kantone können das repetitive Testen anbieten und der Bund übernimmt die Kosten. Doch einige, teilweise auch grosse Kantone beteiligen sich nicht an repetitiven Tests. Diese Lücke wird jetzt mit einer nationalen Lösung geschlossen. Sämtliche Schulen, Firmen und Pflegeeinrichtungen des Landes können sich in Zusammenarbeit mit Leistungserbringern wie etwa Apotheken an Pooltests beteiligen – unabhängig von der Politik des jeweiligen Kantons.
Nehmen wir an, ich sei Schulleiter im Kanton Bern, dessen Regierung gegen repetitive Massentests ist. Was muss ich unternehmen, um meine Schüler regelmässig testen zu können?
Sie müssen relativ wenig tun. Ab Mitte Oktober können Sie sich dann bei einer uns angeschlossenen Apotheke anmelden. Diese hilft Ihnen, die Tests zu organisieren, und übernimmt das Pooling. Die Apotheke wird für diese Dienstleistungen vom Bund entschädigt.
Der studierte Mediziner Gieri Cathomas (44) leitete Anfang Jahr die Betriebstests in Graubünden. Dann wechselte er als externer Projektleiter zur Hirslanden-Gruppe. In dieser Funktion koordiniert er das repetitive Testen in mittlerweile elf Kantonen.
Der studierte Mediziner Gieri Cathomas (44) leitete Anfang Jahr die Betriebstests in Graubünden. Dann wechselte er als externer Projektleiter zur Hirslanden-Gruppe. In dieser Funktion koordiniert er das repetitive Testen in mittlerweile elf Kantonen.
Der Bundesrat düpiert die störrischen Kantone!
Die kantonalen Konzepte laufen weiter. Unsere Plattform arbeitet in diesem Rahmen bereits mit elf von ihnen zusammen. Das neue Angebot ist also keine Konkurrenz zu den Kantonen, sondern eine Ergänzung.
Auch Einzelpersonen können bei den Pooltests mitmachen. Ich gehe in die Apotheke und gebe eine Speichelprobe ab – diese wird dann zusammen mit den Proben von weiteren Personen analysiert. Kriege ich bei einem negativen Resultat ein Zertifikat?
Ist ein Pool negativ, besteht die Möglichkeit zur Ausstellung eines Covid-Zertifikats innert 72 Stunden nach der Probenabgabe – wenn der entsprechende Kanton das unterstützt.
Und wenn er positiv ist?
In diesem Fall können wir kein Zertifikat ausstellen. Weil dann jeder Poolteilnehmer infiziert sein könnte. Jeder Teilnehmer muss dann selber entscheiden, ob er einen nachgelagerten Einzeltest machen möchte.
In einem Pool werden die Proben von bis zu zehn Personen vermischt. Wie gross ist das Risiko, dass ich als Gesunder in einem positiven Pool lande und fälschlicherweise Angst habe, ich sei der Infizierte?
Die Positivitätsrate bei den Pools nach den Sommerferien beträgt zwei bis drei Prozent. Das Risiko ist also 1 zu 50 bis 1 zu 30.
Was kostet der Pooltest?
Für Einrichtungen, die am repetitiven Testen teilnehmen, übernimmt der Bund die Kosten vollständig. Und die Kosten für Einzelpersonen, die sich ausserhalb dieses Rahmens testen lassen, werden rund fünfmal günstiger sein als die kostenpflichtigen Einzeltests, die 160 Franken oder mehr kosten.
Wird denn in der Schweiz nach wie vor viel getestet?
Auf unserer Plattform sind mittlerweile über 6000 Betriebe, Schulen und Gesundheitseinrichtungen registriert. Seit Ende März haben wir über 300 000 Pools ausgewertet. Das entspricht mehr als zwei Millionen Einzeltests.
Gesundheitsminister Alain Berset (49) hat genug: Weil die Kantone die repetitiven Tests nur halbherzig oder gar nicht durchführen, beauftragt der Bund die Plattform «Together We Test» der Hirslanden-Gruppe mit der landesweiten Organisation von Gratis-PCR-Pooltests für Schulen, Betriebe und Gesundheitseinrichtungen. Auch Einzelpersonen können sich testen lassen – nicht gratis, aber günstig: Die Kosten liegen rund fünf Mal tiefer als bei den aktuellen PCR-Einzeltests. Mehr Informationen gibt es auf www.togetherwetest.ch
Gesundheitsminister Alain Berset (49) hat genug: Weil die Kantone die repetitiven Tests nur halbherzig oder gar nicht durchführen, beauftragt der Bund die Plattform «Together We Test» der Hirslanden-Gruppe mit der landesweiten Organisation von Gratis-PCR-Pooltests für Schulen, Betriebe und Gesundheitseinrichtungen. Auch Einzelpersonen können sich testen lassen – nicht gratis, aber günstig: Die Kosten liegen rund fünf Mal tiefer als bei den aktuellen PCR-Einzeltests. Mehr Informationen gibt es auf www.togetherwetest.ch
Müssen sich die beteiligten Apotheken und Arztpraxen jetzt auf einen Ansturm von Testwilligen vorbereiten?
Das ist schwer zu sagen. Wir sind im Gespräch mit diesen Einrichtungen und hoffen, bis Mitte Oktober möglichst viele von ihnen mit an Bord zu haben.
Aber eigentlich hiess es doch: Je mehr Leute geimpft sind, desto weniger müssen wir testen.
Die Pandemie hat mich vor allem gelehrt, dass ich extrem wenig über sie weiss. Aber wir haben schon gewisse Dinge gelernt, auch mit Blick auf das Testen. Schauen Sie, was nach dem Ende der Sommerferien passiert ist: Die Fallzahlen sind massiv gestiegen. Mehr Testen hätte da zweifellos geholfen. Deshalb ist klar: Nach dem Ende der Herbstferien müssen wir bereit sein. Dies gilt ganz besonders für die Schulen. Je mehr ungeimpfte Kinder regelmässig getestet werden, desto besser. Hier stehen aus meiner Sicht auch die Bildungsdirektionen in der Pflicht.
Einige Kantone finden aber, dass repetitive Tests für Kinder sinnlos seien. Jetzt werden sie von Pädiatrie Schweiz, der Organisation der Kinderärzte, auch noch darin bestärkt.
Es bedeutet natürlich einen gewissen Aufwand, die Kinder zu testen. Und es stimmt, dass der Krankheitsverlauf von Kindern häufig asymptomatisch ist. Genau darin steckt jedoch die Gefahr. Denn die Kids wohnen nicht zusammen in einer Kinder-WG, sondern bei ihren Eltern. Das heisst, sie tragen das Virus aus den Schulen zu ihren erwachsenen Verwandten, darunter sind nicht selten auch die Grosseltern. Und bei diesen sehen die Krankheitsverläufe dann ganz anders aus. Dies zeigt bereits ein kurzer Blick auf die Intensivstationen. Das sollten auch die Kinderärzte berücksichtigen.
Wie lange bieten Sie die Pooltests an?
Laut Verordnung bezahlt der Bund die repetitiven Tests bis Ende März 2022. Dann wird er neu entscheiden.