Mutmasslicher Bombendroher Christian B. (41) in Burgdorf BE vor Gericht
«Ich will heute Abend 200'000 Franken, sonst jage ich das Spital in die Luft»

Bloss eine leere Drohung – oder doch bitterer Ernst? Sozialhilfeempfänger Christian B. (41) soll vor rund einem Jahr gedroht haben, das Kantonsspital Aarau «in die Luft zu jagen», sollte er nicht 200'000 Franken erhalten. Nun musste er sich vor Gericht verantworten.
Publiziert: 06.04.2022 um 00:28 Uhr
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Aktualisiert: 06.04.2022 um 06:18 Uhr
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Der Beschuldigte mit seinem Pflichtverteidiger auf dem Weg in den Gerichtssaal in Burgdorf BE: Dem Mann mit Wohnsitz im Kanton Bern werden versuchte Erpressung, versuchte Nötigung sowie Beschimpfung vorgeworfen.
Foto: Luisa Ita
Luisa Ita

Wütend und verzweifelt habe Christian B.* (41) gewirkt, als er am 25. Februar 2021 um 10.30 Uhr ins Kantonsspital Aarau KSA angerufen habe. «Ig wott hüt zobe zwöihunderttuusig Franke ha, wenn nid, jagi das Spital i d Luft», soll der Mann mit Wohnsitz im Kanton Bern der Telefonistin gemäss Anklageschrift gedroht haben. Am Dienstag musste sich der mutmassliche Bombendroher nun vor dem Regionalgericht in Burgdorf BE wegen versuchter Erpressung, versuchter Nötigung sowie Beschimpfung verantworten.

Der Droh-Anruf habe seine Wurzeln genau ein Jahr zuvor, also 2020, erzählt B. bei seiner Befragung der Einzelrichterin. Da habe er eine Auseinandersetzung mit dem Sicherheitsdienst des besagten Spitals gehabt und schliesslich sei er gegen seinen Willen für mehrere Tage fürsorgerisch in einer psychiatrischen Klinik untergebracht worden: «Und deswegen habe ich auch noch den Geburtstag meines Sohnes verpasst.»

Telefonistin meldete die Drohung

Zufällig exakt 365 Tage später – am 25. Februar 2021 – habe der Sozialhilfeempfänger dann eine Rechnung im Zusammenhang mit dieser Misere erhalten. Er habe seinem Ärger Luft machen wollen und darum die Nummer vom KSA gewählt: «Ich wollte 100'000 Franken für mich und 100'000 Franken für meinen Sohn – Genugtuung und Schmerzensgeld.»

Fünf Minuten und sechs Sekunden habe das Telefonat mit dem damals sehr aufgewühlten Familienvater gedauert, erinnert sich die Telefonistin noch heute – das sei verhältnismässig lang. «Ich habe 32 Jahre Erfahrung und kann schon abschätzen, ob man eine Drohung ernst nehmen muss oder nicht», meint die vorgeladene Zeugin. «In diesem Fall hatte ich keine Angst, dass etwas passiert.» Dennoch habe sie sich an die Vorschriften halten und den Vorfall ihrem Vorgesetzten melden müssen – auch darum, weil das Telefongespräch länger als normal gedauert habe. Ihr Chef habe dann den Sicherheitsdienst avisiert, dieser wiederum die Polizei.

Bombendrohung gar nicht ernst genommen?

Da zwischen der mutmasslichen Bombendrohung um 10.30 Uhr und dem Notruf um 12.11 Uhr einige Zeit verstrichen ist und offenbar «nichts passierte», argumentiert der Pflichtverteidiger des Beschuldigten in seinem Plädoyer, man habe die Drohung ja auch gar nicht ernst genommen: «Ansonsten hätte man das Spital umgehend räumen lassen.» Er fordert für diesen Vorfall einen Freispruch für seinen Mandanten. Der Beschuldigte streitet während seiner Befragung ab, überhaupt eine Äusserung in diese Richtung gemacht zu haben: Er habe lediglich mit rechtlichen Schritte gedroht.

Dass er einer Berner Heilsarmee Brockenstube den Telefonbeantworter vier Tage nach der mutmasslichen Bombendrohung mit unlauteren Beschimpfungen gefüllt hat, gibt der Mann jedoch zu: Er habe dort unter anderem ein Elektrogerät gekauft, dass teurer gewesen sei als bei Media Markt – und dazu auch noch defekt.

Schuldsprüche für Christian B.

Die Richterin stützt sich jedoch auf die Aussagen der Telefonistin und sieht die Schuld von Christian B. daher in beiden Fällen als erwiesen an: Sie verurteilt ihn wegen versuchter Erpressung und Beschimpfung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von neun Monaten sowie zu einer bedingten Geldstrafe von 300 Franken unter Gewährung einer zweijährigen Probezeit. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und der Beschuldigte hat bereits angekündigt, bis vor die oberste Instanz für einen Freispruch kämpfen zu wollen.

* Name geändert

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