Die Vorwürfe der Berner Staatsanwaltschaft an den gläubigen Zeugen Jehovas Fabricio J.* (23) sind happig: Der gebürtige Portugiese mit angolanischen Wurzeln wird des Mordes an seiner Ex-Freundin Emma G.* (†20) in Ostermundigen BE beschuldigt. Die Leiche wurde splitternackt in der Badewanne gefunden. Sein Motiv? «Ein Laptop und 830 Franken», führte der Anwalt der Opfer-Eltern beim Prozessauftakt am Montag aus.
Am Donnerstag verkündete das Gericht sein Urteil: 16 Jahre Knast wegen Mordes! Ausserdem muss der Aargauer beiden Elternteilen des Opfers eine Genugtuung von 52'500 Franken bezahlen sowie die Verfahrenskosten von rund 84'000 Franken berappen.
Lügenmärchen oder Wahrheit?
Das Urteil ist eine Niederlage für die Verteidigung, die eigentlich einen Freispruch mangels Beweisen forderte. «Dass mein Mandant Emma G. Verletzungen zugefügt hat, ist unbestritten», sagte Rechtsanwalt Kenad Melunovic (45) am Montag zu Blick. «Aber da man schlicht und einfach nicht weiss, ob er den Tod dieser Frau verursacht hat, fordern wir einen Freispruch.»
Der Angeklagte sagte vor Gericht nicht aus. In früheren Einvernahmen machte er jedoch offenbar geltend, er habe die Wohnung am verhängnisvollen 10. August 2021 für einen kurzen Spaziergang nach dem Streit mit der Bernerin verlassen und als er zurückgekommen sei, habe er die nackte Leiche in der Badewanne gefunden. Dann sei er in Panik ausgebrochen und habe mit dem Beseitigen der Spuren begonnen. Dieser Version schenkte der Richter keinen Glauben: «Wir hoffen nur, dass Emma G. rasch das Bewusstsein verloren hat.» Aufgrund der Abwehrverletzungen müsse man aber davon ausgehen, dass ein Todeskampf stattgefunden habe.
Es war Mord!
Die Beweggründe - mutmasslich ein paar Hundert Franken und ein Laptop - stuft das Gericht als besonders verwerflich ein: «Die Tötung ist extrem egoistisch und deutet auf eine extreme Geringschätzung des Lebens hin.» Der Tatbestand des Mordes ist für das Regionalgericht Bern-Mittelland klar erfüllt.
Abschliessend riet der Gerichtspräsident dem mutmasslichen Killer, der das Urteil stoisch und mit gesenktem Blick ertragen hatte, endlich die Wahrheit zu sagen: «Natürlich darf ein Beschuldigter lügen, er darf auch schweigen. Dennoch empfehlen wir Ihnen, endlich die Wahrheit zu sagen. So werden Sie auch vor Obergericht keinen Freispruch erhalten.» Der Familie des Opfers wünschte der Richter viel Kraft: Er hoffe, mit der ausgefällten Strafe einen Teil der Wunden heilen zu können.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann noch an die nächste Instanz weitergezogen werden. Bis zum Eintritt der Rechtskraft gilt für Fabricio J. die Unschuldsvermutung.
* Name geändert