Bürgerwut auf Burgerbude in Windisch AG
McDrive am Schulweg versetzt Dorf in Aufruhr

Die grösste Fast-Food-Kette der Welt ist überrascht. In Windisch AG stösst ein geplanter McDrive bei Eltern und Anwohnern auf Widerstand – zu reden gibt vor Ort insbesondere die Sicherheit der Schulkinder.
Publiziert: 09.03.2025 um 16:44 Uhr
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Aktualisiert: 14:50 Uhr
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Viele Eltern und Anwohner sehen den geplanten McDonald's an der Hauserstrasse 43 kritisch. Im Hintergrund ist der ehemalige Coop zu sehen, dessen Platz der Fast-Food-Laden einnehmen wird.
Foto: Philippe Rossier

Auf einen Blick

  • McDonald's plant Expansion in Windisch, Anwohner protestieren gegen den Standort
  • Sicherheitsbedenken wegen McDrive auf Schulweg; auch die langen Öffnungszeiten und der Lärm bereiten den Anwohnern Sorge
  • Je eine Onlinepetition für und gegen den geplanten Burgerladen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Die Herzen Europas erobern die USA zurzeit nicht unbedingt. Anders sieht es mit den Gaumen aus. Amerikanische Fast-Food-Ketten expandieren in der Schweiz kräftig. 17 KFC gibt es heute, vor fünf Jahren waren es noch neun. Subway verkauft in über 50 Restaurants Sandwiches, bis 2031 sind weitere 70 geplant. Burger King hat 94 Standorte, erst letztes Jahr kamen neun dazu. Spitzenreiter bleibt aber – wie könnte es anders sein – McDonald's. 183 Läden betreibt der Konzern in der Schweiz, 200 sollen es bald werden. «Neue Standorte gesucht» heisst es auf der Website.

Dass die Ortswahl nicht immer problemlos läuft, zeigt der Fall Windisch. Für die Hauserstrasse 43 läuft hier ein Baugesuch. Wo früher ein Coop war, soll ein McDonald's mit 154 Innenplätzen, grosser Terrasse und Drive-in entstehen. Bei den Kindern löst der geplante Burgerladen jetzt schon Vorfreude aus. «McDonald's ist gut! McDonald's ist gut!» johlt eine Gruppe vorbeilaufender Schüler lauthals. «Kein Drive-through auf dem Schulweg» und «Falscher Standort» steht dagegen auf den Schildern der Eltern und Anwohner, die sich diesen Mittwoch vor dem ehemaligen Coop versammelt haben. 

Sicherheit der Kinder gibt zu denken

Sieben Artikel widmete die «Aargauer Zeitung» der Kontroverse bisher; die Stimmung bei einer Infoveranstaltung des Unternehmens beschreibt Gemeinderat Reto Candinas im Nachhinein als «aufgeheizt». McDonald's habe die Situation vor Ort nicht angemessen berücksichtigt, sagt Mutter und Anwohnerin Jeanine Pabst. «Der McDrive führt über den Schulweg.» Noch während der Minidemo läuft eine Gruppe Kindergartenkinder vorüber. Zusammen mit fast 200 Mitstreitern ist Pabst Teil einer Whatsapp-Gruppe, die den Burgerladen in Windisch AG verhindern will. 

Der Schulweg führt über die Zufahrt des geplanten McDrive (hier als Visualisierung zu sehen).

Um den Backlash zu verstehen, wird ein Blick auf die Karte notwendig. Direkt auf der Westseite der stark befahrenen und mehrspurigen Hauserstrasse befinden sich eine Primarschule und zwei Kindergärten, auf der Ostseite ein Schulkomplex für alle Jahrgänge. Das Problem dabei: Die Bildungsstätten auf der Westseite teilen ihre Infrastruktur mit jenen der Ostseite. Um zum Turnen, Werken, Mittagstisch oder Hort zu gelangen, müssen die etwa 200 Schüler und Kindergärtler der Westseite fast täglich per Unterführung die Hauserstrasse queren – der daran anschliessende Schulweg führt über die geplante McDrive-Einfahrt. 

