«Namhafter finanzieller Schaden»
Stadt Bern stellt Mitarbeiter nach Fehlverhalten per sofort frei

Ein Mitarbeiter der Stadt Bern hat beim Einkauf von Büromobiliar über mehrere Jahre gegen die Beschaffungsregeln der Stadt verstossen. Nach einer externen Administrativuntersuchung wurde er nun per sofort freigestellt, wie die Stadt am Donnerstag bekanntgab.
Publiziert: 20.03.2025 um 13:58 Uhr
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Aktualisiert: 21.03.2025 um 22:34 Uhr
Ein Mitarbeiter der Stadt Bern hat beim Einkauf von Büromobiliar über mehrere Jahre gegen die Beschaffungsregeln der Stadt verstossen. (Symbolbild)
Foto: ALEXANDRA WEY

Darum gehts

  • Stadt Bern erleidet finanziellen Schaden durch Wettbewerbsverletzungen
  • Mitarbeiter vergab Aufträge unter Umgehung des Wettbewerbs
  • 1,6 Millionen Franken ohne Wettbewerb vergeben in vier Jahren
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SDASchweizerische Depeschenagentur

«Nicht schön» sei diese Angelegenheit, sagte Melanie Mettler (GLP) bei ihrem allerersten Auftritt vor den Medien als neue Gemeinderätin der Stadt Bern. Mettler präsentierte die Ergebnisse der Untersuchung und konstatierte, dass der Stadt ein «namhafter finanzieller Schaden» entstanden ist. Die Höhe dieses Schadens lasse sich nicht genau eruieren, weil rückwirkend nicht mehr festgestellt werden könne, zu welchen Preisen die Stadt mit Konkurrenzofferten hätte einkaufen können.

Aus der Untersuchung ging hervor, dass in vier von insgesamt zehn untersuchten Jahren ein Auftragsvolumen von 1,6 Millionen Franken ohne Wettbewerb vergeben wurde.

Freigestellt seit März

Der Mitarbeiter, der bei Logistik Bern arbeitete, sei ab dem Zeitpunkt des Vorliegens des Berichts Anfang März freigestellt worden, sagte Mettler, die Direktorin für Finanzen, Personal und Informatik, weiter. Logistik Bern versorgt die Stadtverwaltung und Kundinnen und Kunden aus dem öffentlichen Sektor mit Verbrauchsgütern und Mobiliar.

Die Verstösse geschahen in den Jahren 2015 bis 2024. Die Stadt kam zum Schluss, dass der Mitarbeiter Aufträge «freihändig unter Umgehung des Wettbewerbs und zu überhöhten Preise» vergab. Er habe dies vorsätzlich und wider besseren Wissens getan.

Keine Konkurrenzofferten eingeholt

Keine Klarheit lieferte die Untersuchung über die Motive des Mannes. Zwar attestiert der Bericht dem Mitarbeiter «ein als problematisch einzuordnendes enges persönliches Verhältnis» zum Inhaber des Unternehmens, welches die Aufträge erhielt. Hinweise auf ein strafrechtlich relevantes Verhalten konnten aber nicht festgestellt werden.

Der Bericht führte zutage, dass Logistik Bern bei einer Lieferantin mit Rahmenvertrag Büromobiliar beschaffte, das nicht Bestandteil des Vertrags war. Diese Beschaffungen erfolgten ohne Beachtung der beschaffungsrechtlichen Schwellenwerte und ohne Einholung von Konkurrenzofferten.

Keine Hinweise auf Fehler im System

Logistik Bern hatte 2015 nach einer Ausschreibung zwei Rahmenverträge für Büromobiliar abgeschlossen. Mit den Verträgen wollte sie die Beschaffungsprozesse vereinfachen und von guten Konditionen für den Bezug von Mobiliar profitieren. Die Verträge schloss die Stadt über die Zeitdauer von acht Jahren mit Option auf zwei weitere Jahre ab.

Die Stadt habe im vergangenen Herbst nach einer Reorganisation und einem internen Hinweis erste Verdachtsmomente geschöpft, so Mettler, die damals noch nicht Gemeinderätin war. Darauf sei sogleich der Untersuchungsprozess angelaufen.

Im vergangenen Dezember stoppte die Stadt die Ausschreibung eines neuen Rahmenvertrags für Büromobiliar, im Januar leitete sie schliesslich die Administrativuntersuchung ein. Solche Untersuchungen wurden gemäss Mettler in der Vergangenheit nur sehr selten angestossen.

«Wir haben keine Hinweise auf ein systemisches Problem», sagte Mettler. Darüber sei sie sehr erleichtert. «Aber leicht fällt es mir nicht, dass eine solche Untersuchung nötig war.»

Weko hat sich eingeschaltet

Dennoch will die Stadt aufgrund der Vorkommnisse der Finanzkontrolle nun eine Sonderprüfung zur Praxis bei Rahmenverträgen in Auftrag geben. Sie soll sicherstellen, dass die Stadtverwaltung bei ihren Rahmenverträgen «keine grundsätzlichen rechtlichen Defizite» hat. Eine hohe Priorität habe auch die Überarbeitung des internen Kontrollsystems bei Logistik Bern.

Im Zuge der Aufarbeitung der Geschehnisse hatte sich auch die Eidgenössische Wettbewerbskommission (Weko) eingeschaltet. «Die Weko meldete sich zirka eine Woche, bevor der Bericht vorlag», sagte Mettler. Sie sei froh, dass die Stadt habe aufzeigen können, dass die eigene Untersuchung bereits im Gange gewesen sei und die Ergebnisse kurz darauf vorgelegen hätten.


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