Zerschlagene Gurken, kaputte Tomaten, zerfledderte Äpfel: Am Tag nach den heftigen Unwettern bietet sich den Landwirten an einigen Orten in der Schweiz ein Bild des Grauens. Ihre Gemüse- und Obsternten sind zerstört. Keine Ernte in diesem Jahr.
Besonders heftig trifft es im Bernbiet die Region rund um das Dorf Wattenwil. Hier betreibt Bäuerin Ursina Steiner (40) gemeinsam mit ihrem Mann einen Bio-Hof mit mehreren Angestellten.
Ausfall mindestens 80 Prozent
Als Blick sie erreicht, ist sie gerade auf dem Feld, sammelt die Überreste des angepflanzten Gemüses zusammen. «Von unseren Gemüsekulturen ist fast alles zerstört. Das tut schon sehr weh. Wir bauen in diesem Jahr zum ersten Mal Gemüse an – nun ist der Grossteil kaputt», sagt sie traurig.
Der Ausfall der Ernte betrage mindestens 80 Prozent. Einen kompletten Überblick über den Schaden hat sie beim Gespräch mit Blick noch nicht. «Wir versuchen nun zu retten, was noch zu retten ist – etwa, indem wir die Gemüseresten konservieren, die wir am Montag noch ernten konnten», sagt Steiner.
Gewisse Pflanzen würden nachwachsen, andere Gewächse werde man neu setzen oder säen. Auch auf der Plantage mit Hochstammobst sei ein Grossteil zerstört worden. Äpfel etwa liegen zerschlagen auf dem Boden. «Das Obst geht nun wohl frühzeitig und mit grossen Einbussen in die Verarbeitung.»
Labile Wetterkonstellation
Verantwortlich für den Mega-Hagel ist die derzeit labile Wetterkonstellation, sagt Roger Perret von MeteoNews. Durch die aktuelle Konstellation hätten sich innert kurzer Zeit viele Wolken in ungewöhnlicher Höhe entwickelt. «So konnten sehr grosse Hagelkörner entstehen, wie wir sie nicht allzu oft sehen», sagt Perret.
Hagelkörner in der Grösse von mehreren Zentimetern treten selten auf. «Normalerweise entladen sich Wolken mit Hagelkörnern in dieser Grösse über unbewohntem Gebiet, etwa in den Alpen. Dann merken wir gar nichts davon.»
Hagelkörner erreichen Geschwindigkeiten von 100 km/h
Zwar seien die Hagelkörner am Sonntag verhältnismässig gross gewesen, von Rekordgrössen sei man aber weit entfernt. «Im Extremfall kann ein Hagelkorn den Umfang einer Pflaume erreichen – zehn Zentimeter sind durchaus denkbar», sagt Meteorologe Perret.
So oder so: Auch kleine Hagelkörner können Schaden anrichten. «Mit Geschwindigkeiten von bis zu 100 km/h werden die Körner zu kleinen Geschossen», so Perret.
Schadenssumme noch unklar
Wie gross der Schaden ist, klären die Versicherungen derzeit ab. Die Versicherungsgesellschaft Schweizer Hagel, die Bauern gegen Naturschäden versichert, rechnet Mitte Woche mit einer ersten Übersicht. Der Versicherungskonzern Axa teilte am Montag mit, man rechne mit einem Schaden von rund elf Millionen Franken.
Bäuerin Ursina Steiner versucht, trotz des Hagels optimistisch zu bleiben. Dank Viehwirtschaft und eines Catering-Betriebs steht sie trotz des Ernteausfalls nicht vor dem Nichts. «Wir versuchen, das Beste aus der Situation zu machen», sagt sie. «Wir arbeiten mit der Natur, solche Dinge passieren. Nun müssen wir vorwärts schauen.»