Nach Ausschreitungen bei Reitschule in Bern
Jetzt fordert Nause die nachrichtendienstliche Überwachung der Chaoten

In der Nacht auf Sonntag wurden bei Ausschreitungen in Bern elf Polizisten verletzt. Nun wird Kritik immer lauter. Wie hatte es zu dem Vorfall kommen können? Berns Sicherheitsdirektor Reto Nause findet deutliche Worte.
Publiziert: 06.05.2024 um 14:38 Uhr
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Aktualisiert: 06.05.2024 um 16:36 Uhr
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Brennende Container und Strassenbarrikaden: In der Nacht auf Sonntag kam es vor der Berner Reitschule zu wüsten Ausschreitungen.
Foto: Lesereporter

Wüste Szenen in Bern: In der Nacht auf Sonntag kam es vor der Reitschule zu schweren Ausschreitungen. Mehrere Personen schleppten Container auf die Strasse und zündeten sie an. Die Chaoten errichteten Strassenbarrikaden und griffen die ausgerückten Polizisten mit Steinen, Flaschen, Feuerwerkskörpern und Lasern an. Die Einsatzkräfte setzten gegen die Chaoten Gummischrot, Reizstoff und Wasserwerfer ein.

Die traurige Bilanz: Drei Polizisten mussten verletzt ins Spital gebracht werden, insgesamt elf zogen sich Verletzungen zu. Mehrere Patrouillenfahrzeuge der Kantonspolizei Bern sowie Fahrzeuge von Drittpersonen wurden bei den Ausschreitungen massiv beschädigt.

«Jeder Stein ein extrem hohes Verletzungsrisiko»

In Bern wird nun die Frage laut, wie es überhaupt zu diesem Vorfall hatte kommen können – und wieso so viele Polizisten beim Einsatz verletzt worden waren. Manuel Willi, regionaler Polizeichef, erhob in einem auf Telebärn ausgestrahlten Interview schwere Vorwürfe.

Wie er erklärte, seien Polizeipatrouillen ohne besondere Schutzkleidung im Einsatz gestanden und hätten auch keine Helme getragen. «Jeder Stein, der zu fliegen kommt, bedeutet in solchen Fällen ein extrem hohes Verletzungsrisiko», so Willi. Es hätte sich zusätzlich dazu um Täter mit hohem Gewaltpotenzial gehandelt. «Sie haben versucht, Menschen schwer zu verletzen.»

«Schema immer das gleiche»

Der Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried (61) hat die jüngsten Ausschreitungen auf der Schützenmatte am Montag im Regionaljournal Bern von Radio SRF als «schrecklich und unverständlich» bezeichnet. Im Interview mit Blick findet auch der zuständige Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause (52) deutliche Worte.

Blick: Für die Ausschreitungen in der Nacht auf Sonntag gab es kein ersichtlicher Anlass: Was ist genau passiert?
Reto Nause: Das Schema ist immer das gleiche: Die Chaoten stellen Container auf die Strasse, zünden diese an und greifen danach an – mit Steinen, Flaschen, Feuerwerkskörpern und Lasern. Dabei handelt es sich um gezielte, perfide Angriffe auf die Polizei, bei der die Angreifenden sogar die Gefährdung von Leib und Leben in Kauf nehmen. So viel kriminelle Energie ist schon beachtlich.

Im Umfeld der Reitschule kommt es immer wieder zu solchen Vorfällen.
Das stimmt, solche Vorfälle hat es schon mehrmals gegeben. Diese liegen aber fünf bis sechs Jahre zurück.

Die Chaoten haben sich mittlerweile online geäussert. Sie sagen, Zeitpunkt und die Intensität der nächtlichen Auseinandersetzung seien bewusst ausgewählt worden. Ihr Handeln sei die Konsequenz ihrer Kritik an diesem System und seinen Verbündeten. Gab es keine Anzeichen für die Ausschreitungen?
Es ist für uns Behörden sehr schwierig einzuschätzen, was genau abgegangen ist. Es gibt kein offensichtliches, auslösendes Element, das wir hätten identifizieren können.

Die Bilanz der Nacht: 11 verletzte Polizisten. Sind die Einsatzkräfte unvorbereitet rein?
Für die Polizistinnen und Polizisten stellen solche Ausschreitungen immer eine ausserordentlich schwierige Situation dar. Denn: Sie können nicht in Vollmontur im Streifenwagen patrouillieren.

Wie wollen Sie als Sicherheitsdirektor solche Angriffe künftig verhindern?
Das ist nur möglich, wenn man den Gewaltextremismus gezielt überwacht – und zwar mit nachrichtendienstlichen Mitteln, die derzeit nicht erlaubt sind. Damit könnten wir künftig solche Aktionen frühzeitig antizipieren, oder die Verursacher gezielt zur Verantwortung ziehen. Denn solche Vorfälle wie derjenige am Wochenende in Bern zeigen, dass solche Verschärfungen dringlich notwendig sind. Es werden derzeit auf nationaler Ebene entsprechende Vorlagen diskutiert. Deren Kernpunkte, nämlich die nachrichtendienstliche Überwachung, wird allerdings von linker Seite immer hart kritisiert.

Hat das nun politische Konsequenzen? Müsste man nicht endlich ein Exempel statuieren und die Reithalle schliessen?
Im Umfeld der Reitschule haben Gastro-Unternehmen derzeit Mühe, genügend Gastroumsätze zu generieren. Die Beteiligten vor Ort dürften ihrerseits darum wenig Interesse daran haben, dass sie mit Negativ-Schlagzeilen in Verbindung gebracht werden.

Politik bespricht Ausschreitungen in Bern

Der Berner Stadtrat soll am Donnerstag kommender Woche, 16. Mai, eine Debatte über die jüngsten Ausschreitungen bei der Reitschule führen. Die SVP-Fraktion hat einen Antrag auf Diskussion zu einem aktuellen Ereignis eingereicht, wie sie am Montag mitteilte.

Das Kantonsparlament hatte Ende 2023 beschlossen, dass der Kanton Bern künftig den Gemeinden eine Videoüberwachung von gefährlichen Orten aufzwingen kann. Die entsprechende Änderung im teilrevidierten Polizeigesetz wird von Kritikern als «Lex Reitschule» bezeichnet.

Der Berner Stadtrat soll am Donnerstag kommender Woche, 16. Mai, eine Debatte über die jüngsten Ausschreitungen bei der Reitschule führen. Die SVP-Fraktion hat einen Antrag auf Diskussion zu einem aktuellen Ereignis eingereicht, wie sie am Montag mitteilte.

Das Kantonsparlament hatte Ende 2023 beschlossen, dass der Kanton Bern künftig den Gemeinden eine Videoüberwachung von gefährlichen Orten aufzwingen kann. Die entsprechende Änderung im teilrevidierten Polizeigesetz wird von Kritikern als «Lex Reitschule» bezeichnet.


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