Blocher-Schwiegersohn will Künzli cool machen
Droht dem «Sneaker Boss» das Tesla-Schicksal?

Roberto Martullo hat Künzli gerettet. Jetzt peilt er eine junge Zielgruppe an. Sein SVP-Background könnte laut Experten zum Problem werden. Doch Martullo ist zuversichtlich.
Publiziert: 10:27 Uhr
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Aktualisiert: 10:51 Uhr
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Roberto Martullo zeigt die neuen Künzli-Modelle.
Foto: PD

Darum gehts

  • Roberto Martullo rettet Kultschuhmarke Künzli und plant Neustart mit Sneakern
  • Martullo ist Schwiegersohn von SVP-Doyen Christoph Blocher und ehemals politisch aktiv
  • Flagshipstore in Zürich eröffnet in der ersten Mai-Woche mit neuen Modellen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Peter AeschlimannRedaktor

Positive Schlagzeilen sind rar geworden, man muss sie in der Zeitung oft länger suchen als Ostereier im Garten. Aber selbstverständlich gibt es sie noch. Jüngst lautete eine davon: «Blocher-Schwiegersohn rettet Kult-Schuhmarke Künzli».

Kleiner Exkurs für alle, die noch nie von Fritz Künzli (1946–2019) gehört haben. Der hatte zwar nicht direkt etwas mit Künzli-Schuhen zu tun, schoss aber in den 60er- und 70er-Jahren mit Tretern dieser Marke bewaffnet Tore am Laufmeter für den FC Zürich. Der Schweizer Schuh mit den fünf Streifen war damals so bekannt wie heute Adidas oder Nike.

Dann wurde es leiser um Künzli. Wer den Schuh trug, tat dies meist auf ärztliche Verordnung, nach einer Bänderverletzung etwa. Im Freizeitbereich geriet die Marke ins Hintertreffen. Im vergangenen Jahr hiess es dann sogar, Künzli stehe vor dem Aus. Es habe sich niemand finden lassen, der das Traditionsunternehmen weiterführen wolle.

Auftritt Roberto Martullo (63), dem «Retter» und «Sneaker Boss», wie er sich selbst in einem Linkedin-Post beschreibt. Der Ehemann von SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher (55) hat den Aargauer Schuhhersteller gekauft und kündigt an, Künzli wieder gross zu machen. Mit einem Sneaker, den auch 20-Jährige cool finden würden.

In der ersten Mai-Woche soll der Flagship-Store in der Zürcher Innenstadt eröffnen. Ausgestattet mit nigelnagelneuen Modellen, die in Portugal produziert werden. Zu Blick sagt der Unternehmer: «Wir haben die Form angepasst, das Design an der Zielgruppe getestet – jetzt kommen unsere neuen Sneaker sehr gut an.»

Erste Aufnahmen aus dem «Künzli-Schuhe»-Laden in Zürich
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Martullo postet Tiktok-Videos:Erste Aufnahmen aus dem «Künzli-Schuhe»-Laden in Zürich

Es droht Musk-Effekt

Doch es gibt ein Problem. Man könnte es den Musk-Effekt nennen. Seit Tesla-Erfinder Elon Musk (53) ins Lager der Trumpisten gewechselt hat, kämpft der vormalige Vorzeigestromer mit Imageproblemen. Liberale Besitzer des E-Autos wehren sich mit Klebern am Fahrzeugheck: «Ich kaufte meinen Tesla, bevor Elon verrückt wurde.»

Droht Martullo nun das gleiche Schicksal wie Musk? Der Schwiegersohn von SVP-Doyen Christoph Blocher (84) war lange Zeit ebenfalls politisch aktiv. 2011 und 2015 kandidierte er erfolglos für den Kantonsrat. Damals beklagte er etwa eine «ungezügelte Einwanderung».

Rechtes Gedankengut und hippe Turnschuhe: Verträgt sich das? Klarer Meinung ist Fair-Fashion-Unternehmer Sebastian Lanz: «Künzli-Schuhe sind nun wie Teslas, man muss sich entschuldigen, dass man sie trägt und am besten anschreiben, dass man sie vor der Blocher-Übernahme gekauft hat.»

«Null Erfahrung»

Etwas differenzierter äussert sich Markenexperte Stefan Vogler. Seine Skepsis hat nichts mit dem SVP-Background von Künzli-Besitzer Martullo zu tun. Vogler glaubt nicht, dass die neuen Sneakers bei der Gen Z ankommen werden. «Dass es Martullo gelingt, in diesem hart umkämpften Markt einen Hype für Künzli-Schuhe zu generieren, bezweifle ich stark.»

Das Problem sei, dass Martullo «null Erfahrung im Modebusiness» habe. Dennoch hofft Vogler, dass Martullos Mut zur Rettung einer Schweizer Marke belohnt werde. «Möglich ist, dass Künzli die älteren Semester zurückerobert, Boomer, die heute On-Turnschuhe tragen.»

Kultmarke lebt weiter

Roberto Martullo lässt sich nicht beirren: «Ich denke nicht, dass meine Zugehörigkeit zur Blocher-Familie zur Hypothek für Künzli werden könnte.» Politisch sei er nicht mehr aktiv, seit seine Frau in den Nationalrat gewählt wurde. Aus seinem Umfeld, dem nicht nur SVP-Fans angehören würden, höre er nur Positives: «Eine Kultmarke lebt weiter, Arbeitsplätze wurden gerettet.»

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