Sie nutzen Drucksituationen schamlos aus, rücken mit mehreren Personen an und verlangen horrende Summen für ihre Dienste: Dubiose Handwerker haben Notfalldienste in der Schweiz zu einem fragwürdigen Geschäftsmodell gemacht. Um die Kosten in die Höhe zu treiben, nehmen sie weite Wege auf sich, rücken in manchen Fällen auch aus dem grenznahen Ausland an. Und: Sie drängen auf sofortige Bezahlung.
«Seit 2020 sehen wir einen Anstieg solcher Fälle», sagt Lucien Jucker, Jurist bei der Stiftung für Konsumentenschutz der «Berner Zeitung». Bis zu 50 Betroffene würden sich pro Jahr bei der Stiftung mit solchen Problemen melden.
Drei Handwerker, um Abfluss zu reparieren
In einem Bericht schildert die «Berner Zeitung», wie die Masche der Notdienst-Scharlatane abläuft. Es geht um einen Fall, der sich am Stadtrand von Bern ereignet haben soll. Eine Frau brauchte am Sonntagabend dringend einen Handwerker, weil ihr Küchenabfluss verstopft war. Trübes, übelriechendes Wasser rann aus dem Abfluss.
Bei Google findet sie die Website sanitär24.ch. Sie wählt die Notfallnummer, ein Handwerker aus Basel macht sich auf den Weg. Um 20 Uhr steht der Mann in Begleitung eines Gehilfen in der Küche der Bernerin. Er behauptet, nicht nur ihre Rohre seien verstopft, sondern die ganze zentrale Leitung im Keller des Wohnblocks.
Die Frau kann mit dieser Information wenig anfangen. Sie will nur, dass das Problem schnell gelöst wird. Der angebliche Fachmann holt in der Zwischenzeit noch einen weiteren Gehilfen hinzu. Gegen Mitternacht läuft alles wieder, wie es soll. Als der Inhaber eines «Rundumservices» der Frau die Rechnung überreicht, trifft sie fast der Schlag.
Sie soll 7040 Franken zahlen. Die Berner Staatsanwaltschaft bewertet den Fall als Wucher. Ein Strafbefehl wurde gegen den Notfall-Sanitär erlassen. Einer Gerichtsverhandlung blieb der EU-Bürger fern, der Strafbefehl ist rechtskräftig.