Ex-Pilot Rudolf Zürcher (62) sitzt in seinem Wohnwagen in Toffen BE und blättert durch eine alte BLICK-Ausgabe aus 2004. Auf der Titelseite: er selbst!
«Heli-Überfall aufs Sahlenweidli – SF DRS stinksauer auf Pilot», titelte BLICK damals. Der Berner schmunzelt: «Ich war mit Freunden auf einem Rundflug, und wir wollten uns spontan anschauen gehen, wie die dort filmen. Wir kamen aber ungelegen – sie wollten in diesem Moment gerade mit dem Filmen beginnen.»
Vom Kaminfeger zum Piloten
Nur eine Panne von vielen. Doch der gelernte Kaminfeger hatte immer gehörig Glück an Bord. 1982 schaffte er die Umschulung zum Privatpiloten. Nicht genug für Zürcher – er liess sich bis zum Kunstfluglehrer ausbilden: «Es ist in über 23'000 Flugstunden nicht oft vorgekommen, dass ich Angst hatte.» Aber: «Vier oder fünf Mal war auch ich nicht mehr guten Mutes.»
Nach einer Bruchladung in Thun BE ging auch die Gletscherflug-Prüfung schief. Nach dem Start in Saanen BE sei der Flieger ausgebrochen und mit einem Schneewall kollidiert. «Dann sind wir auf dem Dach liegen geblieben», erinnert sich der Allround-Pilot. Wie durch ein Wunder überlebten die Insassen unversehrt und konnten durch die Frontscheibe des Wracks hinausklettern.
Turbulenzen und Notlandungen
Auch auf einem Anflug auf Tortolì (I) erlebte «Züri», wie ihn seine Freunde nennen, bange Minuten: «Es war schönes Wetter. Auf einmal gab es einen Schlag aus dem Nichts, und die Stewardess wurde ans Dach geschleudert. Ich hatte Angst, dass uns der Flügel wegbricht, und ja, die Frau hätte sich das Genick brechen können!»
Später entrann er mit einer kleinen Propellermaschine nur knapp dem Tod. «Der Motor schaltete sich aus. Aber weil kurz zuvor ein Freund von mir abgestürzt und bei lebendigem Leibe im Flieger verbrannt war, wusste ich, was zu tun war», so Zürcher. Seine Rettungsidee: «Ich habe meine Freundin angerufen und sie gebeten, die Polizei zu alarmieren. Dann hätte mich zumindest jemand aus dem Wrack befreien können.» Im Gleitflug kann er seine Maschine in Domodossola (I) einigermassen runterholen.
Unter Heissluftballon geflogen
Richtig eng wurde es im Wasser – mit einem Motorboot auf dem Lago Maggiore. «Ich war baden, da zog ein Gewitter auf und mein Boot wurde vom Wind weggetragen. Ich konnte nicht schnell genug schwimmen, um es einzuholen», erinnert sich der Ex-Pilot und fügt an: «Die Wellen brachen über mich herein. Nach zwei Stunden hat mich zum Glück ein Kursschiff entdeckt!»
Einmal flog er mit dem Flugzeug nur wenige Meter unter einem Heissluftballon durch. «Züri» lacht über das tollkühne Manöver: «Das hat per Zufall jemand fotografiert, und schon bin ich wieder auf irgendeiner Titelseite gelandet.»
Das haben auch viele seiner Passagiere geschafft. «Ich bin für einen Russen mit einem Businessjet geflogen», so der Flugnarr. «George Michael, Christina Aguilera, Gerhard Schröder, Vitali Klitschko – ich hatte sie alle an Bord.»
Jähes Flugende kurz vor der Rente
Vor knapp zwei Jahren nimmt die Fliegerei ein jähes Ende: «Der Russe hat den Flieger verkauft.» Seither arbeitet Rudolf Zürcher wieder als Chauffeur und lebt unter der Woche in seinem Wohnwagen. Wehmütig blickt er gen Himmel und sagt: «Ich wäre gerne noch bis zur Rente geflogen.»