Untersuchung in Biel
Beamter verlangte Sex für Ausländerausweis

Missstände in der Bieler Stadtverwaltung führten zu einer Untersuchung durch eine externe Kontrollstelle. Dabei kamen neue Fälle zum Vorschein. Jetzt wird die betreffende Dienststelle neu organisiert.
Publiziert: 18.01.2024 um 14:09 Uhr
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Aktualisiert: 18.01.2024 um 21:55 Uhr
Ausländerausweise: Betroffen sind vor allem die Bereiche Migration und Ortspolizei/Sicherheit, Intervention, Prävention.

Nach wiederkehrenden Problemen muss die Stadt Biel ihre Dienststelle Einwohner- und Spezialdienste umfassend reorganisieren. In der Vergangenheit kam es zu mutmasslichen Verfehlungen, etwa wegen passiver Bestechung oder der Einforderung sexueller Dienstleistungen für einen Ausländerausweis. 

Im Veruntreuungsfall ist der betroffene Mitarbeitende nach Angaben der Stadt geständig und hat das veruntreute Geld zurückbezahlt. Das Arbeitsverhältnis wurde fristlos aufgelöst, wie aus der Mitteilung weiter hervorgeht.

Mitarbeiter machte unmoralisches Angebot


Bei der Anzeige wegen passiver Bestechung liegt die Tat länger zurück. Auch hat der beschuldigte Mitarbeiter die Stadtverwaltung schon vor einiger Zeit verlassen. Er soll für das angeblich sichere und rasche Ausstellen eines Ausländerausweises eine Geldzahlung gefordert haben. Zu Letzterem kam es allerdings nicht, da der Angestellte keine entsprechenden Kompetenzen hatte, um Ausweise auszustellen.

Auch der zweite Fall mutmasslicher passiver Bestechung liegt laut Stadt schon länger zurück. Hier wurden sexuelle Dienstleistungen für das Ausstellen eines Ausländerausweises gefordert. Das betroffene Opfer sei auf dieses verwerfliche Angebot nicht eingegangen, teilte die Stadt mit. Den angeschuldigten Mitarbeitenden hat die Stadt umgehend und auf unbestimmte Zeit freigestellt.

Betroffen sind innerhalb der Dienststelle vor allem die Bereiche Migration und Ortspolizei/Sicherheit, Intervention, Prävention, wie aus einer Mitteilung der Stadt vom Donnerstag hervorgeht.

Telefonische Erreichbarkeit plötzlich eingeschränkt

Dass etwas nicht stimmte, wurde bereits im vergangenen August klar, als die Stadt mitteilen musste, dass sie die telefonische Erreichbarkeit des Bereichs Migration wegen Personalmangels und Arbeitsüberlastung einschränken müsse. 

Als Sofortmassnahme wurde umgehend Personal aus anderen Bereichen abgestellt. Nach Rückmeldungen und nachdem ein Betrugsfall im Bereich Migration zum Vorschein gekommen war, schaltete die neue Gemeinderätin Natasha Pittet (PRR) die externe Kontrollstelle der Stadt ein.

Während der Abklärungen tauchten zwei Fälle mutmasslicher passiver Bestechlichkeit im Bereich Ortspolizei auf. Es wurde eine amtliche Untersuchung angeordnet, die zeigen soll, ob es noch weitere Fälle gibt, und warum es in der betroffenen Dienststelle zu derartigen Missständen kommen konnte. 

Diese Abteilungen sind von den Missständen betroffen

Die Bieler Stadtregierung hat unterdessen zwei Verpflichtungskredite von insgesamt 202'000 Franken gesprochen für externe Unterstützung und Begleitung. Este Berichte und Massnahmen werden für den Sommer 2024 erwartet, heisst es in der Mitteilung weiter.

Gemeinderätin Natasha Pittet ist seit April Mitglied der Bieler Stadtregierung. Sie ist französischsprachig und politisiert für den PRR, die welsche Schwesterpartei der FDP. Die studierte Juristin übernahm die Direktion Soziales und Sicherheit von Beat Feurer (SVP). Dieser wechselte in die Finanzdirektion.

SP fragt: Warum wurde nicht längst reagiert?

Die von den Missständen besonders betroffenen Abteilungen Migration und Ortspolizei/Sicherheit, Intervention, Prävention gehören zur Dienststelle Einwohner- und Spezialdienste. Diese wiederum gehört zu Pittets Direktion für Soziales und Sicherheit. 

Die Bieler SP wies am Donnerstagabend in einer Mitteilung drauf hin, dass sie zusammen mit anderen politischen Akteuren bereits mehrfach darauf hingewiesen habe, dass die Einwohnerdienste neu aufgestellt werden müssten. Im Fokus standen dabei mehrheitlich um die langen Wartezeiten bei der Verlängerung von Ausweisen.

Der Stadtrat warte seit einem Jahr auf einen Bericht, in dem die Probleme aufgezeigt und Verbesserungen vorgeschlagen würden, schreibt die SP weiter. Es stelle sich die drängende Frage, warum nicht schon längst reagiert worden sei. (SDA)

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