Staatsanwaltschaft entlastet Jungbestatter Huguenin (22)
«Auch mit Toten darf Gewinn gemacht werden»

Der Bestatter Kevin Huguenin geriet in die Schlagzeilen, nachdem ihm mehrere Angehörige Abzockpreise und Einschüchterung mit Inkassobüros vorwarfen. Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren nun eingestellt. Der Berner habe sich nicht strafbar gemacht.
Publiziert: 11.11.2021 um 11:06 Uhr
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Aktualisiert: 11.11.2021 um 14:18 Uhr
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Der Jungbestatter Kevin Huguenin hatte ein Strafverfahren am Hals, dieses wurde nun eingestellt.
Foto: SRF

Kevin Huguenin (22) wurde als jüngster Bestatter der Schweiz berühmt. Berüchtigt wurde der gebürtige Aarberger wegen seiner vermeintlich zu hohen Preise für seine Dienste.

Mehrere Angehörige klagten darüber bei Blick. Der Vorwurf: Statt der beim Pauschalangebot vereinbarten Kosten erhielten sie fast doppelt so hohe Rechnungen. Werden diese nicht umgehend beglichen, wird ein Inkassobüro eingeschaltet

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Zwei Hinterbliebene hatten Huguenin deswegen angezeigt. Die Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland hatte ein Strafverfahren wegen Wucher, Betrug und Urkundenfälschung eröffnet.

«Mit Toten darf Gewinn gemacht werden»

Mitte Oktober wurde das Verfahren eingestellt. Die Staatsanwaltschaft hat keine Anzeichen dafür gefunden, dass sich der Jungbestatter strafbar gemacht haben könnte, berichtet die «Berner Zeitung».

Die Behörden ordnen zwar seine Dienstleistungen einem Hochpreissegment zu, sehen darin jedoch kein Verbrechen. «Auch mit Toten darf im normalen Rahmen Gewinn gemacht werden, ohne dass dies moralisch verwerflich wäre und sogleich als Abzocke bezeichnet wird», resümiert die Staatsanwaltschaft in ihrer Einstellungsverfügung.

Vertrag aufmerksam lesen

Die Kläger hatten Huguenin vorgeworfen, sie mit den Pauschalangeboten hinters Licht geführt und die zusätzlichen Kosten – etwa für die Kühlung des Leichnams, die Urne oder den Transport – verschwiegen zu haben. Statt die Angehörigen explizit darauf hinzuweisen, habe er die Notsituation der Trauernden ausgenutzt und die effektiven Ausgaben nicht transparent dargelegt.

Das sieht die Staatsanwaltschaft anders. Alle Leistungen, darunter auch die zusätzlichen, seien in den Verträgen angegeben worden. Wer die Dokumente aufmerksam gelesen hätte, hätte über die Kosten Bescheid wissen sollen. Explizit darauf aufmerksam machen müsse der Anbieter nicht.

Unternehmen läuft nicht mehr so gut

Zwar ist an seinen Praktiken nichts Illegales, dennoch spürt der 22-Jährige die Auswirkungen der Anzeigen. 90 Prozent der Aufträge seien weggebrochen, mehrere Niederlassungen mussten geschlossen werden und auch an der Personalfront sieht es schwierig aus: Die freien Mitarbeiter wollten nicht mehr bei ihm tätig sein.

Nun hat er die «Pauschalangebote» in «Grundtarife» umgetauft. Der «Berner Zeitung» sagt er, er wolle so künftigen Missverständnissen vorbeugen. Auch ist in seinen Preisen neu die Mehrwertsteuer inbegriffen. «Niemand ist fehlerfrei, ich in meinem jungen Alter schon gar nicht», so Huguenin. (man)

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