Gleiche Grundsituation?

Sorgen machen sich die Anwohner auch um die zusätzliche Lärmbelastung und den Mehrverkehr. Laut dem Baugesuch soll der McDonald's Freitag und Samstag bis um zwei Uhr nachts geöffnet sein, an den fünf übrigen Tagen bis Mitternacht. «Ein Laden mit solchen Öffnungszeiten gehört ins Industriegebiet», sagt Anwohnerin Claudia. «Mit einem Bordell wäre es abends ruhiger.» Auch Antonio, der zufällig vorbeiläuft, sagt: «Wir haben schon genug Lärm.» Schlimmer finde er aber, dass Schüler angefahren werden könnten. Sein Enkelkind besucht vor Ort den Kindergarten.

Für Jae Ah Kim, die Kommunikationschefin von McDonald’s Schweiz, kommt die Vehemenz des Widerstands überraschend. «Auch die Coop-Filiale wurde mit Autos besucht und hatte Parkplätze», sagt sie. Punkto Sicherheit habe sich an der Grundsituation nichts verändert. «Es liegt überhaupt nicht im Interesse von McDonald's, Menschen zu gefährden.» Im Gegenteil sogar: Für ein Unternehmen mit so vielen Standorten sei es besonders zentral, ein respektierter Teil der Gemeinschaft zu sein. Entschärfen kann Kim bei den Öffnungszeiten. Endgültig festgelegt seien diese noch nicht, auch in anderen Gemeinden fanden sich Kompromisse. Ein starker Mehrverkehr sei nicht zu erwarten, wie die Erfahrungen an anderen Standorten gezeigt haben.

«Nicht an diesem Standort»

Was die Sicherheitsfrage betrifft, ist Anwohner Ruedi Müller anderer Meinung. Im Coop einzukaufen dauere im Normalfall länger, als etwas bei McDrive zu bestellen. «Schnelles Bedienen ist bei McDrive Teil des Geschäftsmodells», sagt er. Dazu gehöre, dass man nicht einmal aussteigen muss. Gerade zur Mittagszeit, wenn die Kinder heimlaufen, werde die Fahrfrequenz hoch sein. «Da kann man nicht von der gleichen Grundsituation reden.» Kompromisse gibt es für die Anwohner-Gruppe keine. «Nicht an diesem Standort.»

Mit der Ablehnung des Burgerladens steht die Anwohner-Gruppe offenbar nicht allein. Am Mittwochnachmittag startete sie eine Web-Petition, die am Samstag bei etwa 980 Unterschriften steht. Eine tags darauf vom Pro McDonald’s Schweiz Fan Club lancierte Gegenpetition kommt auf 225 Unterstützer. «Wir arbeiten auch an einer rechtlichen Einsprache», sagt Ruedi Müller.

Kein leichtes Pflaster

Die amerikanische Burgerkette scheint es im Aargau nicht leicht zu haben. Erst letztes Jahr wurde eine Filiale in Würenlingen, eine viertelstündige Autofahrt von Windisch entfernt, vom Regierungsrat verhindert. Auch hier hat die Bevölkerung mit über 60 Einsprachen und einer Petition mit 600 Unterschriften Druck aufgebaut. Im Fokus stand vor allem die Angst vor Lärm und Littering. Im benachbarten Gebenstorf AG scheiterte 2021 ein McDrive vor dem Bundesgericht. 

Einsprachen seien für McDonald’s nichts Neues, sagt Kommunikationschefin Kim. «In der Schweiz gehört das dazu.» Ein Anstieg sei aber nicht feststellbar. In Bezug auf Windisch gibt sie sich weiterhin optimistisch. «Wir haben etwas eingegeben, das zum Standort passt, zonenkonform und somit bewilligbar ist.» Über den Bau entscheiden wird in erster Instanz der Gemeinderat. Dieser sieht den geplanten Neubau «kritisch», verspricht aber, das Gesuch nach Fristende am 28. März «fair und objektiv» zu beurteilen.

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