Schlange stehen für den Corona-Test – an dieses Bild hat man sich längst gewöhnt. Aber anstehen, um sich impfen zu lassen? Das gibts wohl nur in Biel BE. Dort impfte ein privates Gesundheitszentrum alle Impfwilligen über 18 Jahre – ohne Termin!
Das ungewöhnliche Angebot schien beliebt, in den Medien war wegen des grossen Ansturms immer wieder von stundenlangen Wartezeiten die Rede. Rund 400 Personen seien im Medizinischen Zentrum Biel MZB auf diesem Weg täglich unter die Nadel gekommen, so Geschäftsführer Walter Koch (66) zu Blick. Doch nun ist mit dem Walk-in-Service erst mal Schluss. Einfacher Grund: «Wir haben keinen Impfstoff mehr!»
«Stecken die Impfungen im Gotthard fest?»
Der Kinderarzt sagt, er habe beim Kanton zwar 2000 Impfdosen bestellt, jedoch seien nur 1000 zugestellt worden. Und: «Die Dosen, die wir erhalten haben, haben wir relativ schnell verbraucht. Jetzt sitzen wir auf dem Trockenen. Bis nach Pfingsten können wir nicht mehr impfen.» Er ärgert sich: «Ich weiss, dass beim Kanton niemand zaubern kann. Aber über das Tempo muss man reden.» Die Lieferzeiten sind aus seiner Sicht schlichtweg zu lang.
Erst letzten Samstag sind laut Blick-Informationen 750'000 Dosen des Corona-Impfstoffs von Moderna in der Schweiz eingetroffen. Am Montag folgte demnach eine weitere Lieferung des Vakzins von Biontech/Pfizer. «Stecken die Impfungen im Gotthard fest?», fragt sich derweil Walter Koch. «Es ist wirklich schade. Ein effizientes Impfzentrum ist nun geschlossen, denn wir könnten in fünf Tagen 2000 Personen impfen.»
Immer noch Impfstoff-Mangel
Der Kanton Bern teilt am Dienstag den Zwischenstand mit: «Die Schwelle von einer halben Million verimpfter Dosen ist überschritten.» Auf Blick-Anfrage nimmt die Gesundheitsdirektion auch Stellung zu den Vorwürfen aus Biel. Die Berner Behörde schreibt, die Impfstrategie beruhe primär auf den kantonalen Zentren. Dennoch seien 20'000 Dosen an die beteiligten Hausärzte verteilt worden. Das MZB von Walter Koch habe davon also einen Zwanzigstel erhalten.
Weiter heisst es, die Initiative aller Beteiligten würde geschätzt. Die Impfung ohne Termin sei eine von mehreren Möglichkeiten, flexibel auf das Angebot von Vakzinen reagieren zu können. Aber: «Auch bei den Zentren fehlt es an Impfstoff, wie überall in der Schweiz, in Europa, auf der Welt.» Alle vier Wochen liefere Moderna den Impfstoff, Biontech/Pfizer sogar im Zwei-Wochen-Takt. Ergo: «Der Kanton kann nur dann liefern, wenn Impfstoff zur Verfügung steht.» Immerhin: Die richtig «grossen Lieferungen» würden in knapp einem Monat erwartet.
